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Von dieser Ansicht geleitet, unterscheide ich obige Stoffe in zwei Haupt- und vier Unterclassen: 1. Flockenstoff: а) den glatten oder wilden б) den figuritten oder gemusterten. 2. Perlstoff: a) den glatten oder gewöhnlichen b) den figurirten oder gemusterten. Mit dem Namen Flockenstoff bezeichne ich alle die jenigen Waaren, die ein schafpelzartiges, zottiges Ansehen haben und deren einzelne Puppen (Flocken) im Kettendurch schnitt das Bild Fig. 1 zeigen; dagegen gilt der Ausdruck Fig. 1. Fig. 2. Perlstoff (Perle) denjenigen, deren Puppen wie Fig. 2 erscheinen. Anfänglich musste man auf mühsame Weise den die Flocke, respective Puppe, hergebenden Schuss mittelst einer Scheere etc. aufschneiden, bis in neuerer Zeit diese zeitraubende Manipulation durch die Rauherei ersetzt wird. In neuester Zeit hat man es sogar schon dahin gebracht, Velourstoffen mittelst Schablonen etc. ein flockenstoffähnliches, gemustertes Ansehen zu geben. Hierbei wird nach der mir näher bekannten Methode der Stoff z. B. bei geringer Kettendichte in fünf- oder aehtbindigem Schussatlas mit fünf-, respective achtbindigem Unterschuss gewebt, nach der Rauherei das Haar hochgeschlagen und der Stoff" hierauf getrocknet. Nun passirt letzterer eine einfache, aus einigen Walzen und einer hohlen und cylindrischen Blechschablone am Lang- scheer befindlichen Vorrichtung, wobei der Fond des Dessins von der Schablone niedergedrückt, die Einfassung hingegen weggeschoren wird; hierauf wird die Waare wieder nass gemacht, geklopft und nach dem Trocknen auf dem Langscheer gespitzt, so dass nun der Fond des Musters erhaben, die Einfassung dagegen tief erscheint. Äusser dieser Methode gibt es noch einige andere, die sich aber im Princip ziemlich gleich bleiben Bildung einer Flocke, Puppe oder Perle. Eine einzelne Flocke etc. entsteht dadurch, dass in der Weberei auf einem ein- oder mehrfachen Grundgewebe ein sehr starker, weicher Schuss extra eingetragen wird, welcher eine grössere Anzahl Kettfäden überbindet, also sehr flott liegt und in Folge dessen in der Appretur ziemlich oder gänzlich durchgerauht wird. Zum besseren Verständnis des eben Gesagten mögen nebenstehende Zeichnungen dienen: Fig. 7 zeigt den Kettendurchschnitt eines rohen Flocken stoffes, dessen Grundstoff aus einem in Tuch bindenden Ober- uud einem in vierschäftigen Effectköper bindenden Unter gewebe besteht; der Flockenschuss verflechtet sich in zwölf bindigen Köpern: drei oben, neun unten. Es ist einleuchtend, dass durch vieles Rauhen dieser weiche Flockenschuss endlich aufgelöst werden muss und wird das genau in der Mitte dieser neun überschossenen Kettfäden, also über dem fünften derselben stattfinden. Dieses Stadium des Stoffes soll durch Fig. 9 dargestellt werden. Jeder durchgerauhte Flockenschuss bildet jetzt zwei Flügel, von denen jeder einzelne in Folge seiner Wollfülle sich mit den jenigen vereinigen kann, der mit ihm durch dieselben drei Kettfäden angebunden ist; ja durch spätere Manipulationen der Appretur — wie Bürsten, Würgeln etc. — werden letztere drei Kettfäden so verdeckt, dass sie gänzlich dem Auge entschwinden. Beide Flügel bilden jetzt vereint eine volle Puppe, Perle oder Flocke, wie solche bereits durch Fig. 1 und 2 gezeigt wurden. Halbe Puppen entstehen dann, wenn durch sehr breite Anbindung des Flockenschusses beide Flügel nach oder während des Rauhens sich nicht vereinigen können, welches bei Fig. 8 der Fall sein würde. Hierzu muss man oftmals, um ein vor geschriebenes Dessin ausführen zu können, seine Zuflucht nehmen, alsdann muss man aber auch den betreffenden Flockenschuss etwas stärker, respective dicker anwenden. Fig. 7. Fig. S. Fig. i>. Nach dem Vorausgeschickten käme die Fabrikation selbst in allgemeinen Umrissen zur Sprache. Fangen wir mit dem Rohmaterial an, so ist in erster Linie von grosser Wichtigkeit, welche Qualitäten zu diesem oder jenem Flockenstoff-Genre angewandt werden. Hierin (beim Flocken schuss) wird vielfach gefehlt und Viele denken, so genau könne es dabei nicht ankommen; in den meisten Fällen wird sich jedoch der Fehler dadurch rächen, dass ein genau nach Original gefertigtes Dessin einen ganz anderen Ausdruck zeigt, trotzdem Bindung, Garnverhältniss etc. genau einge- gehalten wurden. — Will man den sogenannten wilden F lockenstoff anfertigen, so muss unbedingt Wolle von sehr langem, offenem Stapel dazu genommen werden. Bei gemusterten Flockenstoffen kann schon der Stapel ein wenig kürzer sein. Zu gewöhnlichen, wie gemusterten Perlstoffen dagegen muss ein langer Stapel vermieden werden; wer hiezu, wie sehr häufig geschieht, zu lange Wolle nimmt, wird immer ein leeres Dessin damit zu Wege bringen, — ebenso Derjenige, der aus kurzer Wolle Flockenstoff machen wollte. Wenn ich oben sagte, dass diese Fehler oft gemacht werden, so kommt dies daher, dass in den meisten Fabriken ein Unterschied zwischen Kurz und Lang nicht gemacht wird, daher Flocken- als Perl-Schuss und umgekehrt benutzt wird, — es wird eben Beides aus ein und demselben Kasten ge nommen. Es muss ja Jedem einleuchten, dass man zur Er zielung einer langen Flocke, die aus vielen Wollhärchen bestehen muss, keine kurze Wolle nehmen, also auch keinen guten Flockenstoff erhalten kann; dass es ferner im entgegen gesetzten Falle unpraktisch ist, zu einer kurz sein sollenden Puppe langes Material zu nehmen, da der Ueberschuss an Puppenlänge abgeschnitten werden muss (Siehe Fig. 2). Der auf diese Weise dem Stoffe in beträchtlichem Maasse verloren gehende Theil Wolle fehlt aber doch zur Ausfüllung der einzelnen Puppen — solche Waare würde daher auf ihrer Oberseite weniger wollreich als diejenige sein, für die man vom Hause aus das richtige kürzere Material anwandte. Erwähnt zu werden verdient noch, dass zu Flockenstoffen eine ziemlich grobe Wolle genommen werden kann, während zu Perl stoffen mittlere und feinere Sorten zu empfehlen sind. In Flockenstoff-Primawaare findet man jedoch ebenfalls sehr feine Wollqualitäten vertreten In der Färberei muss streng darauf geachtet werden,