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Jahrg. 1885 Allgemeine Zeitschrift für Textil-Industrie. Seite 317 MsmrirM'. xlxix ALLGEMEINE ZEITSCHRIFT VJPkoSi’ . « n • • M «— • IT 1 I 1 EXTIL-INDUSTRIE. Chef-Redacteub: PH. ZALUD in Chemnitz. •ÄS>X<3>>. ‘ts Nr. 19. Chemnitz— Leipzig—Wien, 1. October 1885. VII. Jahrg. lulmlt. Abhandlunsen: Ring-Spinnerei. — Muster-Compositionen (Fig. XLVII und XLYIII). — Ein neuer Webstuhl ohne Schützen. — Alizarinfarben. — Versuch, Garn mit Kalk zu kochen (Fortsetzung). — Neuerungen und Verbesserungen: Doppelrand-Apparat für mechanische Kulirstühle. — Federnde Ringe lür Ringspinnmaschinen. — Verfahren zur Herstellung von Asbestfäden. — Webmaschine für Handbetrieb. — Musterpresse für mechanische Wirkstühle. — Spülmaschine mit federnden Fadenleitern. — Rundwebstuhl. — Neuerung an horizontalen Hammerwaschmaschinen. — Vorrichtung für mehrfachen Schützenwechsel an mechanischen Webstühlen. — Oxydationsapparat zur Erzeugung von Anilinschwarz auf baumwoUenen, halbwollenen und halbseidenen Geweben. — Neuerung an Cylinder-Walken. — Einrichtung zur Verhinderung des Maschenbruchs an der Larab- schen Strickmaschine. — Jacquard-Maschine. — Krempel. — Schiffchen für Bandstühle. — Patentwesen: Anmeldung, Ertheilung,.Erlöschung von Patenten in Deutschland. — Ueber Mode-Neuheiten. — 3Iittheilnngen: Die technische Schule in Huddersfield. — Die öster reichischen Webeschulen (Fortsetzung). — Fachschul-Nachrichten. — Inserate. Der Wochenschrift für Spinnerei und Weberei entnehmen wir nachstehend einen Auszug aus einem Vortrage und Dis- cussion in der „Manchester Association of Employers, Foremen and Draughtsmen of the Mechanical Trades of Great Britain“ in Manchester. Nach dem uns vorliegenden Protocoll über die betreffende Sitzung erging sich der Vortragende, ein Maschinentechniker Namens W. H. Beastow, ungefähr folgendermaassen: Die erste Idee der Bing-Spinnerei wird einem Manne Namens John George Bodmer zugeschrieben, welcher im Jahre 1824 als Civil-Ingenieur in Manchester practicirte, und von dessen Erfindungsgeist und mechanischem Geschick in der Construction von Baumwollspinn- und anderen Maschinen die Patentlisten von 1824 bis 1849 genügend Zeugniss geben. Wir finden mehrere Patente, welche ihm für Verbesserungen von Baumwoll-Maschinen (Patent No. 5016, vom Jahre 1824) ertheilt wurden, sowie er auch Patente auf Mechanikerwerk zeuge und Maschinen der Kautschuk-Fabrikation erhielt. Warum damals die Bodmer’sche Erfindung nicht beachtet wurde, ist nicht bekannt, jedenfalls hatte sie, den neueren Verbesserungen nach zu urtheilen, noch viele Mängel und Unvollkommenheiten. Man sagt, dass die Bodmer’sche Erfindung in recht unvoll kommener Form von den Amerikanern ergriffen wurde und hier mehr und bessere Aufnahme fand als in England. Ein Hauptgrund für diese gute Aufnahme war die bessere Bekannt schaft der Amerikaner mit der der Kingthrostel verwandten „Flügel“-Throstel; ein anderer Grund war der damalige Mangel an erwachsenen Arbeitern für die Spinnerei, während man an der Kingthrostel Kinder beschäftigen konnte. Der amerika nische Erfindungsgeist concentrirte sich nunmehr mit aller Macht auf das Princip der Ringthrostel. Im Jahre 1847 nahm Mr. William Todge von Attleborough, County of Bristol (Mass., V. St. A.), Patente auf Ringspinn maschinerie und siedelte sich im selben Jahre in Manchester an, wo er