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Seite 52 Allgemeine Zeitschrift für Textil-Industrie. Jahrg. 1886 die zweckdienliche Zusammensetzung und Zubereitung der in heissem Zustand verarbeiteten Schlichte hierbei in Betracht kommt. Bei Ketten für Waaren mit Schusseffect, z. B. die ver schiedenen Gattungen von 3-, 4- und obündigen Barchenten, ist es zw r ar besser, einen glattgestrichenen Faden zu haben, einestheils, weil bei schweren Qualitäten eine hohe Schusszahl auf den Ctm. kommt und der Faden mehr auszuhalten hat, somit die Gefahr nahe liegt, dass er, wenn nicht genügend von Schlichte durchdrungen, während des Webens wieder haarig wird und die nötliige Spannung nicht aushält, andern- theils bei Qualitäten mit niederer Schusszahl, hauptsächlich bei weisser Kette und farbigem Schuss, der Flaum des Kett- fadens zwischen dem Schuss sichtbar ist und die Waare ein unreines, beziehungsweise schimmliges Aussehen erhält. Jedoch bei Verwendung einer kräftigen, zähen, heissen Schlichte und bei Zuhilfenahme des bei den Lufttrocknenmaschinen angeord neten rotirenden Bürstenstriches kommen diese Uebelstände nicht vor und können erfahrungsgemäss Barchentketten mit einer Dichtheit zwischen 26—38 Faden per Ctm. Garnnummer 12—26, Zuführung der Kette von einer Seite der Maschine, in dieser Weise geschlichtet werden, unbeschadet der Qualität und Production. Bei 31 Kettfaden per Ctm. water No. 20 und 62 Schuss per Ctm. mule No. 20 fünfbündiger Satin — wohl annähernd die höchst erreichbare Dichtigkeit — liefert ein geübter Weber auf einem Stuhl ca. 9 Meter Waare per Tag. Selbstredend kommt auch die Garnmarke in Betracht, aber zu dieser Waarengattung wird doch gewiss auch, wenn auf schottischer Maschine geschlichtet, nur die beste Qualität Watergarn mit Vortheil verarbeitet. Werden nun Ketten für Gewebe, welche nicht nur federdicht, sondern sogar staubdicht sein sollen, anstandslos auf Lufttrocknenmaschinen geschlichtet, so ist ohne Zweifel für weit aus die meisten Artikel der Bunt branche diese Schlichtmethode anwendbar. Bei mehrfarbigen Ketten, weicheunechte Farben enthalten, ist durch die Anwendung von heisser Schlichte allerdings ein Abgehen oder Abschmieren der Farben zu befürchten, allein Hemdenflanelle, Schürzen- und Kleiderzeuge, gestreifte Futterstoffe werden häufig auf Cylinder-Syzingmaschinen geschlichtet und neben dem billigen Preise dieser Waare kann Echtheit der Farben gewiss nicht erwartet werden. Wenn das Garn gut ausgewaschen ist und die Schlichte nicht zu heiss verwendet wird, so ist die Gefahr des Abschmierens nicht so gross, wie bei dem Bürsten auf der schottischen Maschine. (Schluss folgt.) Unechte Farben in (1er Walke. Die nachtheiligen Folgen des Blutens unechter oder nicht genügend fixirter Farben in der Walke sind mannigfacher Art. Die natürlichsten und deshalb bekanntesten sind: der Verlust der Farbe selbst an Intensität und Feuer, das Unscheinbar werden der mitverwendeten helleren Farben bei gemusterter Waare und bei Melangen, sowie die Verunreinigung der Leisten und Schlagenden der Waare. Weniger bekannt dürfte indess der Umstand sein, dass Waare mit blutenden Farben auch in der Walke und Appretur mancherlei Schwierigkeiten macht und mit besonderer Sorgfalt behandelt werden muss, da sie in der Regel nie so rein, d. h. von Oel, Seife und Schmutztheilen wird und sich infolgedessen auch nie so perfect und gut appretiren lässt, wie