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Jahrg. 1886 Allgemeine Zeitschrift für Textil-Industrie. Seite 37 einer Alizarinsulfosäure, welche jedoch von Schafwolle nicht direkt aufgenommen wird (wie man sich bisher ausdrückte, die Schafwolle nicht substantiv färbt), demnach gegenüber Alizarin keinerlei Vortheile, sondern eher Nachtheile besitzt. Das nächstliegende, d. i. die Authracenfarbstoffe auf vor geheizte Wolle aufzufärben, fiel Niemandem ein, und sollte doch Jemand derartige Versuche ausgeführt haben, so schrak derselbe gewiss vor den etwas umständlicheren Manipulationen gegen über jenen bei Anwendung der übrigen Theerfarbstoffe üblichen zurück. Da nun in neuester Zeit sich vielfach das Bedürfniss kund giebt, in ächtester Art gefärbte Schafwolle zu erhalten, da wir ausserdem nunmehr eine Reihe ebenso acht wie schön fär bender Anthracenfarbstoffe besitzen, und es ferner wohl keinem Zweifel unterliegt, dass die Zeit der ausgebreiteten Verwendung der Anthracenfarbstoffe in der Wollfärberei nicht mehr fern liegt, so dürfte es von Interesse sein, auf eine Arbeit von Pro fessor J. J. Hummel zurückzukommen und deren Resultate einer eingehenderen Betrachtung zu würdigen. Derselbe hat sich mit den Bestimmungen der Art des Ansiedens der Wolle mit diversen Beizen, sowie mit dem Färben solcher geheizten Wolle mit den bekannten Anthracenfarbstoffen befasst und hierbei für die Praxis höchst wichtige und interessante Re sultate erhalten, welche wir hier mit einigen Bemerkungen folgen lassen. Beim Färben von Wolle mit Alizarin ist es zunächst nöthig, dieselbe mit diversen Beizen anzusieden, und dann erst in dem Färbebad unter bestimmten Bedingungen anzufärben. Die Versuche ergaben, dass zur Erzielung eines normalen Roths die Wolle mit 6 Proc. Aluminiumsulfat und 3,5 bis 5 Proc. Weinstein, oder aber mit 10 Proc. Aluminiumsulfat und 5,9 bis 8,5 Proc. Weinstein, also im Durchschnitt mit 8 Proc. Aluminiumsulfat und 7 Proc. Weinstein, angesotten werden muss, und dass bei Verwendung von Rhodanaluminium ein Zu satz von Weinstein unnöthig erscheint. Es ist eine längst be kannte Thatsache, welche übrigens erst wieder in neuester Zeit erhärtet worden ist, dass beim Färben von Alizarinroth auf Baumwolle die Gegenwart von Kalksalzen nahezu unbedingt nothwendig erscheint, und dass der Kalk einen wesentlichen Bestandteil des erzeugten Roths ausmacht. Hummel hat nun eine ähnliche Beobachtung für das Färben der Wolle mit Alizarinroth gemacht, indem er fand, dass für die Verwendung von 10 Proc. 20procentigen Alizarin ein Zusatz von 4 bis 6 Proc. festen Calciumacetates, das nicht alkalisch reagiren darf, von sehr günstiger Wirkung sei. Weitere Versuche belehrten ihn, dass statt des Calciumacetates auch Kalium-, Natrium-, Ammonium-, Magnesium-, Barium- und Strontiumsalze ver wendet werden können, dass die unter Mithilfe dieser Salze erzeugten rothen Töne jedoch mehr karmoisinroth ausfaileu, und nur das Strontiumacetat sich in seiner Wirkung dem Calciumacetat am meisten nähert. Aehnliche Beobachtungen existiren auch für die Erzeugung von Alizarinroth auf Baumwolle. In Bezug auf die Art des Ansiedens und auch des Färbens sind folgende Vorsichtsmaassregeln zu gebrauchen. Die Wolle muss womöglich in die kalte Flüssigkeit gebracht und die Temperatur des Bades allmählich bis auf 100° gesteigert werden, schliesslich wird 1 j i Stunde gekocht. Bei Einhaltung dieser Verhältnisse erzeugen Alizarin (blaustichiges Alizarin des Handels) und Purpurin tief blau- rothe Töne, während