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Die Fabrication von Flocken-und Perl-Stoffen von Robert Denk. IV. B. Die theoretische Weberei. Die theoretische Weberei ist bei genannten, nament lich bei den gemusterten Stoffen dieses Genres unstreitig ein Hauptfactor, sie erfordert ein gründliches Studium, — sehr viel Erfahrung muss ein Webermeister gesammelt haben, wenn er bei den heutigen Ansprüchen seinen Platz als solcher be haupten will. Bei Behandlung dieses Theiles werde ich mich nicht mit der Herstellungsweise, resp. Zusammensetzungslehre von Doppelstoff-Bindungen beschäftigen, sondern setze dabei voraus, dass dieses bereits erlernt sei. Hierbei erwähne ich, dass die Regeln der Anbindung eines zwei- oder mehrfachen Grund stoffes möglichst genau eingehalten werden mögen ; sollte man dies jedoch in einzelnen Fällen (z. B. um nicht eine gewisse Anzahl Schäfte oder Kämme überschreiten zu müssen) nicht ermöglichen können, so sei bemerkt, dass eine uncor- recte Anbindung (sobald nicht Unterkette über den Flocken schuss bindet!) hierbei weniger nachtheiligen Einfluss als bei andern Buckskinstoffen ausüben wird. Im Laufe der Zeit, namentlich der allerletzten, hat die Zahl der Herstellungsweisen für Bindungen und Entwürfe zu Flocken- und Perl-Stoffen ganz bedeutend zugenommen, und steht zu erwarten, dass wir damit noch lange nicht zu Ende sind, im Gegentheil noch viel Neues darin vorgeführt erhalten werden. — Behufs Herstellung von Bindungen obigen Genres fange ich mit denjenigen an, die aus einem 2fachen Grundstoffe bestehen und zu schweren Qualitäten gern ange wandt werden. Durch folgende Kettendurchschnittszeichnungen sollen solche im Verhältniss: 1 Ober- 1 Unter-Kette und 1 ,, 1 ,, Schuss vorgeführt werden. Die Zusammensetzungen von Grundstoffbindungen, wie solche durch die Figuren a, b und 4—6 dargestellt sind, kön nen nun, nachdem sie die nöthige Anbindung erhalten, zu einer unendlich grossen Anzahl von Flocken- oder Perlstoff- Effecten benutzt werden, sobald letztere eine Rapportzahl haben, die durch 4 theilbar ist. Die bezüglichen Effecte für den Grundstoff (Fig. 3) müssen dagegen einen durch 6 theilbaren Rapport besitzen. Ich werde nun zuerst verschiedene Zeichnungen vorfüh ren, die aus dem Köper (Fig. 10) abgeleitet sind, dessen Flocken schuss-Karten mau gleich, (während das gewählte Grundgewebe stets dasselbe bleibt) dazu verwenden kann. Die Kettendichte könnte hierbei zwischen 2400 und 4400 Fäden variiren. Die goldne Mitte davon wäre demnach 3400 ; je dichter man von hieraus einstellt, um so kürzer und feiner — und je weniger man Kettfäden nimmt, um so länger muss (und gröber kann) die Flockensehusswolle sein. Diese Berechnung der Einstellung etc. gilt nur für diejenigen Effektbindungen, deren Flocken schüsse stets über 9 Kettfäden flott liegen. Es wird ja ein leuchtend sein, dass z. B. ein über 6 Fäden bindender Schuss bei 2000 Kettfäden ebenso breit flott liegen muss als derjenige — bei 4000 Einstellung über 12 Kettfäden bindende. Dem nach muss andererseits bei gleicher Bindung und um die Hälfte verringerter Einstellung derselbe Schuss bei letzterer eine doppelt so breite Fläche Überspannen, als dies im ersteren Falle möglich wäre. Ist aber nun die Stapellänge der für den Flocken schuss angewandten Wolle kürzer als der Raum der über schossenen 9 Kettfäden (siehe Fig. 8 in Nr. 2) so folgt daraus, dass beim Rauhen alle d i e Wollhärehen dem Stoffe entzogen werden müssen, die an keinem ihrer beiden Enden von den 3 bindenden Kettfäden festgehalten werden, demnach eine Verringerung der Qualität eintreten muss. Hierdurch treten in der Disposition des betreffenden Webermeisters folgende 2 Eventualitäten ein: Man legt entweder die Bindung (auch Einstellung) nach der Stapellänge der bereits vorhandenen und gern zu verwendenden Wolle an —- oder das Rohmaterial muss für die einzelnen, abweichenden Effectbin dungen extra gewählt werden. Hier bei braucht man jedoch nicht so peinlich zu verfahren, wie sich dies Mancher der Herren Leser vorstellen mag — immerhin wird Derjenige aber sicher gehen, der den Wollstapel annähernd durchschnittlich in der Länge anwendet,als die Breite eines Kettenrapportes (in Fig. 10 also 12 Ober- und Unterfaden, in roher Waare gemessen) beträgt. Fig. io. Patentirte Jacquardmaschine der sächsischen Webstuhlfabrik (Louis Schönherr) in Chemnitz. Die von der sächsischen Webstuhlfabrik in Chemnitz i. S. seit December v. J. ausgegebeneu Jacquardmaschinen ver dienen mit Recht als ein bedeutender Fortschritt auf dem Gebiete der mechanischen Weberei hervorgehoben zu werden. Während bei den älteren, resp. ältesten Jacquardmaschi nen nur das Oberfach, und zwar horizontal ausgehoben wurde, die ganze Kette im Unterfach (in einem stumpfen Winkel) in Ruhe lag, konnten aus diesen Gründen viele Ge webe gar nicht, andere nur mit der Linkseite nach Oben hergestellt werden ; ferner verloren die einzelnen Platinen da durch bedeutend an Federkraft und verursachten oft genug fehlerhafte Waare, weil durch die Spannung der Kette letztere j den Harnischgewichten Widerstand leistete. 8 6 f 2 Diese Uebelstände wurden durch die in neuerer Zeit gefertigten Maschinen beseitigt und gaben der mechanischen W eberei einen neuen Impuls für die Harnischarbeit, indem