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Appretur der Tuche und Buckskins. Von allen Operationen, welche die Appretur der Tuch stoffe betreffen, ist die des Walkens die wichtigste. Durch die Walke wird eine Verfilzung der Wollhärchen auf beiden Oberflächen des Tuches beabsichtigt. Diese Verfilzung erstreckt sich bei starker Walke auch dergestalt auf das Innere des Stoffes, dass man aus gutem Tuche die einzelnen Fäden nur schwer und nicht anders, als in kurzen Stückchen lostrennen kann. Die lockere, weiche Beschaffenheit des Garns, die un regelmässige Lage der Haare in dem Faden, die Kürze und Kräuselung der Streichwolle, ferner der Druck und das Kneten des StOifes in der Maschine in Verbindung mit Nässe, Ge schmeidigkeit (Seife) und Wärme bedingen den Walkprocess und die Verfilzung. Zum Durchnässen des Tuches in der Walke wirkt reines Wasser nicht hinlänglich , weil es die Wollfaser nicht hin reichend erweicht, daher ein Seifenzusatz von etwa 15° 0 Seife; bei ordinären Stoffen auch wol Seifen- und Urinzusatz. Man unter scheidet Hammerwalke und Walzenwalke ; erstere meistens für ganz ordinäre, schwere, letztere für feinere und bessere Waare Die Walzeuwalken verbrauchen weniger' Seifenspeise als die Hammerwalken, filzen schneller und mit geringerem Kraft verbrauch und befördern das Einwalken in der Breite mehr als in der Länge, welches letztere auf den Hammerwalken vorzugsweise geschieht. Für Tuche und Buckskins kommt fast nur die Walzen walke in Betracht. Die Aufgabe des Walkprocesses, abgesehen davon, auf welchen Maschinen er ausgeführt wird, besteht äusser in der Filz beförderung in der Herbeiführung eines Zusammenziehens des Ge webes. Dies letztere nennt man kurz den Schluss des Gewebes. Den Schluss eines Stoffes kann man aber auch grössten- theils durch entsprechende Anordnung der Dichten im Gewebe erreichen und es trägt sieh: Unter welchen Umständen muss man dicht einstellen (in der Weberei) und wenig walken, und unter welchen Voraussetzungen lose einstellen und viel walken? Alle Waaren, bei welchen man ein klares, unverwischtes Bild des Webeeffectes wünscht (z. B. bei Kammgarnimitationen), dürfen niemals breit im Stuhl eingestellt und lange Zeit ge walkt werden, vielmehr ist der Schluss des Gewebes schon auf dem Webstuhl durch Anwendung aller übrigen Mittel herzu stellen ; alle Waaren andererseits, bei denen man einen ver wischten , verwalkten, filz- und tuchartigen Effect, oder wie bei glatten Tüchern, eine Filzdecke erhalten will, müssen im Stuhl breit eingestellt und nachher gehörig gewalkt werden. Zu den Hilfsmitteln, welche einer Waare ohne Walke festen Schluss geben, gehören unter Anderem die dichte Ein stellung in Kette und Schuss, die Anwendung verhältniss- mässig dicker Fäden, die Benützung solcher Schnürungen, welche ein harmonisches Gewichts- und Fadenlänge-Verhält- niss für Kette und Schuss gestatten (Tuch), oder aber dem Fadensysteme, welches die geringere (weniger dichte) Faden anzahl an sich hat, grössere Garnaufnahme durch das Gewebe gestatten; feste Spannung und starkes Anschlägen der Lade; nicht zu starke Drehung der Garne ; Anfeuchten der Schussspulen etc. Reichen diese Hilfsmittel äusser der Walke nicht aus, so kann die Walke, -d. h. die länger an dauernde Walke, nur auf Kosten der Klarheit des Effectes angewendet werden, eventuell ist der Effect in dieser Anord nung der Fäden des Materials, der Schnürung etc, nicht ausführbar. Rücksichtlich der Wahl der Wollen sind sogenannte filz fähige Mollen und lose, lockere Wollen zu unterscheiden; erstere filzen immer gut, walken aber sowol langsam wie schnell ; dagegen filzen die lockeren, losen und langen Wollen selten gut, walken aber schnell ein. In diesem Falle entsteht ein schwammiger, loser Filz und unter diesem erscheint das rohe Gewebe. Nun ist es von der grössten Wichtigkeit, je nach der Natur der Gewebe und Wollen den Walkprocess zu verzögern, d. h. zu verlangsamen, oder auch zu beschleunigen Auch die Drehung des Garnes spielt dabei eine wichtige Rolle; hart gedrehte Garne walken langsam, lose gedrehte schneller