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X.VIII. Jahrgang. 17 „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 2. iyfO/1901. Die elektro-automatische Dampfpfeife, die sich im Fübrerhause vor dem Lokomotivführer befindet, besteht aus einer allgemeinen Dampfpfeife, deren Bohr mit dem Kessel verbunden ist. Der Yentilzug der Pfeife trägt den Anker eines Hughes-Elektromagneten und gleichzeitig wirkt auf ihn eine kräftige Feder, die das Ventil öffnet, sobald der Magnet seinen Anker losläßt, und dies wird in dem Augenblick geschehen, wo durch eine auf dem Magnetkern ange brachte Spule ein Strom läuft, der auf den Magneten umpolarisierend wiikt. Das eine Ende der Bewickelung der Spule ist durch eine sorgfältig isolierte Leitung mit dem unter der Lokomotive angebrachten Stromabnehmer-Besen verbunden, wogegen das andere Ende der Spule mit dem Führerhause leitend verbunden ist und also durch die Bäder und Schienen mit der Erde in leitender Verbindung steht. Der Stromabnehmer-Besen besteht aus einer Keihe Borsten, aus harten, elastischen Kupferdrähten zusammengesetzt, die auf eine Metallplatte gelötet sind, die isoliert an der Lokomotive angebracht und die, wie vorhin erwähnt, leitend mit den Spulen des Elektromagneten verbunden ist. Steht das Distanzsignal auf „Halt“, ist der negative Pol der Batterie mit der Erde verbunden, und der Stromkreis, in den der Magnetpol geschaltet ist, wird also im selben Augenblick geschlossen werden, wo der Besen die Kontaktplatte berührt. Der Elektromagnet läßt dann seinen Anker los und der Pfeifenzug wird frei, so daß das Ventil von der Feder geöffnet werden kann, wodurch die Pfeife zum Tönen gebracht wird, was so lange dauert, bis der Lokomotivführer den Pfeifenzug' hinunterdrückt; dadurch wird der Anker wiederum vom Elektromagneten festgehalten, dessen Spule in dem Augenblick stromlos wurde, als der Besen die Kontaktplatte verlassen hat. Zeigt dagegen das Distanzsignal „freie Bahn“, wird der Stromkreis nicht vom Besen geschlossen und die Pfeife wird somit auch nicht in Thätigkeit gesetzt werden. Bald nachdem der Apparat konstruiert war, stellte man Versuche an, ihn mit der kontinuierlichen Zugbremse zu kombinieren. Obgleich diese Versuche in rein technischer Hinsicht zufriedenstellende Ergebnisse lieferten, gab die | Gesellschaft doch den Gedanken, einen solchen automatisch wirkenden Bremse- [ apparat einzuführen, auf, weil man es für unrichtig hielt, die Bremse unabhängig | vom Willen des Lokomotivführers oder sogar gegen seinen Willen bedienen zu lassen. Man hatte auch daran gedacht, den Apparat mit einem Indikator zu j kombinieren, der registrierte, wenn der Zug an einem Distanzsignal vorbeifuhr, ! das „Halt“ zeigt; da aber das Distanzsignal nur ein Anmeldesignal ist, das dem 1 Fahrreglement gemäß passiert werden kann, würde die Begistrierung einer i solchen Vorbeifahrt ohne Wert sein. Dagegen erwies es sich als zweckmäßig, j das „Krokodil“ an gewissen Haupt- und Kreuzungsstationen, wo es von besonderer Bedeutung war, das Personal von der Annäherung eines Zuges zu benach- j richtigen, mit einem Läuteapparat in Verbindung zu setzen, und dies geschah i in der Art, daß hinter dem „Krokodil“, das die Pfeife in Thätigkeit setzt, | wenn das Signal „Halt“ zeigt, gleichzeitig noch ein anderes angebracht wurde, i das immer wirkt, ob das Signal „Halt“ oder ,,freie Bahn“ zeigt. Wenn der Besen der Lokomotive über letzteres geht, wird nämlich ein Stromkreis geschlossen, in- den teils eine stark läutende Glocke, und teils ein Hughes- Elektromagnet geschaltet ist, durch dessen Einwirkung eine Scheibe hervor kommt und einen lokalen Stromkres schliießt, der eine elektrische Glocke mit starkem Ton zum Läuten bringt. Von derartigen Stationsanmeldesignalen hat die Gesellschaft ca. 125 installiert, während nicht weniger als ca. 17C0 Distanz signale mit „Krokodilen“ versehen sind. Wenn sich die Gesellschaft dafür