Volltext Seite (XML)
Jahrg. 1881 asm* Allgemeine Zeitschrift für Textil-Industrie. Seite 291 ALLGEMEINE ZEITSCHRIFT für IXijXiiX EXTIL-INDUSTRIE. Chef - Red actf.uk: PH. ZALUD in Chemnitz. ES ti ix: «O Nr. 19. Chemnitz—Leipzig, 15. Dctober 1881. III. Jahrg. Inhalt. Abhandlungen: Verstellbare Jacquard-Vorrichtung von C. Rob. Lange. — Die englische Vorrichtung der Jacquard-Maschine. — Zeichnung zu Cheviot-Winterwaare. Original - Färberei- und Druckerei-Recepto. — Druckmuster (2 Proben». — Neuerungen und Verbesserungen: Ausrückevorrichtung für Streckwerke an Spinnerei-Maschinen. Eine neue höchst wichtige Erfindung auf dem Gebiete der Tuchindustrie. — Apparat zum Färben von Geweben, deren Kette aus Baumwolle und deren Einschuss aus Wolle besteht. — Neuerungen an Spindeln für Spul- und Klöppelmaschinen. — Patentwesen: Patent- Anmeldungen. — Ertheilungen. — Erlöschungen. Mitteilungen: Walk-Maschinen. Die Collmann-Steuerung. — Warnung. — Inserate. ^UU1‘ iimiiiinimiii A B H A N D E U N G fcl KL Swroagrti sse; T T T T T ▼ T T » TYTT T maeae>!asß Verstellbare Jacquard-Vorrichtung. Von C. Kob. Lange in Frankenberg (Sachsen). Vortrag, gehalten vom Patent-Inhaber auf der 3. Weblehrer- Conferenz zu Dresden am 28. August 1881. Jede Neuerung und Verbesserung auf allen Gebieten der Gewerbe ist wohl grösstentheils durch unumgängliches Bedürfniss, wenn das Alte den Anforderungen der Neuzeit nicht mehr genügen konnte, entstanden. So auch hier! Immer mehr erforderte Mode und Concurrenz von den Fabrikanten neue und vermehrte An strengungen, um durch stetige Neuheiten und Ueberraschungen sich die Gunst seiner Geschäftsfreunde zu erhalten. Dies bedingt aber vor Allem eine leicht bewegliche und billige Fabrications- weise, die durch schnelle Veränderlichkeit einen weiten Spiel raum heim Componiren neuer Muster gestattet. Eines der grösstenHemmnisse zur Erreichung dieses Zweckes ist wohl ohne Frage die feste, oft sehr theuere Vorrichtung am Jacquard-Webstuhl, die bei öfterem Wechsel oft bedeutende Opfer an Zeit und Geld verursacht. Letzterer Fall ist namentlich hi der Cachenez-Branche, in der ich thätig bin, deshalb in ver stärktem Masse vorhanden, weil alle Nuancen der Mode berück sichtigt werden müssen und die Eigenart des Stoffes durch wechselndes Grössenverhältniss der Bordüren und des Fonds ebenso auch durch alle möglichen Abstufungen in Qualität sehr oft Veränderungen erlangen. Diese Cachenez-Fahrication, die sich in Frankenberg seit ca. 20 Jahren aus sehr bescheidenen Anfängen zu einem respec- tablen Umfang erweitert hat, wird nur zum kleinsten Theil in geschlossenen Etablissements betrieben. Die ganze Production wird fast ausschliesslich in Frankenberg und einem grossen Theil der umhegenden Ortschaften, die sich sporadisch sogar his Böhmen erstrecken, durch Hausindustrie erzeugt. Es ist deshalb der Fabrikant beim Entwerfen neuer Muster an die Nothwendigkeit gebunden, dieselben den bestehenden Vorricht ungen möglichst anzupassen, um nicht bei späteren grösseren Ausführungen in Verlegenheit zu kommen, oder durch grosse Opfer den calculirten Nutzen in Frage zu stellen. Wollte man bei den bisher gebräuchlichen Jacquard-Vor- richtungen zu einer