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253 XV. Jahrgang. ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU. No. 23. 1897/98. am besten aus weichem Eisen, der Anker aus Gußeisen hergestellt. Die Polschuhe werden zweckmäßig so ausgeführt, daß sie leicht aus- geweehselt werden können. Solange die Spulendrähte stromlos sind, die Polschuhe daher nicht magnetisch sind, wird der Anker durch die Kraft der Feder F abgedrückt und von den Polstücken entfernt. Der Ingangsetzung des Wagens steht sonach weder ein magnetischer, noch ein Reibungs widerstand im Wege. Wird aber Strom in die Spule eingeleitet, so ziehen die Elektromagnete, indem sie die Federkraft überwinden, den Anker an sich heran, und es tritt zwischen dem letzteren und den Polschuhen eine enge Berührung ein, welche einen bedeutenden Reibungswiderstand verursacht. Befindet sich also während der Fahrt die Wagenachse und mit ihr der Anker in Drehung, so wird 'diese Drehung durch keinerlei Widerstand gehemmt, so lange, als die Bremse durch Stromeinleitung nicht bethätigt wird. Die Bremsung erfolgt durch Schließung des Stromkreises; die nächste Folge davon ist, daß die stark erregten Elektromagnete in dem Anker Wirbel ströme induzieren, wodurch ein kräftiger elektromagnetischer Wider stand eintritt, welcher die Fahrgeschwindigkeit verzögert. Die Elektro magnete können den Anker nicht anziehen, weil nebst der Feder kraft noch die Flugkraft der Gewichte der magnetischen Anziehung entgegenwirkt. Erst wenn durch die elektromagnetische Bremsung die Fahrgeschwindigkeit soweit abgenommen hat, daß die stemmende Kraft der Fluggewichte erlahmt, überwindet die magnetische An ziehung die Gegenkraft, der Anker wird an die Polschuhe ungezogen, die Reibung tritt in Wirksamkeit und der Wagen wird vollständig gebremst. Es ergänzen sich demnach die elektromagnetische und die Reibungsbremsung in zweckmäßiger Reihenfolge Besonders vorteilhaft ist diese neue Bremsvorrichtung in den Fällen, wo die elektrische Stromquelle sich im Wagen oder im Zuge selbst befindet, weil dann die elektrische Kraft zur Bremsung jeder zeit verläßlich zur Verfügung steht. Es wird dann jede andere Brems vorrichtung überflüssig, insbesondere kann von jeder Radbremsung Abstand genommen werden. — R. i Die Elektrizität an Bord von Handelsdampfern. Von C. Arldt. (Schluß.) Primärstation und Leitungs-Anlage. Hat sich sonach Drehstrombetrieb für die Elektromotoren an Bord als der entschieden günstigste herausgestellt, so ist er auch in Bezug auf die Beleuchtungs und Leitungsanlage an Bord von Handelsdampfern dem Gleichstrom überlegen. Zunächst ist die Bedienung der Dynamomaschinen in der Primärstation einfacher. Allerdings ist für die Erregung der Magnete eine besondere kleine Gleichstrom- maschine erforderlich, die jedoch nur für eine sehr geringe Leistung einzurichten ist und in einfachster Weise mit der Hauptmaschine gekuppelt wird. Sind Scheinwerfer mit zu betreiben, so wird die Erregermaschine, der verlangten Leistung dieser Scheinwerfer entsprechend, größer genommen, wie es z. B. bei den Dampfdynamomaschinen des Lloyddampfers „Königin Luise“ (Fig. 34', geschehen ist. Diese Maschinen sind in gedrängtester Form gebaut, indem die Dampfmaschine mit der Drehstrommaschine und der zugehörigen Er regerdynamo auf gemeinsamer Grundplatte aufgestellt ist. Die Leitungsanlage selbst gestaltet sich bei Drehstrom nicht wesentlich anders als bei Gleichstrom; nur bestehen die Hauptleitungen hier, gegenüber zwei Drähten bei Gleichstrom, aus drei Drähten, deren Gesamtquerschnitt jedoch nicht größer ist als dort. Es kommen aber für die Leitungsanlage hier noch zwei Eigenschaften des Drehstromes in Betracht, die gerade für Bordverhältnisse von größter Wichtigkeit sind. Die erste ist die, daß beim Ausschalten oder bei der Unterbrechung eines Drehstromes der Oeffnungsfunke wesentlich kleiner ausfällt als bei Gleichstrom, sodaß ein Lichtbogen, wie er bei dieser Stromart, falls zufällig langsam genug ausgeschaltet wird, leicht Vorkommen kann, völlig ausgeschlossen ist. Es dürfte also hierdurch die Feuersgefahr bei Drehstrom noch geringer werden, als sie bei Gleichstrom ohnehin schon ist. Der Drehstrom hat den weiteren Vorzug, daß er infolge seiner Zusammen setzung aus einzelnen Wechselströmen ohne jeglichen Einfluß auf den Kompaß ist. Wenn auch bei Gleichstrom durch das Zweileitersystem, d. h. die durch gehende Anwendung eines besonderen Bückleiters, eine Beeinflussung des Kom passes bei zweckmäßiger Anordnung erheblich vermindert werden kann, ja, wenn in besonderen Fällen eine solche Beeinflussung durch Messungen und Versuche