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95 XV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 10. 1897/98. Flasche unter Zwischenschaltung einer feuchten Schnur einen Aus schlag von 55 Scalenteilen. Die Eisenmasse kann also nur bis zu einem gewissen Grade der Entladungsgeschwindigkeit folgen; die träge Masse vermag nicht den wechselnden Entladungen nachzukommen, wohl aber vermögen diese die Molekularnmagnete zu drehen. Wenn jedoch durch Zwischenschaltung von großen Widerständen, wie feuchte Schnüre sie darbieten, die Nadel der Ampere’schen Regel folgt, so geht die Entladung in Form eines Gleichstromes vor sich. Die Entladung einer Leydner Flasche mit dem gewöhnlichen Auslader erfolgt mit einem einzigen Knall und je nach der Elek trizitätsmenge und Schlagweite in Kugel- oder Zickzackform, also in Formen wie wir sie am Blitze beobachten. Schaltet man aber in die Funkenstrecke Widerstand ein, so wird aus dem Schlag ein Zischen, das mit weiterer Belastung an Stärke abnimmt und endlich, wie schon berührt, bei eingeschalteten Flüssigkeitswiderständen die Multiplicatornadel ablenkt, also wie ein Gleichstrom wirkt. Dieselbe Elektrizitätsmenge aus derselben Quelle kann somit, je nach der Belastung, als Wechsel- und als Gleichstrom auftreten. Sie kann, sogar beides nacheinander sein. Sie trifft den Auslader der Leydner Flasche bei der gewöhnlichen Entladung als Wechselstrom (Fig. 4)> und verläuft beim Auflegen im Auslader als Gleichstrom. Stellt man dem Konduktor einer Elektrisiermaschine eine oder mehrere Nadel spitzen gegenüber und unterbricht den Leiter in zwei Kugeln (Fig. 5), die einander genähert und von einander entfernt werden können, so strömt bei Berührung der Kugeln die Elektrizität geräuschlos ein und fließt zur Erde ab; im Finstern sieht man den Entladungsstrom in Gestalt feiner Fäden oder als Flächensehimmer auf die Spitzen übergehen; der Flächenschimmer zeigt sich, wenn dem Konduktor statt der Spitze eine scharfe Messerschneide gegenübersteht und er stellt einen Flächenblitz dar, d. h. einen stillen Ausgleich zwischen zwei Wolken in sehr feuchter verhältnismäßig gut leitender Luft in Form eines Gleichstroms. Entfernt man aber die Kugeln von ein ander, so treten Funken und Knall auf; dieser Funken wirkt auf den in einem früheren Artikel beschriebenen Cohärer, hat also' - §9999QQ *O» C t*<5 V»* * Fedderson’s Photographie. Spitzenrtiikung. Alternierende Entladung. Seitenentladung. oscillierenden Charakter. Eine elektrisch geladene Wolke kann mit einem Konduktor verglichen werden, der sich stets neu ladet. Der Pfarrer Procop Diviseh zu Preuditz bei Znaim in Mähren stellte 1754 diesen Wetterwolken seinen Wetterbaum mit sehr vielen in Eisenfeile gesteckte Eisenspitzen gegenüber, die Funkenentladungen sollen auf gehört haben, die Wolkenelektrizität strömte somit als Gleichstrom zur Erde. Wie Spitzen wirken auch Flammen und aus Schornsteinen aufsteigende Rauchwolken. Darum haben schon die Alten bei Heran nahen von Gewitterwolken Feuer angezündet um die Gewitterladung unschädlich zu machen, d. h. den Entladungsschlag in einen Ent ladungsstrom umzuwandeln. Wenn Feddersen in den Sehließungsbogen geladener Leydner Flaschen lange Stücke gut leitender Substanzen einschaltete und so den Leitungswiderstand vermehrte, so erschien das Funkenbild im rotierenden Spiegel in abwechselnd helle und dunkle Streifen, also gleichsam in eine Reihe aufeinander folgender durch dunkle Zwischen räume getrennter Funkenbilder zerlegt. Auf den photographischen Bildern zeigte der Entladungsschlag mit gut leitendem kürzerem Schließungsbogen an den Rändern ein regelmäßiges Alternieren der Lichstärke (Fig. 6). Dieses Alternieren deutet nach Feddersen auf ein Hin- und Herströmen der Entladungselektrizität. Wenn man in den Sekundärkreis eines Induktoriums eine Geißler-Röhre und eine Leydner Flasche (Fig. 7) derart einschaltet, daß man von dem einen Pol der Spirale einen Draht zum innern und von der einen Elektrode der Röhre einen Draht zum äußern Belege der Flasche führt, so wird bei jedem Oeffnungsschlag die Flasche geladen und die abgestoßene Elektrizität des äußern Beleges gleicht sich durch die Röhre mit der Elektrizität des andern Pol drahtes aus; bevor nun die Wiederschließung des Hauptstromes er folgt, entladet sich die Flasche wieder durch den Induktionsdraht und die Röhre hindurch, so daß letztere nun in einer dem Ladungs strome entgegengesetzter Richtung durchströmt wird. Daß die Röhre von abwechselnd gerichteten Strömen durchflossen wird, ergiebt sich zunächst daraus, daß an beiden