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' Jahrg. 1886 Allgemeine Zeitschrift für Textil-Industrie. stehenden Herrenstoifen, ein Theil Wahrheit oder vielmehr und zwar ganz besonders für uns Deutsche eine Art Mahnung darin. Die Wahrheit, die darin liegt, dürfte aber nicht nur für viele Deutsche, sondern ebensogut für viele ausländische Fabrikanten passen. Frage nur ein Jeder, der einmal neue Muster entworfen, ganz ernstlich sich selbst, ob er sich nicht dabei an gewisse Vorbilder gehalten. Auch sind viele, be sonders kleinere Fabrikanten, sehr häufig gezwungen, nach eingeschickten oder bereits vorhandenen Mustern zu arbeiten oder auf einem ihnen vorgezeichneten Gebiete weiter fort zu mustern. Fragt man sich aber, von alledem absehend, wo überhaupt die neue Moderichtung keimt, oder wo die Neuheiten für die einzelnen Zeitabschnitte geboren werden, so ist die Antwort, dass die Mode nicht von dem kaufenden Publikum, sondern von den zum Verkauf kommenden Waaren, also von deren Fabrikanten gemacht wird. Geben wir nun zu, dass nach Ansicht des Verfassers der oben angeführten Kritik die Mode in den Herrenstoffen gegen wärtig von England kommt, oder vielmehr, aber etwas glimpf licher ausgedrückt, dass viele deutsche Fabrikanten ihre Muster den englischen anpassen, so müssen wir, unter Zugrundelegung der Thatsache, dass die Fabrikanten die Moderichtung be stimmen, uns fragen, ob wir Deutschen mit unserer so gross artigen, selbst vom Auslande schon längst anerkannten Leistungs fähigkeit, nicht auch in Bezug auf tonangebende Geschmacks richtung etwas leisten können? Die Antwort hierauf ist un streitig ein unzweideutiges „Ja!“ Nur wollen, wollen müssen wir! — Nicht dürfen wir warten, bis englische oder fran zösische Neuheiten erschienen sind, sondern müssen selbst mit in die Speichen des Moderades greifen, müssen selbst mit auf die Moderichtung einzuwirken suchen! Wem aher kommt diese Bolle in erster Linie zu? — Wer giebt anderswo die Richtung an? — Das sind die grosseu leistungsfähigen Fabrikanten, solche Fabrikanten, die es mit ihren Mitteln können und die es verstehen, ansprechende Neuheiten zu erzeugen, um so ton angebend auf Andere einwirken zu können. Dass wir in uuserem Deutschland aber ebenfalls dergleichen Fabrikanten haben, unterliegt wohl keinem Zweifel! und ferner, dass zu einer Abhülfe Bedürfniss vorhanden, zeigt wohl deutlich genug die Eingaugs erwähnte österreichische Behauptung. Aber dann, wenn das Wollen mehr zur That geworden, wenn wirklich deutsche Neuheiten auf den Markt gebracht werden, dann ist die nächste und heiligste Pflicht die, dass man die Kinder deutschen Schaffens nicht mehr, wie es leider bisher zu häufig geschehen, mit englischen oder französischen Namen, sondern mit deutschen Namen bezeichnet; oder wenigstens ihre Bezeichnung so wählt, dass über den Ursprung des Gedankens, über das Geburtsland derWaare oder der Er findung kein Zweifel obwalten kann! Es ist wirklich hierin hohe Zeit, endlich auf diesen trau rigen, fast bis zur unumgänglichen Gewohnheit gewordenen Brauch, seine Erzeugnisse nur mit ausländischen Namen zu belegen, zu verzichten! Nehmen wir uns gerade hierin Eng land und Frankreich zum Muster und machen wir uns immer mehr und mehr Nationalstolz zu eigen! Dann werden wir auch nicht mehr in die Lage kommen, dergleichen, wenn auch übertriebene Behauptungen vom Auslande