zunächst überhaupt nicht wahrnehmbar ist, so kann dennoch der Gleichstrom einen Einfluß auf den gesamten Magnetismus des ganzen Schiffes ausüben, so daß die Kompaßkompensation in ihrer Wirkungsweise geändert wird und die bisher festgestellten Größen der Deviation nicht mehr gültig sind Selbst wenn die Leitungen möglichst dicht nebeneinander geführt sind und zehn oder mehr Meter weit von allen Kompassen entfernt liegen, kann eine derartige Beeinflusung des Schiffsmagnetismus unter Umständen noch eintreten, nachdem die elektrische Anlage bereits längere oder kürzere Zeit ohne Störung in Betrieb gewesen ist. Sie wird sich vielleicht zeigen, wenn bei besonders schwerem Seegange gerade die geeigneten Stromkreise eingeschaltet sind und unter Mitwirkung der Er schütterungen des Wellenschlages den Eisenmassen des Schiffskörpers eine Aenderung des Magnetismus sehr erleichtert wird. Bei Drehstrom ist dies da- gegegen unter allen Umstängen ausgeschlossen. Die vorstehenden Erörterungen über die Elektrizität an Bord von Handels dampfern lassen sich nun zu folgenden Ergebnissen zusammenfassen: 1. Bezüglich der Innenbeleuchtung durch Glühlampen sowie der Außen beleuchtung durch Scheinwerfer hat die Elektrizität an Bord der Handelsdampfer bereits die unbestrittene Herrschaft erlangt. 2. Für die Uebertragung von Signalen und Befehlen erscheint der elek trische Betrieb weitaus am geeignetsten. Fig. 34. 3. In Betreff der Kraftübertragung dürfte der Elektromor gleichfalls allen anderen Motoren überlegen sein, unter der Voraussetzung, daß als Stromart Drehstrom verwendet wird und daß eine besondere Primärstation für die Lösch- und Ladevorrichtungen nicht mehr an Bord mitzuführen ist. Elektrotechnische Gesellschaft zu Köln. Sitzung am 3. Mai 1897 M itteilungen des H. Fabrikant E. H. Geist Ueber Elektromotoren im Kölner Hafen. Sämtliche Krähne, Aufzüge und Spills im städtischen Hafen zu Köln werdeu hydraulisch betrieben. Zur Beschaffung des nötigen Druckwassers dienen 4 Pumpen, die in einem „Krafthause“ am äußersten Ende des eigentlichen Hafenbeckens aufgestellt sind. An getrieben werden dieselben durch Elektromotoren von je 70 PS. Außerdem stehen daselbst noch 3 Zubringerpumpen, von 7,5pferdigen Elektromotoren angetrieben, die das Wasser für Preßpumpen saugen. Die Kraft wird vom städtischen Elektrizitätswerk in Form von einphasigem Wechselstrom mit einer Spannung von 2000 Volt ge liefert. In 3 Transformatorensätzen, bestehend aus je 2 Transfor- motoren, jeder zu 35,000 Watt, wird diese hohe Spannung in 220 V. umgesetzt, mit welcher Spannung die großen Motoren laufen. Ge wählt wurden asynchrone Motoren, da dieselben sich für diesen Zweck am besten eignen. Die großen 70PS-Motoren bestehen aus einem Hauptmotor, einem Anwurfmotor, 3 Lagerböcken und Voll- und Leerlaufriem scheibe, alles auf einer Grundplatte montiert. Der Anwurfmotor, das 7,5 PS-Maschinenmodell, ist, wie der Hauptmotor, 12polig gewickelt. Normal 4polig geschaltet, würde dieser Motor 1500 Touren machen und dabei maximal 11 PS entwickeln. Bei der 12poligen Wickelung macht derselbe nur 500 Touren und müßte demgemäß nur V 3 seiner Maximalleistung haben. Jedoch hat der Motor ein bedeutend größeres Anzugsmoment, da derselbe zweiphasig gewickelt ist, und bringt den Hauptmotor in circa 1,5—2 Minuten auf Touren, das heißt über windet die Trägheit des großen Ankers und die Lagerreibung ziem lich rasch. Der Anker des Anwurfmotor* sitzt ohne besondere Lagerung fliegend auf derselben Achse wie der Hauptmotor. Er ist als Kurz- sehlußanker ausgebildet, das heißt in den Nuten des lamellierten Ankerreifens liegen Kupferstäbe, die auf beiden Seiten, wo sie aus dem Anker herausragen, durch Kupferringe verbunden sind und mit der stromführenden Leitung auf keine Weise in Verbindung stehen. Die Wickelung des induzierenden Teiles besteht aus Kupferband. Zum Anlauf nimmt der Motor 1700 Watt auf und würde zum Leer lauf, wenn die Hülfsphase ausgeschaltet ist, 2300 Watt brauchen. Nur ein kleiner Widerstand und ein Schalthebel sind nötig, um den Motor anzulassen. Der Leerlauf des Anwurfmotors wird jedoch gar nicht benutzt, sondern sobald der große Anker auf Touren ist, wird die Wickelung des Hauptmotors eingeschaltet. Dieser Motor, dessen induzierender Teil und Anker ebenso wie beim Anwurfmotor aus 0,5 mm dicken gelochten Eisenblechscheiben zusammengesetzt ist, hat den geringen Leerlaufstrom von 3900 Watt gleich 4 3 / 4 theo retischen PS, ein Energie-Aequivalent, mit welchem keine Dampf maschine gleicher Leistung auskommen würde im Leerlauf. Als , Schaltvorrichtung ist kein Regulier- oder sonstiger Widerstand, sondern