andere, dem Uebelstand des Blutens der Farbe nicht unterworfene Waare, so dass ihr Ansehen in farbigem Zustand oft manches zu wünschen übrig lässt. Beim Vorwaschen oder Entgerben tritt, wenn nicht gerade übermässig starke Waschlauge zur Verwendung kommt, der Uebelstand zunächst weniger zu Tage, es müsste denn sein, dass man nach dem Klarspülen längere Zeit nass hängen liess, infolgedessen die betreffende Farbe zuweilen ausläuft, wie überhaupt das Auslaufen, wo es schon vor der Walke auftritt, nicht während des eigentlichen Waschprozesses, sondern nach demselben, hei längerm Hängen der klargespülten Waare in nassem Zustand vorkommt. Da jedoch Farben, die so unecht sind, dass sie schon nach dem Vorwäschen bluten, für eigentliche Walk waare selten oder nie Verwendung finden, so spürt man in der Regel nach dem Vorwaschen von dem Uebelstand noch wenig oder gar nichts, die Farbe bleibt vorläufig intakt und klar, Leisten und Schlagenden der Stücke noch frisch und rein. Nun kommt aber die Hauptprobe, die eigentliche Walke. Während beim Vorwaschen grössere Flüssigkeitsmengen bei niedriger Temperatur zur Verwendung kommen, während die Wirkung des Alkalis mehr durch das in der Waare enthaltene Oel paralisirt wird, ist in der Walke der Feuchtigkeits grad ein viel geringerer, die Temperatur infolge der entstehenden Reibung eine höhere, die Wirkung des Alkalis der Seife — auch die mildeste Seife ist nicht ganz neutral — mehr gegen die Waare seihst und gegen die Farbe gerichtet. Hier ist die Klippe, über welche die meisten unechten Farben nicht heil hinweg kommen; hier, sowie hei dem nachfolgenden Aus waschen aber auch der Ort, wo sie dem Walker die meisten Verdriesslichkeiten bereiten. Der von der Faser sich lösende Farbstoff theilt sich der Seife (Walklauge) mit, und es findet bei manchen Farben, besonders bei Anilinen, geradezu eine Zersetzung der Walk lauge statt. Die guten Eigenschaften der Seife, die sie zur Förderung des Walkprozesses, sowie zur Weichhaltung der Waare geschickt machen, gehen verloren. Statt schäumend und schlüpfrig, wird die an die letztere gebrachte Walk flüssigkeit, selbst bei guter Consistenz — bei hochgradigem Bluten oft trotz allen Nachgilssens — zu einer dünnflüssigen farbigen Brühe; der Walkprozess wird dadurch verzögert. Mancher Walker hat gewiss schon die Erfahrung gemacht, dass Waaren mit auslaufenden Farben stets schwerer walken, als Waaren gleichen Genres mit guten Farben. Aber auch da, wo die auslaufende Farbe harmloser auftritt, und nicht direct eine Zersetzung der Walkflüssigkeit herbeiführt, lässt sich immerhin ein nachtheiliger Einfluss auf den Walkprozess wahrnehmen. Hier ist das Verhalten der Waare ein ähnliches, wie das Verhalten solcher Waare, die mangelhaft entgerbert oder deren Wolle nach dem Färben mangelhaft gespült wurde. Die Walklauge sättigt sich mit Farbstoff und verliert dadurch an Wirksamkeit. Wie beim Walken, so treten auch beim nachfolgenden Auswaschen verschiedene Uebelstände zu Tage. Die theilweise Zersetzung der Seife resp. die Sättigung derselben mit Farb stoff verhindert auch hier einen regelrechten Verlauf des Waschprozesses und verursacht, dass sich die Waare nicht, oder doch nur sehr schwer reinigen lässt. Ganz abgesehen von den nothwendigerweise zurückbleibenden Farbrückständen wird die Waare auch nicht vollständig öl- und seifenrein, weil Oel und Seife theilweise an die Farbrückstände gebunden sind.