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ALLGEMEINE ZEITSCHRIFT FÜR TEITIL-INDUSTRIE. Redaction und Administration: II., Kaiser Josefs-Strasse 37. Abonnements-Preis für Oesterreich-Ungarn u. Deutschland incl. Postporto: Ganzjährig . . . . fl. 7.20 = 14 Mark Halbjährig . . . . „ 3.60 = 7 „ Für die übrigen Staaten mit entspre chendem Portozuschlage. Wissenschattl.-poDnläres Facbblatt für Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Färberei, Drnckerei, Bleicherei, Appretur nnfl verwandte Indnstrie-Zweige. Herausgegeben von PH. ZALUD u. S. FISCHER unter Mitwirkung hervorragender Fachmänner und Industrieller. Erscheint am 1. und 15. jedes Monats. Inseraten -Tarif. Die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum 15 kr. 30 Pf- Bei sechsmaliger Einschaltung 2OO/o „ zwölfmaliger „ 30 O/o Nachlass. Beilagen nach Uebereinkomraen. Stellen - Gesuche und Stellen - Offerte pro Zeile 8 kr. = 16 Pf. Abonnementsbestellungen du-eh alle Buchhandlungen. — Commissionär für den deutschen Buchhandel: Bernhard Hermann in Leipzig. — Alleinige Vertreter für die Schweiz: Grell, Füssli &. Cie. in Zürich, für Italien: Ulrico Hoepli in Mailand, für die Vereinigten Staaten Nordamerikas B. Westermann & Comp. in New-York. Nr. 22. Wien, am 15. November 1879. I. Jahrgang. Inhalt: Das Wissenswertheste über die Zusammenstellung farbiger Streichwollen, genannt Melangen. Von G. Buchholz — Selbstregulirende Garnbaumbremse für mechanische Webstühle. Von H. Vogt in Reutlingen. Mit Zeichnung.) — Verfahren eine fortlaufende Schrift oder dergleichen mir der gewöhnlichen Spitzvorrichtung zu weben. (Mit 2 Skizzen.) — Patentirte Häkelmaschine. Von Johann Schmitt in Coblenz. — Heinatine (Haematei'n) Von H. Wärter. — Original-Färberei-Recepto. (Mit 2 Nat^rinustern.) — Original-Druekerei-Recepte. (Mit 1 Muster.) — Vom Ma schinenmarkte. — Fachschulzeitung. — Fragekasten. — Literatur. — Correspon- denz. — Inserate. Das Wissenswertlieste über die Zusammen stellung farbiger Streich wollen, genannt Melangen. *) in. Im Allgemeinen drückt sich der Adel unserer guten deutschen Stämme erst so recht im fertigen Stoffe aus, wes halb auch diese vorzugsweise zu feinen und hochfeinen Tuchen und Stoffen Verwendung finden. Der Fabrikant feiner Rock stoffe in Reichenberg in Böhmen wird fast ausschliesslich zu seinem Fabrieat schlesische, besonders aber mährische und ungarische Einschuren verwenden; ganz ebenso wählt der Luckenwalder zu seinen als fein bekannten Sachen schlesische, märkische, ostpreussische und polnische resp. Herzogtümer Schur wollen. Grossenhain, das zu seiner Specialität (den mit Seide gemischten Stoffen, welche dort von einzelnen Firmen, wie: Gebrüder Naundorf, Tzschucke & Otto, Sächsische Tuchfabrik u. m. A. excellent ausgeführt und den besten französischen Sachen an die Seite gestellt werden) nur deutsche Schur wollen verwendet, verarbeitet Colonialwollen in nur geringem Maasse, und zwar nur in geringen Procentsätzen mit Schur wollen gemischt, pure aber nur zu seiner weiteren Specialität, den weichen, mulösen Ueberzieherstoffen, Floconne, Ratine und sonstigen pelzartigen Artikeln. Geradezu unentbehrlich aber sind die deutschen Schur wollen zur Fabrication feiner und hochfeiner Tuche und tuch artiger Stoffe mit Glanzappretur: