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von denen die eine hinter dem Geschirr angelegt, den Web stuhl sofort ausser Thätigkeit setzt, wenn ein Kettenfaden reisst, während die andere vor dem Geschirr angebracht, den Webstuhl beim Heissen eines Schussfadens ebenfalls sofort selbstthätig arretirt. Der Erfinder fasst die Vortheile, welche der von ihm construirte Webstuhl gegenüber denjenigen bisherigen Systemen bietet, in die Sätze zusammen: 1. keinerlei Zeitverlust während des Webens, also eine um Vieles grössere Leistungsfähigkeit, 2. enorme Ersparnis an Arbeitskräften; die Weblöhne redu- ciren sich nahezu auf Null; 3. viel weniger Garnabfall. College „Textile Manufacturer“, der in Beurtheilung dieses neuen Wunderwebstuhles sehr skeptisch ist, sagt darüber un gefähr Folgendes: Wir wollen zwar die Versicherung des Berichterstatters von „Batley-News“, dass er mit der Beschreib ung dieses Webstuhles Niemand zu mystifiziren beabsichtige, vollkommen ernsthaft nehmen, halten diese Versicherung jedoch deshalb nicht für nöthig, weil er uns mit dieser Beschreibung eigentlich Neues nicht gebracht hat. Thatsächlich hat man schon seit längerer Zeit in Amerika wiederholt versucht, eine ähnliche Webconstruction in die Fabrikation der Teppiche, dann gewisser Plüscharten und Möbelstoffe einzuführen, und es mögen solche oder ähnliche Stühle auch da und dort für solche Zwecke vereinzelt im Betriebe sein; zu einer nur eiuiger- maassen grossem Einführung sind sie jedoch nie gelangt. Nun wird man vielleicht behaupten, dass diese letzteren Web stühle lange nicht so volllkommen sind, wie der neuerfundene San Francisco-Loom; bei der Pariser Ausstellung im Jahre 1878 war aber von einem Schweizer Hause ein Webstuhl nach demselben Princip ausgestellt, der sehr vollkommen construirt war und bei welchem der Schuss ebenfalls, statt mittelst Schützen, durch eine mit Fingern versehene metallene Hand durch das jeweilig offene Fach der Kette hindurch geführt wurden, und zwar ohne dass es nöthig gewesen wäre, den selben jedesmal abzuschneiden, die Leiste war vielmehr bei diesem Schweizer Webstuhl auf beiden Seiten der Waare gerade so geschlossen gewebt, wie hei jedem andern Webstuhl. — Seit jener Zeit sind 7 Jahre verflossen und der so ingeniös gedachte und so sorgfältig ausgeführte Wehstuhl ist inzwischen vollständig in Vergessenheit gerathen. Und es gehört keine grosse Prophetengabe dazu, um dem in Barnum’schem Styl angekündigten San Francisco-Loom dasselbe Schicksal in Aus sicht zu stellen. 98 Procent Ersparniss an Weblohn und deshalb künftig keinen Weberstrike mehr, 50 Procent grössere Leistungsfähig keit und deshalb geringeres Anlagecapital, ausserdem beinahe keinen Garnverlust, das wäre oder dies gäbe einmal eine wirk liche „Revolution in der Weberei“, aber auch hier wird es heissen wie im vorigen Jahr bei den dem Läserson & Wilke’- schen Webstuhl angedichteten Ueberschwenglichkeiten: Es war’ so schön gewesen, aber es hat nicht sollen sein. R. S. Alizarinfarben. Trotz des ausserordentlichen Aufschwungs der Theerfarben- Industrie in den letzten Jahrzehnten sind die von Alters her gebräuchlichen Farbstoffe Indigo, Blauholz, Gelbholz etc. in der Wollfärbe rei nur theilweise durch die Theerfarben ver drängt worden. Den Grund hierfür haben wir darin zu suchen, dass der Färber wohl manche