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Jahrg. 1886 Allgemeine Zeitschrift für Textil-Industrie. Seite 47 Ich muss hier einen Fall anführen, der gewiss vielen meiner Herren Kollegen auch passirt sein mag. Vor einigen Jahren hatte eine rheinische Aniliufarbenfabrik einen Cochenilleersatz erfunden, den ich sorgfältig prüfte, und von dem ich, da ich ihn für gut befand, so viel kommen liess, dass ich etwa ein Jahr daran genug hatte. Als mein Vorrath zu Ende ging, bestellte ich ein gleiches Quantum, wie damals, erhielt jedoch zur Antwort, dass dieser Artikel nicht mehr am Lager sei, auch längst nicht mehr fabrizirt werde. Es wurden mir andere Fabrikate angeboten, die „billiger und besser“ sein sollten, als jenes, und ich wurde gebeten, hiermit einen Versuch zu machen. Wohl oder übel — ich musste wieder probiren! Dergleichen kann uns bei unseren anderen uralten Farbstotfen nicht passiren, und darum greife ich auch nicht ohne Noth zu den neuen, auf die Gefahr hin, das Wort „schwerfällig“ auch auf mich angewendet zu hören. Doch zur Sache! Falls ein neuer Farbstoff sich bei der Prüfung als solide bewährt, wirft der Färber nicht sofort seine alten Farbstoffe über Bord, sondern stellt nun auch ein Rechen exempel an. Fällt' das Facit zu Gunsten der Wohlfeilheit der Neuerung aus, so erleichtert dasselbe dem Färber den Ent schluss der Umsattelung; umgekehrt dürfte er sich noch eine Weile besinnen. In dem vorliegenden Fall zweifle ich nicht darau, dass die neuen Farbstoffe den theuern Krapp in vielen Fällen verdrängen werden; ob auch den billigen Sandei, dar über mag folgendes Exempel entscheiden: Im Preise sind 100 Ko. Sandei oder Kaliatur gleich 2 Ko. Tuchroth; ich brauche jedoch, um 100 Ko. Sandei durch Tuch- roth zu ersetzen, 8—10 Ko. von dem letztem, im Preise also das 4—5 fache. Da versteht es sich wohl von selbst, dass ich noch so lange beim Sandei verbleibe, wie ich in alter Weise die Wolle auf Kesseln färbe. Wer indessen Kammzug auf Maschinen färbt, wird den neuen Farbstoff nicht aus den Fingern lassen; er bekommt dafür auch höhere Farbpreise. Bei dem Rechenexempel ist übrigens auch noch in Betracht zu ziehen, dass man bei Verwendung der neuen Farbstoffe gezwungen ist, mit Wolle, Garn und Stücken kalt einzugehen, wodurch eine bedeutend grössere, in manchen Fällen die doppelte Arbeits zeit, die Niemand vergütet, zum Färben nothwendig wird. Was aber das „Sprödewerden“ der Wolle bei der Behandlung mit Sandei betrifft, so dürfte dieses dem „Bluten“ in der Walke bei der mit Anilinroth gefärbten Wolle die Waage halten. (Bei Alizarin, Scharlach, Ponceau etc. dürfte die Rechnung nicht wesentlich anders ausfallen, als bei Tuchroth.) Wenn die Herren Erfinder von dieser meiner Ausführung gütigst Kenntniss nehmen und dieselbe beherzigen wollen, so werden sie gewiss gern den uns gemachten Vorwurf der Schwer fälligkeit zurücknehmen und sich selbst in Geduld fassen, bis dass bei sorgfältiger Pflege der von ihnen ausgestreute Samen keimt, gedeiht und Früchte trägt. — Der Herr Referent über Alizarinfarben (in Nr. 76), welcher der Redaktion d. Bl. ebenfalls gefärbte Tuchmuster einsandte, kann übrigens seine Farbergebnisse unmöglich gründ lich mit alten bewährten Farben verglichen haben, sonst könnte er nicht behaupten, dass Alizariublau genau so lichtecht sei, wie echt