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Jahrg. 1SS5 Allgemeine Zeitschrift für Textil - Industrie. Seite 237 »mm ALLGEMEINE ZEITSCHRIFT T EXTIL-INDUSTRIE. lli ''S /C\' Chef-Redacteur: PH. ZALUD in Bad Hohenstein-Ernstthal. Nr. 21. Chemnitz-Leipzig-Wien, 1. November 1885. vil. Jahrg. Inhalt. Abhandlungen: Neues in der Streichgarnspinnorei. — Neue Gespinnstpflanzen und kein Ende (Schluss). — Ueber Mode-Neuheiten. — Muster -Compositionen (Fig. LIV bis LVI). — Tuchroth licht- und walkächt für Wolle, TRB und TRG. — Der Siedeverzug des Wassers. — Neuerungen und Verbesserungen: Verfahren zur gleichzeitigen Her stellung zweier Plüschgewebe. — Regulator für Webstühle. — Verfahren zur Controlirung der effectiven Schussfadenzahl eines Webstuhls. — Schützenwechsel - Einrichtung für mechanische Webstühle. — Webschaft (genannt Halbdrahtkamm). — Einrichtung zum Schntz des ablaufenden Kammzuges an der Heilmann'schen Kämm-Maschine. — Patent wesen: Anmeldung, Ertheilung, Erlöschung, Uebertragung von Patenten in Deutschland. Mittheilunsen: Fachschul-Nachrichten (Webeschule zu Cottbus).. — Die österreichischen Webeschulen (Fortsetzung). — Inserate. A1H&SDLU16IÜ, Neues in der Streichgarnspinnerei. Von L. G. Auf seiner jüngsten Reise durch Sachsen hatte Verfasser Dieses Gelegenheit, hei Herrn E. Dix in Werdau eine von Herrn Spinnmeister Wolf construirte Einrichtung an Krempeln in Thätigkeit zu sehen, welche seitens der Fachmänner allge meine Beachtung verdient. Es ist bekannt, dass in der Streichgarnspinnerei, nament lich für Vigogne, die Krempelassortimente für die Cardirung des Materials und die Herstellung des Vorgespinnstes meist derart beschaffen sind, dass auf der ersten Maschine das Material mit der Hand aufgelegt und sein Pelz erzeugt wird, welchen man auf der zweiten Krempel zum Ausgleich der Unregelmässigkeiten quer einführt. Auf letzterer Maschine erzeugt man wieder einen Pelz, den man der dritten Krempel zur Herstellung des Vorgespinnstes lang zuführt. Es springt hierbei sofort in die Augen, dass der zweiten Maschine zum grossen Theile die ausgleichende Arbeit zufällt, welche nöthig ist, um gleiche Fäden zu erzielen. Wenngleich hierbei die unegale Auflage der ersten Maschine, welche durch Hand oder Selbstaufleger erfolgt, und sich in dem auf derselben erzeugten Pelze in Form von längs der Peripherie der Trommel hin laufenden Streifen markirt, durch die Quereinführung derselben auf der zweiten Krempel nach der Breitenrichtung der Krempel hezw. des auf dieser erzeugten Pelzes vertheilt worden und so ein annähernd gleicher Pelz bezw. annähernd gleiches Vor- gcspinnst erzeugt wird, so bleibt doch bezüglich dieser Breiten- vertheilung noch viel zu wünschen übrig. Denkt man sich nämlich den auf der zweiten Maschine quer zur Auflage ge langenden Pelz der Achsenrichtung des Tambours nach in Streifen von ca. 3 Zoll getheilt, so findet man in denselben dickere und dünnere Stellen. Es fehlt daher dieser Maschine noeh ein Organ, welches die dickeren Stellen so viel als mög lich über die ganze Breite der Krempel überträgt und dadurch die noch vorhandenen zu grossen Differenzen in den Yorgarn- fäden reducirt. Ein solches Organ ist nun in der obenerwähnten von Herrn Spinnmeister Wolf in Werdau construirten Einrichtung vorhanden. An der Krempel befindet sich nämlich an Stelle des 2. bezw. 2. und 4. Arbeiters eine Changirwalze ange bracht, deren Breite etwa */ 4 bis 1 j i der Tambourarbeitsbreite ausmacht. Die Walze ist genau so garnirt, wie die Arbeiter, erhält durch die Arbeiterkette vermittelst des Kettenrades die gleiche Umfangsgeschwindigkeit, wie diese, changirt aber dabei von einer Seite des Tambours nach der anderen und erhält die changirende Bewegung durch einen vom Tambour betriebenen Riemen vermittelst entsprechend angebrachter Scheibe resp. einer mit Rechts- und Linksgewinde versehenen Spindel. — Um eine wechselseitige Changirung herbeizuführen, sollen zwei Changinvalzen angebracht werden, welche stets in entgegengesetzter Richtung zu einander changiren, was durch die Verbindung der betreffenden beiden Scheiben vermittelst einer Stange ermöglicht wird, indem dadurch die wechsel seitige Stellung der Changirwalzen zu einander gesichert und das Rutschen des Riemens auf den Scheiben ohne Einfluss auf dieselbe bleibt. Diese Anordnung bietet den Vortheil einer vollkom menen Vertheilung, indem dieselbe über die ganze Tambourfläche gleichzeitig erfolgt, während bei Anord nung nur einer Changirwalze dickere Stellen des Pelzes an einer Seite über den Tambour hinlaufen würden, während die Walze an der anderen thätig ist. Man hat zwar schon längst changirende Arbeiter ange wendet, aber dies geschah früher meist an Vorspinnkrempeln mit alten Coutinues mit Ringpeigneurs zum Zweck der Ver theilung der am Tambour haften bleibenden Wolle und zwar dadurch, dass man die Arbeiter, welche mit dem Tambour gleiche Breite hatten, etwa 10 mm changiren liess, wogegen bei der oben beschriebenen Einrichtung ein anderer Zweck verfolgt wird und zwar durch Changirwalzen, welche gerin gere Breite haben als der Tambour. Die neue (in Deutschland unter No. 30,091 patentirte) Einrichtung, deren alleiniges Ausführungsrecht sich die Säch sische Maschinenfabrik (Hartmann) zu Chemnitz gesichert hat, wird bei Herrn Ed. Dix in Werdau bereits seit längerer Zeit benutzt und erfüllt dieselbe den oben angebenen Zweck in durchaus befriedigender Weise. Neue Gespinnstpflanzeii und kein Ende. Eine Betrachtung von Theodor Martin in der Wochenschrift für Spinnerei und Weberei. (Schluss.) Die neueste Gespinnstpflanze wird uns nun gegenwärtig in Pest, der stolzen Magyarenstadt vorgeführt und handelt es sich hier um nichts weniger als die Gattung Ginster. Die „Wiener Zeitung für Landwirthschaft“ verkündet nämlich den folgenden Lobgesang: „Auf der Budapester Exposition hat allgemeine Sensation ein Product aus einer bisher wohl allgemein (eigentlich doch nur als lästiges Unkraut des unfruchtbarsten Bodens) be kannten Pflanzengattung, nämlich des Ginster (Genista) erregt. Aus dieser, in ganz Europa in verschiedenen Varie täten vorkommenden Pflanze sehen wir hier Erzeugnisse, welche Staunen erregen müssen. Der Entdecker dieser neuen, hervorragenden Gespinnstpflanze, Herr Felix Glo-