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XV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU. 1 No. 11. 1897/98. und F, gelagert. Diese beiden Anker werden durch einen gemein samen Hufeisenmagneten M polarisiert. Zwischen den Drehpunkten der Anker ist das Minutenrad R in den Platinen so gelagert, daß es an zwei gegenüber liegenden Stellen seines Umfanges in die Stahltriebe 1t,, welche auf den Ankerwellen sitzen, eingreift. Die Anker sind gegeneinander um 90° versetzt und haben einen schnabelähnlichen Ansatz; die Ansätze a, d, werden von dem permanenten Magnete zu Nordpolen und c, b, zu Südpolen gemacht. Geht durch die beiden Elektromagnete ein Strom so, daß die Pol schuhe a und b Südpole und daher c und d Nordpole werden, so findet folgendes statt. Zwischen dem Polschuh a und dem Anker ansatz a, und dem Polschuh c und Ankeransatz e, findet Anziehung, und zwischen den Teilen d d, und b b, Abstoßung statt. Infolge dieser Anziehungen und Abstoßungen bewegen sich beide Anker um 90’, in welcher Lage dann die Anker ungleichnamigen Polschuhen gegenüberstehen und festgehalten werden. Geht jetzt ein dem ersten entgegengesetzter Strom durch die Elektromagnete, so ändern die j Polschuhe ihre Polarität und die Anker bewegen sich wieder in | derselben Richtung um 90™ weiter. Die zwei polarisierten Anker werden von vier Elektromagnet- Polen beeinflußt und die dadurch entstehende Kraftwirkung mittels der Triebe auf das Minutenrad übertragen, das dadurch doppelt an getrieben wird, wodurch die Kraftwirkung gegenüber einem Elektro magneten mit nur zwei Polen (System Grau) und einfachen Rad antrieb bedeutend erhöht wird. Bei der beschriebenen Anordnung kann die Kraftwirkung auch noch dadurch erhöht werden, daß auf jeder der Ankerwellen statt einem Anker zwei kreuzweise Anker angebracht werden und jedes Ankerpaar durch einen besonderen Hufeisenmagneten polarisiert wird, wodurch statt einer vierfachen eine achtfache Wirkung entsteht, nämlich eine vierfache Abstoßung und eine vierfache Anziehung. Da bei dieser Anordnung vier Eisenanker vorhanden sind, so ist der Arbeitsinhalt bei der Bewegung groß und ein Hinausgehen über die Pole wegen des Beharrungsvermögens der Massen möglich. Um dies zu vermeiden ist eine Sperr- oder Fangvorrichtung angebracht, welche die richtige Einstellung der Anker bewirkt und ein Vor- und Rückwärtsschleudern derselben verhindert. Mit dieser Einrichtung können mit ganz schwachen Strömen die größten Zeiger fortbewegt werden. R. Die Londoner Röhrentunnelbahnen mit elektrischem Betriebe. (Fortsetzung.) Die zweite elektrische Untergrundbahn ist die seit 1894 im Baue begriffene Waterloo and City Eisenbahn, welche dazu bestimmt ist, den am südlichen Themse-Ufer in ungünstiger Lage befindlichen Endbahihof Waterloo der London und South Western Eisenbahn mit dem Mittelpunkte der City, die Bank und die geschäftsreichsten Teile der City, zu verbinden; dieselbe wird mit finanzieller Unterstützung der genannten Eisenhahn-Gesellschaft ausgeführt Die Bahn, welche gleichfalls die Themse unterfährt, erhält 2.55 km Länge und soll ohne Zwischenstationen hergestellt werden. 1 ) 4 ) Vergleiche auch: „Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens“ 1896, S. 170 und 4. Heft 1897, S. 87. Die Ausgestaltung dieser Untergrundhahn ist ähnlich der vorbesprochenen, nur wird der Durchmesser der Tunnelröhren, der sich doch als etwas zu knapp erwiesen hat von 32 auf 37 m erweitert. Der Bau ist mittelst eines von Gerüsten in der Themse aus abgeteuften Schachtes in Angriff genommen worden und unter der Themse sowie auf er hebliche Strecken beiderseits derselben fertiggestellt, wobei die Unterfahrung der unterirdischen Metropolitan Distriktbahn bei Blackfriars mit Hilfe von Druckluft ausgeführt ist. Eine interessante Strecke ist jene unter der Queen- Victoria Street zwischen Blackfriars und Mansion House, welche Straße seiner zeit bei Herstellung der Metropolitan Distriktbahn durchgebrochen wurde und diese Untergrundbahn, sowie ein mitten unter dieser angelegtes Siel von 2.6 m Weite enthält, nun aber noch von beiden Tunnelröhren der neuen Bahn der Lange nach in einer Tiefe von 14 bis 16 m unter der alten Untergrundbahn befahren wird. Die Kosten sind einschließlich der gesammten Ausrüstung auf ca. 10 Millionen Mark, also etwa 4 Millionen Mark pro Kilometer veranschlagt. Nach dem Tode Greathead’s wurde der in Tunnelsachen erprobte Ingenieur Dr. Alexander Kennedy für das Unternehmen gewannen. Während der letzten 6 Monate des vergangenen Jahres sind 335 m eingeleisige Tunnelstrecken zum größten Teile unter Druckluft hergestellt worden. Im Ganzen waren am 1. Januar 1897 4 km Tunnel fertig. Die Stationsarbeiten am Waterloo- Endbahnhof waren besonders schwierig, da die Tunnels dort unter dem Ver waltungsgebäude und unter dem Grundmauermerk mehrerer Pfeiler