entschied, an der Einführung der be schriebenen Sicherungsapparate festzuhalten, obgleich ihr im Laufe der Zeit zahlreiche andere Erfindungen zur Verfügung gestellt wurden, so geschah dies deshalb, weil der erwähnte Apparat folgende wesentliche Vorteile aufweist: Zunächst und vor allem zeigt sich in den 20 Jahren, in denen er auf den Linien der Gesellschaft zur Anwendung kam, daß der Apparat nicht die Ungelegen- j heiten im Gefolge hat, die bei jedem automatischen Sicherheitsapparat zu befürchten sind, nämlich, daß er dazu beiträgt, die Aufmerksamkeit des Loko" motivpersonals abzuschwächen und Unglücksfälle zu verursachen, wenn er einmal versagt. Was das Versagen betrifft, so ist dergleichen wohl in den ersten j Jahren eingetroffen, wo er in Gebrauch kam und bevor das ganze Material um- , gewandelt war, aber es zeigte sich jedesmal, daß der Fehler darin beruhte, daß kein Besen unter der Maschine angebracht war. Dergleichen kommt jetzt niemals vor. Der Apparat wird stets wirken, ungeachtet der Schnelligkeit, indem der Augenblick, in dem der Besen die Kontaktplatte berührt, selbst wenn die Fahrt ca. 120 km in der Stunde beträgt, genügt, um die Pfeife in Betrieb zu setzen, j Endlich hat sich gezeigt, daß der Besen selbst in starkem Schneewetter, ! Frost und Eisbelag die Kontaktplatte so rein fegt, daß der Apparat zuverlässig wirkt. Diese unbestreitbaren" Vorzüge waren es, die den Ausschlag bei der end- j gültigen Wahl der Sicherungsapparate gaben, und die Gesellschaft hat im j „Krokodil“ ein Mittel gefunden, mit dem sie sich zufrieden erklärt M. Neue Telephonstelle. Am 1. September d. J. wurde bei dem K.j Postamt Dunningen eine öffentliche Telephonstelle, an welche j einige Telephonteilnehmer angesehlossen sind, dem Betrieb übergeben. I Sie ist durch eine neue Leitung Rottweil-Dunningen—Schramberg mit i dem Telephonnetz des Landes in Verbindung gesetzt. Der Telephon- dienst wird auf die Postschalterstunden beschränkt. —W. W. Zur Vervollkommnung des Fernsprechers. Der „Telephonograph“, die im „Berliner Tageblatt“ schon j wiederholt besprochene aufsehenerregende Erfindung des dänischen j Ingenieurs Poulsen, ist in der letzten Zeit der Gegenstand vieler j und ausführlicher Abhandlungen gewesen. Dabei ist auch die Frage i erörtert worden, ob diese Erfindung für den alltäglichen Fernsprech verkehr nutzbar gemacht werden könne, ob sie im gewöhnlichen Leben anwendbar sei. Die Antwort darauf lautet: Eine derartige Verwendung sei in dreifacher Hinsicht nicht ausgeschlossen. Einmal lasse sieh der Telephonograph als selbstthätiger Ferngesprächauf nehmer gebrauchen. Zum Zweiten lasse es sich durch ihn ermög lichen, auf einem Drahte gleichzeitig mehrere Gespräche zu führen. Und drittens lasse sich die Erfindung als Fernsprechrelais, als Vor richtung, durch die es ermöglicht wird, daß auf immer größere Ent fernungen telephoniert werden kann, verwerten. Dieser dreifache Nutzen des Telephonographen soll nicht unterschätzt werden. Die Verwendbarkeit als Relais, als Stromverstärker, kommt dem Fernsprechverkehr im Allgemeinen zu statten. Das Hindernis der Entfernung wird dadurch immer mehr beseitigt und schließlich ganz aufgehoben. Wie es für den Fernschreiber keine Entfernungen mehr giebt, so wird es vielleicht auch für den Fernsprecher bald keine mehr geben. Ebenso einleuchtend ist der Nutzen, den die Möglichkeit gewährt, auf einem Drahte gleichzeitig mehrere Ge spräche zu führen- Im Fernschreib verkehr ist diese Möglichkeit bereits ziemlich weit ausgebildet. Es gelingt schon, über einen Draht gleichzeitig acht Telegramme, vier hin, vier zurück, gehen zu lassen. Aehnliche Erfolge müssen sich auch im Fernsprechverkehr erzielen lassen. Was das in den Hauptgeschäftsstunden für Verbindungen wie Berlin—Hamburg oder Berlin—Frankfurt am Main bedeutet^ braucht nicht erst auseinandergesetzt zu werden Nicht weniger klar ist der Vorteil, den die Möglichkeit gewährt, nicht nur