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Jahrg. 1SS4 Allgemeine Zeitschrift für Textil-Industrie. Seite 97 US® | T mxm. § ALLGEMEINE ZEITSCHRIFT für EXTIL-INDUSTR1E. Chef - Red acteub : PH. ZALUD in Chemnitz. JYr. 9. Chemnitz— Leipzig -Wien, 1. Mai 1884. 'X*'* * v * VI. Jahrg. Inhalt. Abhandlungen: Ueber die Ursachen des ungleichen Gespinnstes resp. der dicken und dünnen Faden in der Streichgarnspinnerei. — Muster-Compositionen. — Herstellung eines Gazegewebes behufs Zusammenfilzung desselben mit Filzwatte. — Deutsche Reichs patente im Gebiete der Wirkerei ertheilt während der Jahre 1SS2 und 1SS3. — Patent- Stahlschnurtrieb. — Einfluss der industriellen Thätigkeit auf die Beschaffenheit des Fluss wassers. — Vorträge auf dem Gebiete der Textil-Industrie. — Neuerungen und Ver besserungen: — Neuerungen an Waschmaschinen für Garnfärbereien. — Verfahren zur Bereitung einer für Herstellung wasserdichter Gewebe geeigneten Flüssigkeit. — Einrichtung zur Maschenbildung an Buntwirkstühlen. — Haspel mit Haltklammern für die Enden der Garnfäden und mit Schlingapparat zur Umschlingung der Garntheilungen durch Abbinde faden. — Speisevorrichtung für Krempeln. — Neuerungen an der Aufwindevorrichtung für Ringspinn- und Ringzwimmaschinen. — Neuerungen an Maschinen zum Strecken und Auf wickeln von Geweben. — Einrichtung an Faltenlegmaschinen zur Erzeugung eines Musters in dem zu faltenden Stoff während des Faltprozesses. — Schleudermaschine mit elastisch gelagertem Kessel. — Verfahren und Vorrichtung zum Entfetten von Wolle. — Umhüllung des Volants an Krempeln. — Schützenwechsel - Einrichtung. — Einrichtung zum Schützen kastenwechsel an mechanischen Webstühlen. — Zählapparat für Wirkmaschinen. — Flor- theiler für Vorspinnkrempeln. — Verfahren für Sammetstickerei. — Apparat zum Spannen der Mittelfäden bei Flechtmaschinen. — Lauge zum Auskochen von Leinen- und Jutefaser. — Doublirmaschine für Gewebe. —Speiseapparat für Krempeln. — Patentwesen: Anmeldung, Ertheilung, Erlöschung, Versagung von Patenten in Deutschland. — Mittheilnngen: Fach schulnachrichten — Literatur. — Inserate. || \SNS>S\S'S\£»'SVS\S\S\E£\£i\SVS\SNS\SSS\S\S>S\Ea'S\S\S\Ei\S ABHAKDiUKGElt, m * Y>T>« rTT TTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTT'lrm« Ueber die Ursachen des ungleichen Gespinnstes resp. der dicken und dünnen Faden in der Streichgarnspinnerei. IV. Ich wende mich jetzt zu denjenigen Fehlern, die einzig und allein ihren Ursprung in der Feinspinnerei haben. Es wurde zwar in dem „Centralblatt für die Textil-Industrie“, Jahrgang 1883,' gelegentlich einer Besprechung derselben Frage von Herrn Emil Hennig, Guben, einer Autorität in der Streichspinnerei, gesagt, dass die Ursachen des ungleichen Gespinnstes stets in der Krempelei und nicht in der Fein spinnerei zu suchen seien, und doch ist dies der Fall. Ich gebe zwar zu, dass diese aus der Feinspinnerei herrührenden Ungleichheiten bei der Herstellung einfarbiger Waaren nicht auffallen und unbequem werden; bei der Fabrication gewisser Waaren jedoch, in denen stark in Farbe von einander ab weichende Garne zur Anwendung kommen, können solche sehr lästig werden, und nicht unbedeutenden Nachtheil, allermin destens aber viel Mühe und Arbeit bei Beseitigung der Folgen dieser Ungleichheiten, verursachen. Ich erinnere hier beispiels weise nur an die Umstände und Widerwärtigkeiten, denen man bei schwarz und weiss gezwirnten Buckskins, welche unter der Bezeichnung „Pfeffer und Salz“ in den Handel kommen, ausgesetzt ist. Hier kommen, wenn die Spinnerei nicht eine ganz exacte ist, seihst die geringsten Stärkedifferenzen der Garne zum Ausdruck und die dadurch entstehenden „Blenden“ oder „Banden“ sind selbst bei 4—5 fachem Schützenwechsel nicht zu beseitigen. Um nun auf die Sache selbst zurückzukommen, so sind es zunächst zwei aus der Feinspinnerei herrührende Fehler, welche ich hier