Elektroden Glimmlicht auftritt und dann auch daraus, daß, wenn man den roten Lichtstrom der Einwirkung eines kräftigen Elektromagneten aussetzt, der rote Lichtstreifen in zwei getrennte Lichtstreifen zerlegt wird, welche durch den Magneten in verschiedener Weise abgelenkt werden. Mit diesem Hilfsmittel zeigt Paalzow, daß der Entladungsschlag einer Leydner Flasche durch eine Geißler-Röhre hindurch eine alternierende sei. Der Zickzackblitz ist aber ein Entladungsschlag und in den Höhen, in denen er erfolgt, dürfte die Luftverdünnung schon eine bedeutende, sich der in Geißler- Röhren nähernde sein, woraus sich auch teilweise seine außerordent liche Länge bis mehrere km erklären läßt. In Heft 41 der ETZ 1897 S. 639 spricht Prof. Koch über den Einfluß der Blitzschläge auf den Coherer (Cohärer, Fritter, Frittröhre); er schließt aus seinen Beobachtungen, daß es sich um Einwirkung von elektrischen Schwingungen handle, es scheint ihm damit mit großer Wahrscheinlichkeit der Beweis für die oscillatorische Natur der Blitzentladung erbracht zu sein; bisher hätte sieh diese Behaup tung auf gewisse merkwürdige Erscheinungen bei Blitzschlägen gestützt, die auf eine gewisse hierbei auftretende Impedanz oder verzögernden Widerstand VT 2 + «P L* in guten Leitern, mithin auf Wechselströme schließen ließen. In Heft 47 derselben Zeitschrift berichtet Dr. Englisch über seine Beobachtungen (1896) über die Einwirkung der Blitzschläge auf einen nach Professor Oberbeck’s Angaben konstruierten Coherer. Während nun 10 bis 15 km entfernte Gewitterentladungen den Coherer beeinflußten und auf langsame Schwingungen hinwiesen, haben andere Blitze, selbst wenn sie in der Nähe des Institutes niedergingen, auf den Coherer nicht gewirkt, Flächenblitze gar nie, dagegen scharfe Entladungen zwischen den Wolken ebenso häufig wie Blitze zwischen Erde und Wolke. Die oscillatorische Natur einzelner Blitze sei ferner durch Photogramme außer Zweifel gestellt. Die Flächenblitze sind also auch hiernach einfache Ausgleiche der entgegengesetzten Elektrizitäten nach der Zweifluidumhypothese oder ein Ausgleich des Ueberdruckes mit dem Unterdrück nach der Ein fluidumhypothese, ein breiter langsamer elektrischer Strom durch die sehr feuchte Atmosphäre hindurch; würde aber der Widerstand der Zwischenluft plötzlich erhöht, so würde der Flächenblitz, sich in den häufigeren sogenannten Zickzackblitz oder den Entladungsschlag mit KiUladuugssclilag uai.h Plante. oscillierendem Charakter umwandeln. Solch stille Ausgleiche treten auch auf im Wetterleuchten, das, da es am häufigsten im August erscheint, auch Aeugsteln genannt wird. Läßt man über berußtes Papier und Glas oder auf mit Semen Lycopodii bestreute Wasserflächen die Funken einer Influenzmaschine oder einer Leydner Flasche überschlagen, so erhält man eine gewundene Bahn, in der die positive Elektrizität in der mittelsten Linie dunklere Farbe und mehr Ausstrahlungen zeigt, also derselben Art ist, wie die Lichtenberg’schen Figuren. Aehnliche Verzweigungen zeigen Gips wände, über die der Blitzstrahl den Weg genommen hat. Bild 8 hat Plante mit seiner rheostatischen Maschine, einer Reihe von 80 Condensatoren, und 15 cm langen Funken und aufgesiebten Schwefel blumen erhalten; sie weist auf einen verzögernden Ausgleich beider Elektrizitäten hin, Oscillationen scheinen dabei kaum wirksam gewesen zu sein. Der Blitzregistrierapparat von Siemens & Halske beruht auf der ablenkenden Kraft galvanischer Ströme. Ein um eine horizontale Axe schwingender Eisenstab wird mit einer geringen Neigang gegen die Blitzleitung befestigt. Beim Durchgang der atmosphärischen Ent ladung durch die Leitungen soll der Eisenstab auf einen Augenblick senkrecht zu dieser gestellt werden und soll durch diese Ablenkung ein Zeigerwerk in Bewegung setzen. Der Blitzdurehgangszeiger von Zielenski besteht aus einer 12- Sternnadel, weil die magnetische Eigenschaft des Blitzschlages sieh auf keinen Fall in einer Ablenkung benachbarter Magnete resp. Eisenstäbe bemerkbar machen könne; er vermöge dagegen in den telegraphischen Galvanoskopnadeln den Magnetismus aufzuheben. Ein Blitzanzeiger dürfe nur bei einem Blitzschlag in Thätigkeit treten, elektrische Strömungen dagegen dürfen ihn, so stark sie auch sein mögen, nicht beeinflussen. Läßt man eine Condensatorentladung durch eine Spule fließen, in der ein Strahlkreuz schwebt, so daß zwei gegenüberstehende magnetisierte Arme parallel zu den Windungen stehen, so vernichtet der Schlag zunächst den Magnetismus in dieser Nadel, die folgenden Entladungsschläge dagegen magnetisieren die