386 Aus diesen Versuchen crgiebt sich demnach, daß die Entlaubung der Buchweizenpstanzc — wie die der Knollen- und Wurzelgewächse — die Ausbildung derjenigen Organe beeinträchtigt, welche das Nahrungs- Depot bilden sür die nachfolgende Generation; daß ferner die Entfer nung der Fruchtanlagcn, unter Behinderung ihrer Neubildung, eine Stockung und Aufhäufung der für deren Ausbildung bestimmten Stoffe in den producirendcn und zuleitenden Geweben im Gefolge hat. Die chlorfrei vegetirenden Pflanzen bieten analoge Erscheinungen dar: die Blüthen verdorren, als wären die Blätter entfernt; die Blätter und Stammgewebe häufen Stärkemehl massenhaft in sich auf. Ein wesentlicher Umstand aber charakterisirt die aus Chlormangel leidenden Pflanzen. Sie entbehren der verjüngenden Sproßkraft. Jede gesunde Pflanze rcagirt auf äußere Verstümmlungen durch die be harrlichsten Anstrengungen, die verlorenen Organe zu ersetzen. Wir sahen in den „Vegetationsversuchen zur Morphologie und Physiologie der Knol lengewächse" (Bd. VI. S. 449 ff.) eine Kartoffelpflanze das unablässige Abschneiden ihres Krauts durch die Erzeugung von in Summa 253 Laub- sprosscn beantworten. Die chlorkranken Pflanzen bilden keine Ersatzsproffc; sie gehen einfach zu Grunde, indem sie von oben herein unter be stimmten Symptomen absterben. Dies Verhalten ist, glaube ich, entschei dend. Es zeigt, daß in der Pflanze, deren Zcllsaft des Chlor in wirksamer Forni ermangelt, eine Degeneration der Zellgewebe ein tritt, welche ihren Culminationspunct zur Zeit der Blüthen- bildung erreicht und nicht nur die Ernährung und Aus bildung der Fruchtanlagen hindert, sondern die ganze Pflanze einem vorzeitigen Lebensabschluß entgegenführt. Es ist mithin eine Thatsache übereinstimmender dreijähriger Versuche, daß das Chlor, als wesentlich betheiligt an den organisatorischen Processen in der Buchweizenpflanze, für diese — und mit großer Wahrscheinlichkeit auch für die übrigen Culturgewächse, wenn auch vielleicht in anderen Verbindungsformen und Mengen — ein nothwendigcr Factor des vegetativen Lebens und somit den pflanzlichen „Nährstoffen" beizu zählen ist. Chemnitz, September 1865.