Anilinfarbe in die Hände bekam, welche ebenso lichtecht wie z. B. Blauholz und Gelbholz war, die Farbe eignete sich aber nicht für Walkwaare, weil sie hei der Behandlung mit Seife und Sodalösung blutete und häufig mehr oder weniger die Nuance änderte. Wir glauben unseren Lesern zu dienen, schreibt das Deutsche Wollen-Gewerbe, wenn wir sie ganz besonders auf einige Producte der Theerfarben-Industrie aufmerksam machen, welche diese Uebelstände der Anilinfarben nicht aufweisen, welche Blauholz, Gelbholz, Persio etc. weit übertreffen sollen bezüglich Lichtechtheit und ganz ausgezeichnet in der Walke Stand halten sollen. Wir meinen die Alizarinfarben, welche in der Baumwollfärberei und Cattundruckerei schon längst eingeführt sind und in sehr bedeutenden Quantitäten ver braucht werden. Das Alizarin, über welches wir in früheren Jahrgängen schon mehrfach längere Abhandlungen gebracht haben, ist der Farbstoff, welcher im Krapp enthalten ist. Im Jahre 1869 gelang es zwei deutschen Chemikern, Graebe und Liebermann, diesen Farbstoff künstlich aus dem Anthracen, einem Bestand- theile des Theers, herzustellen. Da der künstliche Farbstoff vollständig rein und frei von den Beimengungen ist, welche die Verwendung des Krapps erschweren, so wurde er bald allgemein dem letztem vorgezogen und hat ihn jetzt nahezu vollständig verdrängt. Der Entdeckung des Alizarinroth folgte sehr bald die des Alizarinorange, des Gallein und Coerulein, und im Jahre 1878 die Entdeckung des Alizarinblau. Die langsamere Einführung dieser Farben in die Woll färberei erklärt sich hauptsächlich durch das tief eingewurzelte Misstrauen gegen jede Neuerung, welches vielfach dem deut schen Wollfärber ganz besonders eigen ist. Dieses Misstrauen dürfte aber immer mehr schwinden, da jeder Fabrikant und Färber bei Prüfung der neuen Farben findet, dass die selben in keiner Weise seinen echtesten seither verwendeten Farben Indigo und Krapp nachstehen, dass andrerseits die Verwendung einfacher und vortheilhafter für die Wolle ist. Die Alizarinfarben werden nach einer alten, jedem Woll färber bekannten Vorschrift gefärbt. Die Wolle wird zunächst mit Chromkali und Weinstein 1 '/ 2 Stunden angesotten, dann im zweiten Bade bei 2%—3stündigem Kochen ausgefärbt. Alle Alizarinfarben (welche z. B. die Badische Anilin- und Soda-Fabrik, Stuttgart und Ludwigshafen a. Rh. in den Handel bringt), als Alizarinorange W für bräunl. Orange, Alizarinroth WR für Bordeaux (gelbl.) oder Scharlach, Alizarinroth WB für Bordeaux (bläul.) oder Scharlach, Alizarinblau WX und SW für lebhaftes Blau, ferner Alizarinblau WR und SRW für dunkles röthliches Blau, Coerulein W und SW für Grün, Gallein W für Dahlia wei'den nach einer und derselben Vorschrift gefärbt. Dies bietet den grossen Vortheil, dass alle Farben in einem Bade gefärbt und durch beliebiges Mischen derselben unzählige echte Nuancen erhalten werden können. Auf Grund sehr vieler sorgfältiger Versuche kann Ver fasser folgendes Färbeverfahren empfehlen, dasselbe liefert ausgezeichnet fixirte gut entwickelte Farben. Die entfettete reine Wolle wird mit 3 kg Chromkali und 2 x / a kg Weinstein pro 100 kg Wolle 1 , / 2 Stunden kochend geheizt und sodann leicht gespült. Nach dem Spülen kann die Wolle sofort gefärbt werden. Pro 1000 Liter Wasser des Färbebades wird 1 Liter technische Essigsäure von etwa 7 0 Be.