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Seite 10 Allgemeine Zeitschrift für Textil-Industrie. Jahrg. 1SS5 Uüberhaupt verlangen diese Zusätze, wenn sie ihrem Zwecke entsprechen sollen, grosse Genauigkeit in der Behand lung und Vertrautheit mit den chemischen Eigenschaften derselben. Schlichte, wie wir sie bis heute kennen, lässt noch vieles zu wünschen übrig und ist eine fruchtbringende Verbesserung nur von Seiten bewährter Chemiker, die ihre Aufmerksamkeit diesem Appreturzweige widmen, zu erwarten.“ (Der deutsche Leinen-Industrielle.) Das Stop len und Ausbessern der Tuche undStoffe. Ueber das Stopfen und Ausbessern der Tuche und die verschiedenen Fehler in Tuchen und Stoffen lässt sich die Wochenschrift für Spinnerei und Weberei von einem Practiker schreiben: Wie nothwendig es ist, dass man auch für die technische Ausbildung der Tuchstopfer und Einnäher zu sorgen hat, geht schon daraus hervor, dass bereits die Aachener Webe schule eine besondere Abtheilung besitzt, um Stopfer und Einnäher auszubilden. Und wahrlich, diese Stadt resp. deren Fabrikation wird einen wesentlichen Nutzen davon haben, denn solche Leute, die wirklich etwas Gutes leisten, sind rar, sehr gesucht, und in Folge dessen müssen sie auch gut bezahlt werden. Aber nicht allein in Aachen ist diese besondere Specics von Arbeitern selten und gesucht, sondern wohl in jeder Fabrikstadt, wo bunte Stoffe in bedeutenden Mengen angefertigt werden, namentlich in der Lausitz. Hier erwähnen wir nur die Städte Cottbus und Görlitz, auch Grossen- hain wird in gleich grosse Mitleidenschaft gezogen und dort ist es recht schwer, nicht nur Leute zum Einnähen und Stopfen zu bekommen, sondern auch neue dazu anzulernen. In letzt genannter Stadt und in Cottbus beträgt der Verdienst dieser Arbeiter bis 12 M., mitunter noch darüber, per Woche, doch ist dieser Lohn auch für angemessen zu halten, denn die Augen werden bei recht feiner Arbeit furchtbar angestrengt, es kommen bei diesen Arbeitern vielfach Augenentzündungen oder Kurzsichtigkeit vor. Sogar eine dauernde grosse Augen schwäche findet sich bei einigen Personen ein, so dass diese solch feine Arbeit, wie überhaupt das Stopfen, ganz einstellen .müssen. — Schwer hält es, junge Mädchen so anzulernen, dass Fehler, wie Ketten- und Schussbrüche, Itisse und Löcher auch wirklich so gut gestopft und die fehlenden Fäden so eingenäht werden, dass Niemand einen Fehler in der Waare entdecken kann und es vergeht eine ganz geraume Zeit, bis etwas Gutes geleistet wird. Die Fehler in den Tuchen und Stoffen, die ausge bessert oder beseitigt werden müssen, sind der verschie densten Art und manchmal nur mit grosser Geschicklichkeit zu verbessern. Verbessert oder beseitigt müssen die Fehler werden, sonst hätte man oft ungeheuren Schaden; denn Stücke, die fehlerhaft sind und wie es leider oft vorkommt, versetzte und vertauschte Kettenfäden zeigen, so dass breitere oder schmälere Streifchen durch’s ganze Stück Waare entstehen oder Stücke, welche andere Fehler haben, wie z. B. mehrere Schussbrüche, sind effectiv unverkäuflich. Sehr schwierig ist es, die sogenannten Taschen und Nester zu beseitigen, oftmals ist dies gar nicht möglich und muss der Fehler markirt werden. Jeder einzelne im fertigen Stück gezeichnete Fehler wird am Längenmaasse abgerechnet und zwar für jeden ein zelnen mindestens 10 cm. Bei theurer Waare hätte man also stets einen Verlust von ca. 