her lesen zu müssen. Gariipnifuiigs-Apparat. Von Henry Wallwork & Co. in Manchester. Dieser Apparat ist zunächst bestimmt, den Haspel zu er setzen. Statt wie bisher auf den Haspel, wird das Garn hier spiralförmig auf glatte Pappkarten gewickelt und genau Lage neben Lage, was den Vortheil hat, dass ein Umgang genau so lang ist, wie der andere. Ein Ueberwickeln und dadurch hervorgerufenes Längerwerdeu der überlaufenden Umgänge kann nicht statttinden. Ausserdem lässt sich auf dem dunklen Grund der Pappe jede Blase oder schlechte Stelle im Garn sofort herausfinden. Der Apparat dient zur Herstellung der Gebinde (Strang- bruchtheile) zwecks Wägung und Berechnung. Die mit Kurbel versehene Hauptwelle trägt an ihrem Ende 4 Klammern zur Aufnahme der Wickelpappe. Ferner sitzt auf derselben ein Schneckenrad (Schraube ohne Ende), das durch Eingreifen in die Zähne eines Zifferblattes die Zahl der Umdrehungen an zeigt. Eine zweite von der Hauptwelle mittelst Schnur und Stufenwirtel getriebene Welle ist an ihrem vorspringenden Ende mit Gewinde versehen und zwar so, dass 16 Gänge auf den Zoll (englisch) kommen. Auf dieser Schraubenspindel sitzt lose der Fadenführer, der sich, da er mit Muttergewinde ver sehen ist, beim Umdrehen der Spindel fort- resp. an derselben entlang bewegt, und, nachdem er die ganze Länge der Spindel durchlaufen, gelöst und zurückgeführt werden kann. Dieser Führer besorgt das exacte Nebeneinanderlegen der einzelnen Fadenumgänge. 80 Umgänge machen ein Gebinde aus. Die Zahl der Umgänge ist auf dem rotirenden Zifferblatt unter dem feststehenden Zeiger abzulesen. Bei Abnahme der Ge binde von der Pappe biegt man die letztere etwas ein. Beabsichtigt mau nur eine Prüfung des Garnes aufGleich- mässigkeit des Fadens, so lässt man, durch Führung der Schnur auf die entsprechende Stufe des Wirtels, die Spindel schneller rotiren, infolgedessen sich der Fadenführer rascher fortbewegt und ein Aufwinden des Fadens in grösseren Zwischenräumen stattfindet, so dass auf diese Weise alle Fehler, Knoten, Schlingen, Schmutz oder lose Stellen leicht entdeckt werden können. Will man die so bewickelten Karten für Vergleiche mit anderen Garnen benutzen, oder auch für spätere Vergleiche aufbewahren, so bestreicht man die beiden Enden der Karte mit Gummi, so dass die infolgedessen fest geklebten Faden ein für allemal ihre Lage beibehalten. Der Apparat kann auch zur Prüfung der Elastizität des Garnes benutzt werden. Zu diesem Zweck wird der Faden einerseits an der langen Ruthe, andrerseits an den Fadenführer befestigt. Die Entfernung zwischen beiden Punkten lässt sich beliebig reguliren. Man stellt den Zeiger auf Null, und wird nun durch entsprechende Rotation der Spindel der Faden führer allmählich von dem Befestigungspunkt an der Ruthe entfernt, der Faden unter Umständen bis zum Zerreissen ge streckt. Der Grad der Streckung lässt sich ebenfalls an dem Zifferblatt ablesen, und kann man die Streckung als so viel Sechszehntel Zoll pro Fuss oder auch auf andere Weise be rechnen. Schliesslich lässt sich mittelst des Apparats auch der Grad der Drehung bei doublirtem Garn bestimmen. Die Ruthe wird wagrecht angebracht, der doublirte Faden an dieser, sowüe an dem eigens zu diesem Zweck hergerichteten Ende der Spindel befestigt. Der Zeiger wird auf Null gestellt, der Fadenführer zurückgeführt und die Spindel so lange in Umdrehung gesetzt, I