Isopurpurin und Flavopurpurin (gelb stichiges Alizarin des Handels) feurige hellrothe Töne geben. Für die Erzeugung von Orange-Farben mit Alizarin wird die Wolle am besten mit 4—5 Proc. Zinnsalz und dem gleichen* Gewichte an Weinstein angesotten; obschon unter Anwendung von 6—8 Proc. Zinnsalz mit demselben Gewichte Weinstein eine sattere Farbe zu erzielen ist, ist dieser Procent satz für die Praxis doch nicht mehr anwendbar, da hierbei die Wolle selbst leidet. Der Zusatz von Calciumacetat ist hier nicht unumgänglich nöthig, doch macht ein solcher das Orange röther und widerstehen dann die so erzeugten Farben besser dem Walken. Ohne Zusatz von Calciumacetat erzeugt solche mit Zinn gebeizte Wolle mit Alizarin die röthesten, mit Flavo purpurin die gelbsten Töne. Um unter Anwendung von Chrombeizen mit Alizarin Püce- töne zu erhalten, siedet man die Wolle am vortheilhaftesten mit 3 Proc. rothem chromsaurem Kali und 1 Proc. Schwefel säure von 168° Tw. an. Während hier die Anwendung von Calciumacetat nicht nöthig ist, ist dieselbe beim Ansieden der Wolle mit Chromalaun und Weinstein nicht zu vermeiden. Alizarin giebt auf so präparirte Stoffe das blaueste Flavo purpurin, das rötheste und leichteste Püce, und scheint sich Purpurin gegenüber den Chrombeizen am besten zu verhalten. Hummel’s vorläufige Versuche mit Eisenbeizen haben das Re sultat ergeben, dass bei Verwendung derselben enorm grosse Zusätze von Weinstein nöthig sind. Von grossem Interesse sind ferner die Angaben über die günstigsten Bedingungen des Färbens der Wolle mit Alizarin- blau. Danach wird gewöhnliches Alizarinblau (in Pastenform) am besten ähnlich dem Indigoblau aus der Küpe gefärbt, wozu sich am vortheilhaftesten eine mit Zinnsalz und Soda erzeugte Küpe eignet; oder aber das Alizarinblau wird auf gebeizte Wolle unter Zusatz von doppelt schwefligsaurem Natron angefärbt. Bessere Resultate werden jedoch mit Alizarinblau S (die Sulfitverbindung des Alizarinblau’s, welche in Pulverform in den Handel gebracht wird) erhalten. Für diese Form des Alizarinblau’s dient als beste Beize doppelt chromsaures Kali (3 Proc.) ohne, oder höchstens mit Zusatz von 1 Proc. Schwefel säure, welche letztere noch besser durch Weinstein ersetzt wird. Kalkzusatz ist hier ganz zu vermeiden, da derselbe das Alizarinblau unlöslich niederschlägt. Besondere Vorsichts maassregeln sind auch hier beim Färben zu berücksichtigen. Man muss erst eine halbe Stunde kalt färben, dann während einer weiteren halben Stunde die Temperatur bis auf 60° erhöhen; bei dieser Temperatur hält man das Färbebad während einer Stunde, steigt dann abermals während einer halben Stunde bis 100 0 und kocht schliesslich noch eine halbe Stunde. Unter diesen Umständen bekommt man mit 5 Proc. Alizariu- hlau S ein mittleres Indigoblau. Eine mit 6—8 Proc. Alu miniumsulfat und 5—7 Proc. Weinstein angesottene Wolle giebt mit Alizarinblau S einen purpurblauen Ton, eine mit 4 Proc. Zinnsalz und 2 Proc. Weinstein angesottene Wolle mit demselben Farbstoff einen rein purpurfarbenen Ton. Eisen beizen erzeugen mit Alizarinblau S wenig brauchbare grünlich blaue Farben. Wird Coerulein S als Farbstoff verwendet, so geben die mit den verschiedenen Beizen angesottenen Wollen nicht so grosse Unterschiede der erzeugten Töne (olivengrün bis myrthengrün); die beste Beize für diesen Farbstoff ist doppelt chromsaures Kali (2 Proc.) mit Schwefelsäure (0,7 Proc.), und sind auch hier Calciumsalze zu vermeiden. Aluminiumbeizen erzeugen mehr graugrüne Töne; werden 1 bis 10 Proc. des i