ebenfalls seine Neuerungen patentiren liess. Diese Maschine drang aber nicht durch, weil der Antrieb der Spindeln durch Friction und das Fehlen jeder Vorrichtung, um Spindel und Ring zu centriren, grosse Fehler waren, abgesehen von anderen Unvollkommenheiten. Die von der alten Firma Sharp Roberts in Manchester im Jahre 1849 gekaufte und von derselben auf der Ausstellung im Jahre 1851 vorgeführte Ringthrostel war die Erfindung von Mr. Jenkes in Pawtucket, Rhode Island, V. St. A., unter dem Namen „Niagara-Ring-Spinn-Maschine“. Man sagt, dass diese Maschine nach fachwissenschaftlichen und ganz neuen Prin- cipien construirt worden war, und diese Principien blieben auch trotz vieler ferneren Neuerungen immer dieselben, so lange die Amerikaner diese Maschine in Hand hatten; sie arbeiteten mit denselben Nachtheilen weiter, welche diese Construction von Anfang an characterisiren, und obgleich wir Geist und Geschick- j lichkeit des Mr. Jenkes und anderer berühmter amerikanischer Maschinenbauer anerkennen müssen und gern anerkennen, so blieb doch ein weites Feld für Verbesserungen offen. Nach der London Gazette vom 17. October 1851 erhielt diese Maschine eine grosse Medaille zuerkannt, aber sie musste das Loos ihrer Vorgänger theilen und verschwinden, denn zu derselben Zeit wurde die „Self-Acting-Mule“ von Richards Roberts practisch verbessert und gewann die Oberhand. Die Ringthrostel wurde wegen den ihr anhaftenden Mängeln von den Engländern vernachlässigt, aber die Amerikaner fuhren fort, sie zu verbessern und brachten sie bald zur allgemeinen Aufnahme bei den Spinnern ihres Landes. In England wurden zwar auch weitere Experimente vorgenommen und besonders viele Zwirnmaschinen auf Ringsystem gebaut, aber für die Ringspinnmaschinen wurde nichts Wesentliches unternommen, um sie auf eine höhere Stufe zu bringen, bis im Jahre 1872 ein bekannter Maschinenbauer (Sam. Brooks. D. Red.) in Amerika selbst die Fortschritte des Ringsystems studirte und nach vielen Mühen und Unkosten mit den werthvollsten Er fahrungen und mit vielen Maschinen-Modellen versehen nach Manchester heimkehrte, um selbe zu verwerthen. Voll über zeugt von den grossen Vortheilen dieses Spinn-Systems und von dessen entschiedener Lebensfähigkeit, ging er sofort mit allen Kräften an die Ringthrostel heran, bereit, dieselbe trotz aller Vorurtheile und Hindernisse zum Sieg zu bringen. Klein waren die Fortschritte während einigen Jahren, bis endlich durch die Construction einer Specialität von Werk zeugen zur Herstellung derjenigen Theile, welche die grösste Accuratesse erfordern und durch unermüdlich fortgesetzte Experimente jenes Maschinenbauers eine Maschine entstand, welche allgemein befriedigte. Dieser Maschinenbauer Mr. Sam. Brooks in Manchester, hat sich aber nicht zufrieden gegeben, die Ringthrostel nur für Kettengarne practikabel zu machen, sondern auch für Schussgarne hat er versucht, alle Schwierig keiten zu überwinden, und er hat auch hierin den Sieg davon getragen, denn bereits spinnen diverse grosse englische Spin nereien ihre Schussgarne auf Brook’s Weft-Ringthrostel. Das i Ring-Schussgarn ist fester und egaler, ohne mehr Drehungen zu haben als das Garn von der Mule, und eine der bedeu- , tendsten Fabriken dieses Districtes hat ihre sämmtlichen Mules durch Ringthrosteln ersetzt und spinnt sich auf denselben ; jetzt in 56 Stunden 48 Zahlen Schussgarn No. 24, während