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302 nicht vollständig reif werden, da die Blätter dieser beiden Pflanzen durch den zu starken Sonnenbrand halb verwelkt sind. Jedenfalls zeigt der ganze Habitus der Pflanzen, daß sic in einer Lösung, welche, wie die obige, alle Asckcnbestandthcile enthält und als stickstoffhaltige Verbindung nur Harnstoff, ihre Lebensfunctionen vollständig vollziehen können. Es fragt sich nun, ob der Harnstoff als solcher ausgenommen wird und im Pflanzenorganismus vcrwerthbar ist, oder ob das bei seiner allmähligen Zersetzung entstehende Ammoniak die Lcbensthätigkeit der Pflanze unterhält. Cameron, welcher Chevaliergerste in gepulvertem Fcldspathc, der mit phosphorsaurem Kalk ec. vermengt war und mit Harnstofflösung begossen wurde, vegetiren ließ, fand niemals Ammoniak, obwohl er den künstlichen Boden zu verschiedenen Zeiten der Vegetation mit Wasser auslaugte und dieses auf Ammoniak untersuchte. Aus dieser Beobachtung und dem Gedeihen der Gerste schloß er, daß der Harnstoff direct von den Pflanzen ausgenommen werde. Ich habe bei meinen Versuchen die Lösung stets, nachdem die Pflan zen in derselben vegetirt hatten (meistens 8 Tage lang), in der Weise auf Ammoniak geprüft, daß ich dieselbe mit frisch bereiteter Kalkmilch in der Kälte versetzte und Curcumapapier in den Hals des Kölbchens hing. Dasselbe wurde meistens nur schwach gebräunt, während der Blüthezeit der Pflanzen jedoch zeigte die Lösung mehr Ammoniak, woran allerdings auch die während der Zeit herrschende Temperatur von 26 bis 29« C. wesentlichen Antheil gehabt haben mag. Harnstofflösung, welche eben so lange, und unter ganz gleichen Bedingungen, nur daß keine Pflanze in ihr vegetirte, gestanden hatte, enthielt stets weniger Am moniak, so nach I I Tagen noch keine Spur, nach weiteren 7 Tagen, in denen die Temperatur sehr hoch gewesen war, eine geringe Menge. Es scheint also, daß die Pflanze die Zersetzung des Harnstoffs beschleu nigt, wahrscheinlich durch die fortwährend abgestoßene und dann in Fäulniß übergehende Epidermis der Wurzeln. Stets aber fand ich in der Lösung noch eine große Menge unzersetztcn Harnstoff. Berücksichtigt man nun, daß die Lösung besonders in den späteren Vegetationsphasen sehr oft erneuert, das wenige entstandene Ammoniak also immer wieder entfernt wurde, so scheint diesem unmöglich das üppige Ge deihen der Pflanzen zugcschrieben werden zu können. Je denfalls liegt die Vermutbung einer direkten Ausnahme des Harnstoffs näher.