1 M. Geübte Hände können nun in weniger Zeit den Schaden unsichtbar machen und geht daraus hervor, dass die Einnäherei und Stopferei recht nothwendig ist, wes halb man auch für Ausbildung dieser Arbeiter etwas thun müsste. Es wäre gewiss wünschenswerth, wenn auch andere Webschulen in gedachter Weise der Aachener nachfolgen möchten, den verschiedensten Fabrik städten wäre damit gedient und so würde einem fühlbaren Mangel bald abgeholfen werdeu. — Die Ursachen oben erwähnter Fehler, also die Webe fehler sind der verschiedensten Art; durch aufmerksame und geschulte Weber werden viele Schäden verhütet, nament lich die durch gerissene Litzen entstandenen, ferner längere Kettenbrüche oder auch Taschen und Nester, die durch die im Ober- und Unterfache liegenden entzwei gegangenen Kettenfäden —- ebenso wie sich die gerissenen Litzen in die Kette einlegen können — gebildet werden. Im Grossen und Ganzen haben die Lausitzer Fabrikstädte wie andere gute und accurate Weber; doch sind eben manche Fehler kaum zu vermeiden und viele werden dann erst bemerkt, wenn bereits soviel an Stoff darüber hinaus gewebt wurde, dass es nicht rathsam erscheint, rückwärts zu arbeiten, um den Fehler wieder herauszubringen. Der hierfür gebräuchliche Ausdruck heisst bekanntlich „Ausbrechen“. Es kann eben durch das Ausbrechen mehr an Zeit und Schussgarn verloren gehen, als der betreffende Schaden ausmacht, auch wenn er nicht durch Stopfen zu corrigiren wäre. Die schlechtesten und meistens nie wieder gut zu machenden Schäden sind die, welche durch Steckenbleiben eines Schützens im Fache entstehen, wenn der Stuhl selbst nicht abrückt und die Lade den Schützen an schlägt, hier ist jede Kunst überflüssig. Selbstverständlich kann dies nur bei mechanischen Webstühlen Vorkommen. - Obgleich wir nun ziemlich sicher functionirende Schusswächter mancherlei Construction haben, die den Webstuhl sofort zum Stillstand bringen, nicht nur wenn der Schützen nicht in den Kasten eingelaufen, sondern auch wenn der Schuss von der im Schützen befindlichen Spule zu Ende oder auch weggerissen ist, so sind doch Schussfehler immer noch zu häufig; denn mancher Weber verlässt sich eben auf den Stuhl resp. auf dessen Ausrücken und doch rückt der Stuhl nicht immer aus, zumal wenn sehr loses, wenig haltbares Schussgarn verwebt wird. Mir ist es vorgekommen, dass ein Weber auf einem Stuhl mit Schusswächterschützen ein fehlerhaftes Stück fertigte, während ein anderer, der ohne Schusswächterschützen arbeitete, keinen Schussfehler im Stücke hatte, obgleich der Einschlag von einer Parthie, also von gleicher Festigkeit war. Bei Walkwaare müssen jegliche Fehler in roheu Tuchen vor der Walke verbessert werden; bei dunklen Farben oder wenig markirenden Mustern ist es oft recht gut, die Stücke einmal vorzuwaschen, damit etwaige noch vorhandene Schäden besser sichtbar sind und wer recht grosse Accuratesse in der Fabrikation walten lässt, der schaut jedes Stück noch einmal nach dem Waschen genau durch und lässt dann erst fertig walken, wenn die betreffenden Stücke völlig fehlerfrei sind. Kammgarnstoffe haben sehr wenig oder gar keine Walke und bei diesen lässt sich im fertigen Zustande noch etwas verbessern, doch ist es stets vortheilhafter, jeden Knoten, jedes Fädchen auch hier vor der Walke zu entfernen und dann waschen zu lassen, worauf nochmals durchgesehen und ausgenäht wird. Von Vortheil ist bei mancherlei Stoffen, so