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ALLGEMEINE ZEITSCHRIFT FÜR TEXTIL-IXDÜSTRIE. Redaction und Administration: II.. Kaiser Josefs-Strasse 37. Abonnements-Preis excl. Postporto: Ganzjährig 6 fi. 12 Mark Halbjährig 3 „ - 6 „ Preis eines Exemplares 30 kr. ö. W. 60 Pfennige. Wisseusciiafti.-DODiiläres Fachblatt für Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei, Appretur und verwandte Industrie-Zweige. Herausgegeben von PH. ZALUD u. S. FISCHER unter Mitwirkung hervorragender Fachmänner und Industrieller. Lßrscheint am 1. und 15. jede-. IVlonats. Inseraten -Tarif. Die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum 15 kr. 30 Pf- Bei sechsmaliger Einschaltung 20 Q /o „ zwölfmaliger „ 30 0/q Nachlass. Beilagen nach Uebereinkommen. Stellen - Gesuche und Stellen - Offerte pro Zeile 8 kr. 16 Pf. Abonnementsbestellungen durch alle Buchhandlungen. — Commissionär für den deutschen Buchhandel: Bernhard Hermann in Leipzig. — Alleinige Vertreter für die Schweiz: Orell, Füssli & Cie. in Zürich, für Italien: Ulrico Hoepli in Mailand, für die Vereinigten Staaten Nordamerikas B. Westermann &. Comp. in New-York. Nr. 20. Wien, am 15. October 1879. I. Jahrgang. Tagesordnung für den am 19. d. um 10 Uhr Vormittags in Wien im Saale des Niederösterreichischen Gewerbevereines, I., Eschenbach gasse Nr. 11, stattfindenden Zweiten österreichischen Färbertag. 1. Begrüssung der Versammlung durch den Präsidenten des Niederösterreichischen Gewerbevereines und den Vorsitzen den des ersten österreichischen Färbertages. 2. Wahl eines Vorsitzenden, eines Vorsitzenden-Stellver- treters und zweier Schriftführer. 3. Antrag des vorbereitenden Ausschusses auf Erlassung einer Eingabe an die hohe k. k. Regierung, betreffend die Errichtung einer Färberschule, beziehungsweise einer Versuchs anstalt für Färberei. 4. Antrag des vorbereitenden Ausschusses auf Fassung einer Resolution, betreffend die Aufhebung des Appretur verfahrens. 5. Etwaige Anträge. Inhalt: Streichgarn-Spinnerei. — Das Oeffnen der Wolle. II. — Appretur der Tuche und Buckskins. Von Dr. C. St. — Modebericht. — Original-Druckerei-Recepte. — Patentirte Strähngarn-Drnckmaschine. Von Gebrüder Donath in Chemnitz. — (Mit Zeichnung und Druckprobe.) — Original-Färberei-Recepte. (Mit 3 Naturmustern.) — Appretur, die Fabrication der Zwischenfutter. Von H. Wärter. (Mit 2 Appreturmustern.) — Meinungsaustausch. — Vom Maschinenmarkte. — Fachschulzeitung. — Der zweite allgem. österreichische Färbertag in Wien. — Neue Erfindungen und Verbesserungen. — Fragekasten. — Correspondenz. — Inserate. Streichgarn-Spinnerei. „Zeit in der Zeit sparen.“ Die Produetionsföhigkeit einer Maschine oder einer Fabrik liegt nur ganz relativ in der langen Arbeitszeit, eine wesent liche Steigerung erfährt diese Fähigkeit durch die gehörige Ausnützung der Arbeitszeit vermittelst practischer Organi sation. Auf solche Weise wird Zeit in der Zeit gespart. Wir haben z. B. eine Spinnerei vor Augen, in welcher die Assorti mente in einem altersschwachen Gebäude auf der ersten Etage standen. Der Fussboden erzitterte bei der Arbeit dergestalt, dass die Tambours in Folge dessen nur 80 bis 90 Touren per Mi nute machen konnten, während gegossene und abgedrebte Tam bours vom grössten Umfange, auf Parterre und Steinfundament angebracht, eine Umdrehung von 120 per Minute, also 30 bis 40 mehr haben, worunter wir „Zeit in der Zeit sparen 1 ' ver stehen. Der Arbeiter, welcher Wolle auf der Wollmaschine auf legt, muss dieselbe stets über die ganze Fläche des Latten tisches ausgebreitet aufstreuen, und dann mit der Hand flach darüber hinfühlend untersuchen, ob sich nicht Kletten oder sonst andere schädliche Unreinlichkeiten in der Wolle be finden. Die Operation des Auflegens der Wolle auf den Tisch ist fast eine fortlaufende; der nachlässige Arbeiter aber macht sie zu einer stets unterbrochenen, indem er erst dann wieder Wolle auflegt, wenn die letzten Wollflocken der früheren Auflage in den Zähnen der Entrees verschwinden. Oft genug geschieht es sogar, dass der Arbeiter, um so schnell als mög lich mit der schwierigsten Art seiner Beschäftigung fertig zu werden, viel zu viel Wolle auf einmal auf die Wollmaschine bringt, um dadurch in kürzerer Zeit genügendes Gewicht an I Pelzen zu erzielen. Alsdann lässt er die Wollmaschine einfach still stehen, und braucht sie so lange nicht zu bedienen, bis die beiden andern Maschinen den übereilten Vorrath der Woll maschine aufgebraucht haben. Dadurch wird das regelrechte Verhältniss, welches zwischen den drei Maschinen bestehen soll, willkürlich und nicht zum Vortheil der Arbeit verschoben. Hat eine Spinnerei während mehrerer Tage (Feiertage) still gestanden und sind Pelze und Vorgarnwalzen inzwischen der Sonne oder Wärme ausgesetzt gewesen, so trocknen sie leicht ein und dem Spinner springen viele Fäden. Anfeuchten mit Wasser oder Wasserdampf macht sie alsdann schnell wieder geschmeidig. Bei feineren Vorgespinnsten lässt man die Vorgarnwalzen sich nicht so dick anfüllen, wie dies bei gröbern geschieht, denn je dicker die Walze, desto mehr zieht sie den Vorgarnfaden an sich heran, d. h, längt ibn während des Aufwickelns aus und ruft so bei dem späteren Verspinnen Ungleichheit in dei Faden stärke hervor. Besonders bei hochfeinen Garnen ist dies zu beachten. Doch dies sind kleinere Verstösse, welche der Spinnerei besitzer zwar wissen, aber, wenn er intelligente Arbeiter hat, diesen im Allgemeinen zu verbessern überlassen darf, viel wichtiger sind die Organisationsfehler und Fehler in der Anlage, welche der Unternehmer begeht oder in die er allmählig ohne beständige Wachsamkeit hiueingeräth. Der Grund dieser Fehler ist erstens sehr oft der Mangel eines klaren Verständnisses für die rationellen Erfordernisse, und zweitens die übel angebrachte, aber leider sehr verbreitete Sparsamkeit am unrichtigen Ort. Wenn man zehn Spinnereien besucht, wird man mindestens in fünf einen Wust von alten, kaum brauchbaren Maschinen und sonstigen Einrichtungen finden, welche neben den neuern aus alter Anhänglichkeit durchgeschleppt werden. Es ist dies, so sehr es auch den patriarchalischen Sinn entzücken mag, sehr wenig rationell und beschwert indirect auf ungemeine Weise das Gewinn- und Verlust-Conto. Hiezu zwei Beilagen,