berücksichtigen will, und die beide auf die Unaufmerksamkeit oder vielmehr auf die Nachlässigkeit des die Maschinen bedienenden Personals zurückzuführen sind. So findet man z. B. beim Ueberziehen der vorhin erwähnten Waaren sowohl in der Kett- und Schussrichtung starke Faden, deren Länge ungefähr der Länge eines Wagenauszuges der Feinspinnmaschine resp. des Selfactors entsprechen. Die Stärkedifferenz dieser Faden beziffert sich meistens auf ein Mehr von 25 °/ 0 der ursprünglichen Nummer des Garnes, steigt aber in vielen Fällen bis zu 50 °/ 0 , welche immer und in allen Fällen auf die Unachtsamkeit des Faden anlegers zurückführen. Stellt man sich zur Ermittelung dieser Unregelmässigkeit an den Selfactor und beobachtet den Faden- 1 anleger bei seiner Arbeit, so sieht man wie dieser den vom Lieferungscylinder herabhängenden Vorgarnfaden erfasst und in dem Moment auf die Spindel legt, wo ein neuer Wagen auszug beginnt. Meistentheils, nachdem der Lieferungscylinder ausgerückt hat, hebt er den Kopf, welcher sich durch das Herumwickeln des Vorgarnfadens auf der Spindelspitze gebildet bat, herunter, zieht aber zu gleicher Zeit ein gutes Stück des mit dem vorigen Zuge aufgewundenen Fadens mit ab. Behufs Vereinigung des Vorgarnfadens mit dem bereits ausgezogenen hat er nun diesen letzteren so weit wieder aufzudrehen, dass sich die Fasern beider Enden in einer solchen Weise ver schlingen, wie zur Haltbarkeit des Fadens nothwendig ist. Bei genauer Beobachtung dieser ganzen Manipulation, welche übrigens schneller vor sich geht und gehen muss, als sie hier beschrieben werden kann, wird es dem aufmerksamen Fach mann nicht entgehen, dass der von dem Anleger auf die Spindel gelegte Vorgarnfaden um so viel zu wenig ausgezogen worden ist, als der Abhub des bereits aufgewundenen, aber von dem Anleger wieder mit abgezogenen Fadens beträgt. Dass dies bald mehr, bald weniger geschieht, liegt auf der Hand und lässt sich somit auch die Verschiedenheit der Stärkedifferenzen dieser zu wenig ausgezogenen Faden zur Genüge erklären. Diesen hier angeregten Uebelstand zu umgehen, gieht es zwei Wege, deren Einschlagung dem Ermessen eines jeden sich dafür interessirenden Fachmannes überlassen bleibt und die beide zum Ziele führen, wenn sie mit der erforderlichen Ge wissenhaftigkeit ausgeführt werden. Der erste dieser Wege besteht darin, dass der Fadenanleger den auf die Spindel gelegten Vorgarnfaden nicht früher abhebt, als bis der Wagen vollständig ausgelaufen, und somit der erstere auch vollständig ausgezogen ist. Das Anfügen der beiden Fadenspitzen erfordert allerdings eine gewisse Accura- tesse, denn wenn die Verschlingung der an den Enden hervor stehenden Fasern nicht genügend ist, so gehen diese Andreher schon beim Spulen oder Scheeren, im besten Falle aber gewiss beim Weben wieder auf. Der zweite dieser beiden Wege erfordert eine bestimmte Fingerfertigkeit des Anlegers und eine nicht gewöhnliche Gewandtheit in der Ausführung. Hiernach muss der Anleger, sobald ein Faden während des Wagenauszuges reisst, sich diesen schon während des Festdrehens des Zuges zurechtlegen. In dem Moment, wo die Aufwindung des Zuges vollendet ist, und der Winder abschlägt, erfasst er das Spindelfadenende, was ihm bei dem momentanen Stillstand der Spindel sehr leicht möglich ist, und fügt es an das mit der andern Hand ergriffene, vom Lieferungscylinder herabhängende Vorgarnende an. Die Verschlingung der beiden Fadenenden erfolgt in diesem Falle um so vollständiger, und ein Aufgehen des Andrehers ist um so weniger zu befürchten, als in dem Vorgarnfaden im Moment des Anfügens noch nicht der geringste Draht enthalten ist. Wie schon vorhin bemerkt, erfordert diese ganze Manipulation eine gewisse Gewandtheit und eine Sicherheit der Handgriffe, die sich bei einiger Uebung üidess sehr bald erlangen lässt. Ich habe s. Z. in der Dessauer Wollengarn-Spinnerei in diesem