einer am Fernsprecher stehenden Person sondern auch diesem Fernsprecher selbst eine getreue Aufbewahrung und Wiedergabe findende Mitteilung zu machen. Diese Eigenschaften des Telephonographen sind, wie bekannt, sehr schätzbar, aber in einem wichtigen Punkte, in dem der jetzige Fernsprecher dringend einer Vervoll kommnung bedarf, versagen sie ganz. Dieser Punkt, der namentlich die Presse angeht, betrifft die Uebermittelung längerer Nachrichten, die schriftlich, ■ das heißt stenographisch, festgehalten und dann zum weiteren Gebrauch aus der Kurzschrift in gewöhnliche Schrift übertragen werden müssen. Hier bietet sieh dem Erfindergeist ein ausgedehntes und fruchtbares Feld der Bethätigung. Hier sind die Verbesserungen zu suchen, die dem Telephon der Zukunft eigen sein werden. In erster Reihe kommt dabei in Betracht, daß der Apparat selbstthätig das ihm Zu gesprochene in Schriftzeichen wiedergiebt. Auch wenn diese Zeichen der Uebertragung bedürfen, ist das gegen den jetzigen Zustand schon ein wesentlicher Fortschritt. Der Telephonograph bringt diesen Fortschritt nicht. Er hält das ihm Zugesprochene zwar fest, aber phonographisch. Soll das, was der Phonograph erzählt, in Druck gelegt werden, so muß die Erzählung zuerst stenographiert und dann muß das Stenogramm in gewöhnliche Schrift übertragen werden. Wo bleibt da der Fortschritt? Da ist das gegenwärtige Verfahren noch besser, und zwar deshalb, weil der das Gespräch aufnehmende Stenograph, falls die telephonische Mitteilung unklar ist, durch sofortige Anfrage die nötige' Aufklärung zu schaffen ver mag Beim Phonographen ist das ausgeschlossen. Mehr als der Telephonograph scheint, so weit es sich um den Nachrichtendienst für Zeitungen handelt, eine neue Erfindung, die jüngst in London vorgeführt worden ist, zu versprechen. Diese Er findung nennt sich Telautograph und besteht darin, daß die Worte, die an dem einen Orte mit einem besonderen Stift auf eine be sondere, die Größe eines Quartbogens besitzende Platte geschrieben werden, an dem anderen Orte, der Hunderte von Kilometern entfernt sein kann, auf einer eben solchen Platte deutlich sichtbar werden. Der Berichterstatter einer Zeitung, der heute das, was er seinem Blatte zu telephonieren gedenkt, erst niederschreibt, würde also beim Telautographen nur das Niederschreiben nötig haben, und der Empfänger könnte sowohl den Stenographen, der sonst die Tele phongespräche aufnimmt, als auch den die Uebertragung des Steno gramms bewirkenden Schreiber sparen. Auf den ersten Blick sieht das sehr verlockend aus. Bei näherer Betrachtung aber ergeben sich gegen die Leistungen des Telautographen — abgesehen davon, daß die Erfindirng sozusagen noch im Werden begriffen ist — aller hand Bedenken. Der Telautograph setzt voraus, daß die zu übermittelnden Nachrichten niedergeschrieben werden. Wie aber, wenn es sich darum handelt, Nachrichten zu befördern, die gedruckt vorliegen, die aus Zeitungsausschnitten bestehen ? Dann müßte der Inhalt dieser Ausschnitte abgeschrieben werden. Ferner, und das ist die Hauptsache: Bei dem Niederschreiben für den Telautographen müßte man sich der gewöhnlichen Schrift bedienen. Das aber würde zu lange dauern. Für eine so geraume Zeit stände einem der Draht nicht zur Verfügung. Ein Hauptvorteil des Fernsprechers besteht darin, daß es möglich ist, in kurzer Zeit viel zu übermitteln. Dieser Vorteil ginge beim Telautographen verloren, ein Uebelstand, durch den die Vorzüge dieser Erfindung aufgewogen würden. Kurz, das Beste auf dem in Rede stehenden Gebiete bleibt der Fernsprecher, der gleichzeitig Fernschreiber ist Diese Vorrichtung aber, und zwar eine solche, die dem Alltagsverkehr dienen kann, ist noch zu erfinden. B. T. Verfahren zum Entvalkanisieren von Kautschuk. Es ist schon oft ver sucht worden, vulkanisierten Kautschuk, Guttapercha, Gummi und ähnliche Stoffe zu entvulkanisieren, bisher jedoch ohne befriedigenden technischen Erfolg.