und Wider lager durchgeführt werden mußten, welche die Bögen des Waterloo-Bahnhofes der Siidwestbahn tragen. Der Baufortschritt war so bedeutend, daß die schwie rigsten Bauarbeiten als beendet anzusehen sind. Bei dem günstigen Baufort schritte ist zu erwarten, daß die Bahn lange vor dem für die Eröffnung fest gesetzten Termin im Juli 1898 betriebsfähig’ sein wird. Die dritte der Greathea d’schen Bahnen ist die im Jahre 1893 vom Parlamente coneessionierte Central London Untergrundbahn, die erst im Sommer 1895 in Angriff genommen wurde; dieselbe geht vom westlichen Vor ortegebiete bei Hammersmith aus, wird längs der Nordseite des großen Parkes und mitten durch das West-End unter Oxfort Street, dem Holborn-Viaduct und Cheapside entlang, das Herz der City zwischen der Bank of England und der Börse durchschneidend bis zum Bahnhöfe Liverpool Street der Great Easternbahn geführt und erhält eine Länge von 10’4 km mit 14 Haltestellen, einschließlich der Endstationen. * * * 6 ) Der Durchmesser der beiden Tunnels ist auch hier etwas größer als bei der ersten Bahn angenommen, aber mit 3’5 m als ausreichend er achtet worden. In den Stationen wird der Tunnel auf 21 Fuß ^6-41 mi Durch messer und 375 Fuß (114’38 m) Länge erweitert und mit weißglacierten Ziegeln verkleidet. Das Geleise besteht aus auf Querschwellen befestigten Schienen von 100 lhs Gewicht pro Yard (49 58 kg pro m). Das Kontaktsystem besteht aus einer zwischen den Fahrschienen angebrachten dritten Schiene und ist ähnlich jenen von der General Electric Co, auf den East Weymouth, Nantasket Beach and Berlin- Hartford Zweigbahnen der New York, New Haven & Hartford Eisenbahn aus geführten Einrichtungen. 6 ) Die Beförderung der Züge wird von 35 elektrischen Loeomotiven erfolgen, von denen jede ein Gewicht von 35 t und 2240 Ibs (36’016 tons) besitzt. Dieso Lokomotiven sind ähnlich jenen, die in dem Belt- line Tunnel der Baltimore und Ohio Eisenbahn verwendet werden. Da die Bahn unter einem der verkehrsreichsten Straßenzüge der Welt entlang geführt wird und eine weit größere Bedeutung als die City and South Londonbahn hat, sollen die Züge in Abständen von 2 */„ Minuten mit einer Geschwindigkeit von 14.5 engl, Meilen (23.33 km) pro Stunde einander folgen und aus 6 Wagen mit je 56 Sitzplätzen bestehen, also für 33'i Personen Platz bieten. Das Gewicht eines Zuges wird 40 t betragen. Von besonderem Interesse ist die Haltestelle,. welche unter dem wegen seines riesigen Verkehres weit berühmten Platze zwischen der Bank, der Börse und dem Mansionhouse her gestellt werden soll und den Namen Bank-Station erhielt. Der ganze Platz wird untertunnelt mit Treppenzugängen von den Ecken der Fußsteige sämtlicher einmündenden Straßen nach dem unteren Raume, der durch einen ringförmigen öffentlichen Fußweg umgrenzt wird, wodurch zugleich die bei dem ungeheueren Wagenverkehr längst gewünschte Unterführung für den gefahrlosen Durchgang von Fußgängern hergestellt wird. Im Uebrigen soll dieser untertunnelte Baum die Kassen und die obere Ausmündung der nach den Plattformen der Tunnel bahn hinabführenden Personen-Aufzüge aufnehmen. Auf der ganzen Linie werden 49 Aufzüge mit einer Ladefähigkeit von 15.000 lhs (6801 kg) oder 100 Personen pro Fahrt zur Ausführung kommen. Die Kraftstation wird zunächst der Shepard Bush Station errichtet, der Dampf von Babcock & Wilcox-Kessel geliefert und 6 Allis-Dampfmasehinen von je 1300 PS und aus 6 direkt angetriebenen Dynamos von je 850 Kilowatt Kapazität bestehen. Die Gesamt-Kapazität der Kraftstation wird 5100 Kilowatt oder 6800 PS betragen. Das angewendete elektrische System ist das dreiphasige, ähnlich dem von der General Electric Co, auf den Bahnen zwischen Lowel, Mass., und Nashna, N. H., und in Portland, Ore. zwischen dem Niagarafall und Buffalo und auf der Linie zwischen Dublin und Dalkey in Irland eingefürten Systeme. Es sind Verhandlungen im Zuge, um den Endpunkt der Waterloo- und City-Eisenbahn, die in Queen Victoria Street ausmündet, mit an diese Haltestelle anzuschließen und außerdem ist für die vorher erwähnte Verlängerung der City and South London Eisenbahn, welche die Richtung von King William Street nach Prince Street verfolgt und die Central-Londonbahn kreuzen soll, an dieser Stelle gleichfalls die Anlage einer Haltestelle in Aussicht genommen, sodaß dann zugleich mit Hilfe von Treppen oder Rampen ein Umsteigverkehr zwischen den tief liegenden Bahnsteigen dieser 3 Bahnen hergestellt werden kann. ß) Siehe „Engineer“ 10. Juli 1890. „The Central London Unterground Railway“, The Street Railway Journal, Julyl897, p.423. „Electricity on the London Central Unterground“, The Electrical Engineer, Juni 30, p. 733. 6 ) Vergleiche: Zeitung des Vereins D. E. V. Nr. 46 ex 1897, S. 426, „Elektrischer Eisenbahnbetrieb“, ferner The Electrical Engineer v. 9. Mai u. 9. Juni 1897, S. 535 u. 611.