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18 Der Webst uh I und seine Verbesserungen innerhalb der letzten 25 Jahre. Wenn man die bedeutenden Veränderungen und Ver besserungen betrachtet, welche in den letzten 25 Jahren bei den Maschinen für Spinnerei und Weberei eingeführt worden sind, so muss man gestehen, dass diese in manchen Fällen eine totale Umwälzung der Manipulationen hervorgebracht haben; wir brauchen hier nur die Einführung der Selfactor, der Zettel- und Schlichtmaschinen zu nennen, um auf einige der Hauptveränderungen hinzudeuten. Ein Gleiches findet bei den Webstühlen für gemusterte und fac;onirte Stoffe Anwen dung. Es muss daher bei genauerem Nachdenken um so mehr auffallen, dass in der Construction der Stühle für uni Cotone fast keine Veränderung von Wichtigkeit vorgekommen ist. Die Bauart des Stuhles, die Construction, das Princip aller Bewe gungen ist seit dreissig Jahren genau dasselbe geblieben und nur in einzelnen Theilen sind einige Verbesserungen und Aenderungen vorgekommen, deren Annahme aber keinesfalls durchgreifend gewesen ist. So z. B. ist an der Schlagvorrichtung, ob Ober- oder Unterschlag, auch nicht das Mindeste verändert worden; die Bewegung der Lade und die Art sie anzubringen, ist auch unverändert, ebenso die Bewegungsvorrichtung der Geschirre. An der Lade selbst sind einige kleine Verbesserungen angebracht worden, z. B. eine bewegliche Bremsvorrichtung in dem Schützen kasten, welche höher oder niedriger geschraubt werden kann, in dem Maasse wie die Schütze ausschleisst, so dass sie dem nach ganz gerade läuft. Die Ladenschwerter, mit denen sie mit der unteren vibrirenden Welle in Verbindung steht, werden zuweilen aus Holz anstatt aus Eisen gemacht, um anscheinend der Lade mehr Elasticität zu geben ; dies hat aber keine beson dere Anerkennung gefunden, da es mehr theoretische als prak tische Vortheile sind. Man hat hierbei nämlich mehr an die Handweberei und weniger an die mechanische Weberei gedacht, da bei letzterer die Lade ja nur so weit Vorgehen kann, als es die Ladenarme erlauben, und der Vorgang ein Schieben, nicht aber ein Schlagen ist. Die einzige Veränderung bei den Trittexcentern ist die jenige, dass diese in den letzten Jahren mehr rund als excentrisch gemacht werden, um auf diese Weise den Gang der Geschirre sanfter zu machen und das Stossen zu vermeiden. Die Abladevorrichtung des Garnbaumes, eines der schwersten Probleme bei der mechanischen Weberei, hat zu einer Menge von Versuchen und Patenten Veranlassung gegeben ; man hat auf alle mögliche Weise versucht, die Spannung zu erhalten, diese im Momente nachzulassen, wo das Garn kreuzt, und gleichzeitig so viel abzuladen, als bei jedem Schüsse von dem Baume abgezogen wird ; trotz der mannigfachen Vorrichtungen bleibt aber doch die Seilbeschweruug die am Meisten ange wandte. In gleicher Weise hat der Aufnahmebaum für die Waare grosse Aufmerksamkeit erhalten, da es ganz von seiner genauen Rundung und Geradheit abhängt, ob die Waare egal wird oder nicht. Der frühere Baum aus solidem Holz mit ein geschlagenen Zapfen an jedem Ende und mit gemahlenem Glas überzogen, ist fast ganz verschwunden ; alle hölzernen Bäume werden jetzt aus schmalen Latten, welche auf drei oder vier Scheiben genagelt sind, zusammen gebaut , so dass sie sich weniger verziehen können, und geht dann eine eiserne Welle durch die ganze Länge hindurch. Statt des gemahlenen Glases, welches beständig erneuert werden musste, nimmt man jetzt durchlöchertes Eisen oder Stahlblech, entweder in Streifen oder Platten. Seit einigen Jahren werden aber diese Aufnahme bäume vielseitig aus Eisen gemacht, um einen ganz genauen Cylinder zu erhalten Für wollene und halbwollene Waaren werden sie dann in Gusseisen genommen, welches genau ab gedreht und nach zwei sich kreuzenden Richtungen geschnitten wird ; für baumwollene Waare, namentlich solche, welche viel Schlichte erhält, ist dies aber nicht immer passend, da der