Satin, Croise etc. etc., die vorzugsweise in Finsterwalde, Grossenhain, Reichenberg i. B. und in den preussischen Rheinlanden gearbeitet werden. Hier wird diese Appretur durch den natürlichen Glanz der Faser, sowie durch die kurzen Wellenlinien derselben sehr wesentlich unterstützt. Ebenbürtig zur Seite (in gewisser Beziehung sogar voran) stehen den feinen deutschen Stämmen die mährischen hoch feinen Einschuren, überhaupt die Wollen von den grossen fürstlichen Besitzungen, sowie den geistlichen Stiftungen in den verschiedenen österreichischen Kronländern diesseits und Siehe die Nrn. 14 und 16. jenseits der Leitha. Es sei bei dieser Gelegenheit nur an die Ausstellung der Wollen von den Stammschäfereien des Fürsten Schwarzenberg gelegentlich der Wiener Weltausstellung im Jahre 1873 erinnert, wo die bezüglichen Producte von den grossen Besitzungen des Fürsten die Bewunderung aller Woll kenner erregten. Nicht minder vorzüglich sind die Wollen von den ausgedehnten Besitzungen der ungarischen Magnaten, des Fürsten Esterhazy, Grafen Zichy u. m. A., sowie von den Capiteln verschiedener Bis- und Erzbisthümer. Ganz besonders sind die Lammwollen dieser Stämme ein vorzügliches Material für die Stichfarbe feiner Melangen. Schliesslich sei noch einer Wollgattung erwähnt, die sich für Melangen in mittleren Procentsätzen sehr gut eignet Es sind dies die ungarischen Zweischuren, die gerade in diesem Lande in bedeutenden Quantitäten producirt werden. Ihr kurzer Stapelbau gestattet eine leichte und gleichmässige Vertheilung in die längere Faser der Grundfarbe, so dass man, wenn sonst allen anderen Anforderungen bei Herstellung der Melangen Rechnung getragen wird, mit dieser Gattung Wolle ganz zufriedenstellende Resultate erzielt. Ihr zur Seite, mehr noch voran, steht das Haar des Jähr lings, respective die Jährlingswolle. Das Vliess des Jährlings bildet sozusagen den ITebergang von der Lammwolle zu der des ausgewachsenen Schafes, und zwar derart, dass es in Be zug auf Weichheit und Stapelbau noch den Charakter des Lammvliesses an sieh trägt, während die Länge der Faser selbst schon an die des ausgewachsenen Thieres erinnert. Die Faser des Jährlingsvliesses ist somit ein sehr passendes Ma terial für Melangen, und zwar für die Stichfarbe derselben, und nimmt gleich neben der Lammwolle die erste Stelle ein. In rationell geleiteten Schäfereien werden die Wollen vom Mutter-, Hammel- und Jährlingsvieh besonders gesackt, und thut man daher gut, sich die letztere für geeignete Zwecke zu reserviren. Ein weiteres Material für den in Rede stehenden Zweck sind die schon zu Anfang dieser Abhandlung erwähnten ver schiedenen Gattungen von Wollen, die einestheils vom Fell des geschlachteten Viehes geschnitten oder abgestossen oder - gerauft werden. Enter ersterer versteht man die so genannte Schnittwolle, während die beiden letzteren all gemein unter der Bezeichnung „Gerberwolle“ in den Handel kommen. Sie sind meistens halbwüchsig, bald länger, bald kürzer und von gedrungenem und verhältnissmässig dichtem Stapelbau. Gerade diese letztere Eigenschaft befähigt sie, bei Zusammenstellungen der Melangen eine nicht unwichtige Rolle zu spielen, vorausgesetzt, dass die früher erwähnten Mängel der Gerberwollen, welche vom Fell gestossen werden,