Indigoblau. Der Herr hat sich hier jedenfalls durch die Säureprobe täuschen lassen, auf welche der Fachmann gar nichts giebt, da er weiss, dass sich Anilinfarben, und wären sie auch noch so unsolide, mit Säuren nicht so geschwind ab- ziehen lassen. Ich habe die eingesandten Muster neben echt Iudigoblau eine Zeit laug dem Licht und der Luft ausgesetzt; da erblassten die alizarinblauen Muster doch recht bald; der schöne satte tiefblaue Schein erlosch, und die Farben wurden unansehnlich, während das weniger schöne Indigoblau noch unversehrt daneben prangte. Ferner behauptete der Herr, dass Alizarinblau auch besser durchfärbe, als Indigoblau. Das dürfte zwar einleuchten, weil das Erstere kochen kann, während eine Indigoküpe eine Wärme von 40° R. (50° C.) nicht übersteigen soll; die eingesaudten Tuchmuster sind jedoch auf dem Schnitt vollständig weiss, was jener Behauptung also geradezu spottet. Und auch diese Muster waren doch ausschliesslich zum Zweck der Beweis führung gefärbt, was sich gar nicht verkennen lässt, da sie — 15 cm breit — auf allen Aussenseiten gut befärbt sind. Der Herr hätte lieber einen dünnem Stoff wählen sollen, denn das Tuch war zu fest gewalkt. Hiermit glaube ich, die Ausführungen der beiden Herren Referenten auf das den Thatsachen entsprechende Maass zurück geführt und meinen Fachgenossen gleichzeitig anschaulich ge macht zu haben, in welchen Fällen sie sich mit Vertrauen der neuen Farbstoffe bedienen können. C. Heinr. Löbner im Deutsch. Wollen-Gewerbe. Y V V Y Y V V ¥ Iittrapa isi A A A A A A. A • A 1 Y Y Y Verfahren, Wäschestücke abwaschbar zu machen, ohne dass dieselben Glätte, I acon und Weisse verlieren, von R. Marx in Leipzig. D. R.-P. No. 35,109. Die bis jetzt bekannte Dauerwäsche mit Celluloidüberzug hat noch ver schiedene Mängel aufzuweisen; so z. B. der penetrante Kampher- geruch derselben, das leichte Ausreissen der Knopflöcher, die nie weisse, sondern stets gelbliche oder bläuliche Farbe etc. Diesen Uebelständen glaubt der Patentinhaber durch sein folgendes Verfahren zu begegnen, resp. entgegenzutreten. Er bestreicht zuerst, um ein gutes Bindemittel zu erhalten, die aus Leinen, Baumwolle oder anderem Stoffe gefertigten, gut gestärkten, geplätteten und getrockneten Wäschestücke dünn mit Eiweiss. Nachdem das Eiweiss gut eingetrocknet ist, über zieht er die Wäsche je nach Erforderniss ein- oder zweimal mit einem Gemisch aus weisser Farbe und Lack, lässt diesen Ueberzug gleichfalls gut trocknen und die Wäschestücke sind zum Gebrauch fertig. Die Reinigung der Wäsche, die bei diesem Verfahren seltener nothwendig werden soll, als bei der bisher gebräuchlichen, ist in bekannter Weise vorzunehmen (also mit einem Schwamm, e. a. mit gewöhnlichem oder schwachem Seifenwasser), übt aber auf die ursprüngliche hoch- weisse Farbe und den Glanz der Wäsche keinen nachtheiligen Einfluss aus. Mustervorrichtung zur Herstellung vou Ringelnrastern auf dem mechanischen Strumpfstuhl von M. M. Mossig &Co. in Neustadt-Siegmar. D. R.-P. No. 34,606. Nachstehende Ringelmustervorrichtung bezweckt, die Vorzüge des Musterrades mit den einer Musterkette zu verbinden und ist wie folgt con- struirt: Auf einem breiten, innen gezahnten Rade ruht eine Kette aus gusseisernen, durch Stahlglieder untereinander ver bundenen, dreizähnigen Gliedern, die auf der oberen Hälfte