Schnitt oft rasch abgestumpft und dann erneuert werden muss. Man bat vielmehr für Cotone die eiserne Walze einfach abgedreht, einige Reihen Löcher hineingebohrt und mit Holzstiften aus gefüllt, wie bei Krempelcylindern, und dann das durch löcherte Blech daraufgenagelt; dies gibt einen ausgezeichneten gleichmässigen und nicht zu theuren Baum. Zuweilen macht man den Baum auch aus gezogenen eisernen Röhren mit einer eingelegten Holzlatte, auf welche dann das Blech aufgenagelt wird. Die Spannstäbe sind auch im Allgemeinen im Principe nicht verändert, mit Ausnahme der schweizerischen Erfindung der mit Nadeln versehenen Ringe, welche täglich mehr Aufnahme finden ; in den Details der Ausführung und der Art der Be festigung sind indessen manche werthvolle Verbesserungen ein getreten, ohne jedoch das ursprüngliche Princip der Construc tion zu verändern. Wenn nun schon alle diese kleineren Veränderungen zur Ver- besseruug des Stuhles beigetragen haben, so würde deren Summe doch nicht von grossem Belange sein, wenn nicht die all gemeine Bauart des Stuhles verbessert worden wäre; das Ge stell wird schwerer gemacht; man hat gelernt, welche Theile stabil und schwer sein müssen, und welche rasch arbeiten müssen und deshalb leichter sein dürfen ; dabei werden alle Lager genauer ausgebohrt, zusammengefugte Stellen genau aus gehobelt und rechtwinkelig gemacht und auf die ganze Aus führung mehr Sorgfalt und Arbeit aufgewendet, so dass ein moderner Stuhl von einem Meter Blattbreite ruhig 200 Schläge per Minute machen kann, gegen 140, welches vor 25 Jahren das Maximum war. Wenn man bedenkt, dass bei seiner anscheinenden Einfach heit ein Webstuhl doch viele verschiedene Bewegungsprincipien enthält, welche total verschieden sind von denen in anderen Maschinen, so ist es nur der Vernunft angemessen, dass er sehr gute Ausführung bedingt. In Spinnmaschinen sind z. B. die meisten Bewegungen, jedenfalls alle mit grosser Ge schwindigkeit, rotirende, was ja an und für sich eine sanfte Bewegung ist; in dem Webstuhle sind aber die wichtigsten Bewegungen die des Tretens, Schlagens der Lade und der Wurf der Schütze reciprocirende, welche also bei jedem Gange au einem todten Punkte ankommen; wie viel mehl’ sollte da also auf gute Ausführung gedrungen werden, wenn diese todten Punkte zweihundertmal in jeder Minute überwunden werden sollen, die Bewegung also zweihundertmal in jeder Minute erneuert werden muss. -p Die Fabrikation der Flocken- und Perlstoffe von Robert Denk. (Nachdruck verboten.) A) Allgemeines. Flockenstoff (Floconne) nennt man bekanntlich eine Waare, die zu Winterüberziehern etc. benutzt wird, sich durch besondere Weichheit, in Folge dessen durch grosse Wärme auszeichnet und ferner, wie schon der Name ergibt, ein flockenartiges, für den Winter recht passendes Ansehen bietet. Diese Waare gewinnt von Jahr zu Jahr immer mehr an Beliebtheit, und kann man ihr sichel’ noch eine weitere grosse Zukunft zugestehen; hingegen gehen Ratine, namentljgh Double, Eskimo, Moskowa etc., welche die genannten Zwecke bis her, respective früher, vertraten, sichtlich zurück. Mit Zunahme des Consums, der gegenseitigen Concurrenz der Fabrikanten etc. hat sich auch der ursprüngliche Flocken stoff in seinem äusseren Ansehen wesentlich verändert, und bemüht man sich gegenwärtig — äusserst complicirte Dessins hineinzuarbeiten, was man noch vor sehr kurzer Zeit für eine Unmöglichkeit hingestellt haben würde. Durch diese eingetre tenen Veränderungen sind auch verschiedene Bezeichnungen, wie Perle, Ondoule, Wellend etc. für diese Waare entstanden. Bei vielen und namentlich bei einer grossen Anzahl der gegenwärtig beliebten Muster ist auch die Anwendung des Namen Flockenstoff nicht recht am Platze, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil das Dessin aus vielen, theils grös seren ■—- theils kleineren Körnern oder Perlen zusammen gesetzt erscheint, eine Flocke im eigentlichen Sinne aber nicht wahrzunehmen ist,