ein. Hat man z. B. ein Stück, welches ausgzeichnete filzfähige Wolle enthält, aber aus irgend einem Grunde hart gedrehtes Garn und trotzdem starke Walke und Filz haben soll, so wird mau hiebei den Walkprocess etwas beschleunigen ; hat man ein Gewebe mit ganz kurzem Wollmaterial, das jedoch tuchartig werden soll und festen Schluss haben muss, so wird man den Walkprocess hiebei verzögern, d. h. künst lich verlangsamen. Im anderen Falle würde die kurze Wolle zu schnell ineinander krimpen, und zwar Filzdecke, aber keine genügende Filzdecke für die Rauherei liefern. Filzfähige kurze Wollen haben eine bei weitem grössere Fähigkeit, durch die Walke beeinflusst zu werden, als lange Wollen, zumal Kammwollen ; bei letzteren hört die Fähigkeit ferner einzukrimpen schon nach kurzer Walke auf und jedes längere Walken ist zwecklos, indem es nur Veranlassung gibt, die Festigkeit des Stoffes durch Abgehen von Flausen sehr zu alteriren. Lange und dennoch filzfahige Wollen, z B. Fein schuren, müssen, falls starker Filz verlangt wird, ebenfalls im Walkprocess verzögert worden. Das Gleiche ist nöthig, wenn das Einwalken in Länge und Breite nicht in der gleichen Zeit verlangt werden kann ; es muss alsdann der Walkprocess, sei es in der Länge des Stoffes, sei es in der Breite, ver zögert oder beschleunigt werden. Ein guter Walker kann die Fehler der Einstellung, Drehung der Garne, der nöthigen Schwere der Gespinnste und Garn menge in den meisten Fällen herausfinden und der Cor- rectur entgegenführen. Abgesehen von Wolle und Bindung etc. wird die intensivste, d. h. am besten Filzdecke producirende Walke dadurch herbeigeführt, dass man den Walkprocess sich langsam entwickeln lässt : daher Seifenspeisen, mässiger Druck. Jedes Forcireu ist dabei am unrechten Orte, die Wärme entwicklung muss allmälig kommen und durch das Laufen des Tuches am Walkkumpen ohne künstliche Mittel vermehrt werden. Gute Fettseifenspeise mit wenig wässerigem Zusatz und in nicht allzu reichlicher Menge ist das geeignete Walkmittel; gibt man Urin oder mehr Wasser hinzu, so wird der Filz process gestört, d h. unterbrochen; will man denselben nur verzögern, so ist fernerer Seifenzusatz, aber kein wässeriger Zusatz von Nöthen. Ob die Seifesspeise dick oder dünn zu bereiten sei, ist fraglich und hängt von der Waare ab: soll diese jedoch nicht i zu nass werden, so ist natürlich dickere Speise anzurathen. Wegen der Filzbeförderung ist dickere Speise stets besser wie dünnere : Schwierigkeiten entstehen nur (wenn man keine Maschine zur gleichmässigen Vertheilung der Walkseife in dem Stück hat) behufs gleichförmiger Seifenvertheilung über das ganze Stück hinweg. Bei dicken und schweren Winterstoffen ist die Seifenvertheilung natürlich am schwierig sten. Die Engländer haben für ihre dicken Mungo-Stoffe eine Art Wringmaschine, welche in der Mitte eine mit Seifenspeise gefüllte Mulde enthält, durch welche das zu walkende Stück hindurchgepresst wird, um so überall gleich mässig mit Speise benetzt zu werden. Diese einfache Maschine sollte in keiner Walkerei fehlen, denn das Aufgiessen der Speise auf das im Walkkumpen laufende Stück lässt immer hin einen grossen Theil der Seifenspeise verloren gehen, indem dieselbe unnütz im Walkkumpen hinspritzt. Dies gilt besonders für den Fall, dass die Walkspeise dickflüssig ist. Auf 7 bis 8 Eimer Wasser (jeder etwa 8 Liter enthaltend) nimmt man zur Bereitung der Walkspeise etwa 25 Kilo gute Kernseife, welche etwa 36 bis 38 Mark per 50 Kilo kostet. Dies gibt eine ziemlich dicke Seifen- oder Walkspeise. Am besten be reitet man die Seifenspeise in zwei Fässern, eine dünnere und eine dickere. Die dünnere bereitet man mit 30 Kilo Seife feingeschabt und etwa 12 Eimer (ä 8 Liter) 'Wasser. Dieses Gemisch erhitzt man durch Dampf bis zur Auflösung der Seife oder besser, man giesst kochendes Wasser auf die feingeschabte Seife und rührt so lange um, bis die Seife ge schmolzen ist. Die dickere Speise benützt man im Allgemeinen mehr für dünnere Stoffe, Paletots, Tuche etc., die dünnere für schwere Waare, Düffel mit Pelzunterschuss etc. C. St.