anderen Kettdichtheit übergehen, oder das Muster eines Stoffes in einem flüchtiger oder in einem dichter eingestellten Stoff herstellen, so musste man — wie Ihnen ja bekannt ist — unter Beibehaltung der Karte zu einer der verlangten Kettdichte entsprechenden Neuvorrichtung des Stuhles schreiten, oder die Arbeit auf einen flüchtiger oder dichter vorgerichteten Webstuhl geben! Sollte für einen flüchtiger eingestellten Stoff die Grösse des Musters bei behalten werden, so konnte man die Vorrichtung wohl eben falls beibehalten, aber man musste in jedem einzelnen Chor, dem gegenseitigen Kettdichtenverhältniss entsprechend, eine Anzahl Litzen leer stehen lassen; musste wegen verringerter Fadenzahl eine neue Patrone anfertigen und selbstverständlich auch ein neues Kartenmuster schlagen lassen. Diese Uebelstände möglichst zu beseitigen und einen grösseren Spielraum für neue Ideen zu gewinnen, stellte ich mir die Aufgabe: Die feststehenden Jacquard-Vorricht ungen in eine leichter bewegliche (in Dichtheit undEin- theilung schnell und mit möglichst geringen Kosten zu ver ändernde) zu verwandeln. Das Resultat ist Ihnen hier durch dieses kleine Modell vor Augen geführt. Das wesentlich Neue dieser Vorrichtung besteht 1. in einem, in sich selbst verstellbarem Chorbrett, mittelst dessen man die Chorbrettdichte und beziehungsweise Harnischdichte verändern und dadurch ein und der selben Harnisch-Vorrichtung jede beliebige andere Dichtheit geben kann; 2. in der Verschiebbarkeit der angewandten Litzen, wodurch nach erfolgter Verdichtung oder Verflüchtigung des Harnisches das Litzenauge wieder in seine horizon tale Lage gebracht werden kann. Das sogenannte Chorbrett wird aus einem Kähmen, auf welchem eine Platte aufgeschraubt ist, gebildet, in welchem in der Längen- und Quervorrichtung Drahtnadeln befestigt sind, welche kleine, quadratische Oeffnungen bilden, die statt der im Holzchorbrett vorhandenen Löcher zur Aufnahme der Harnischfäden bestimmt sind. Diese kleinen Querstäbchen stehen für sich nicht fest genug, um den Druck, welcher durch das Anhängeeisen namentlich an den Seiten stärker wirkt, genügenden Widerstand zu leisten. Es ist deshalb nöthig, entweder durch Einlegen eines zähen Leders, Band- oder Schnurenstreifens die auch bei sorgfältigster Arbeit zwischen den Platten und Nadeln vorhandenen Unebenheiten aus zugleichen, oder an den inneren Langseiten eine Schnur an zuflechten, welche dem Zweck ebenso vollständig entspricht. ! Diese Schnur hält die Nadeln fest und gestattet doch auch gleichzeitig eine Verschiebung, wenn dieselbe zum Dichter- , oder Flüchtiger-Stellen nöthig ist. Mit Hilfe dieses Apparates lässt sieb nun allerdings eine : Vorrichtung schnell verändern, doch würde der angestrebte : Zweck nur halb erreicht sein, wenn die dadurch entstandenen Unebenheiten in der horizontalen Linie der Helfenaugen oder Maillons nicht durch eine leichte oder schnelle Regulirung der ; Helfen ausgeglichen werden könnte. Nach der Veränderung 1 des Harnisches bilden die Fadenaugen der Litzen nicht mehr die ursprüngliche horizontale Linie, sondern bei Dicht er steUung einen B o gen, und bei Flüchtigerstellung einen Bogen nach unten. nach oben