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XVIII. Jahrgang. 15 „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU." No. 2. 1900/1901. vorteilhaft, die Spulen ab in Serie mit der Sekundärwicklung eines kleinen Transformators za schalten, dessen primäre Wicklung im Nebenschluß zum Hauptstrome liegt Bei der zweiten Ausführungsform ist die Anordnung der Neben schlußspulen ab dieselbe. Die Nebenschlußspulen de sind jedoch nicht hintereinander geschaltet, sondern jede ist mit der sekundären Wicklung von Transformatoren in Serie geschaltet, deren Primär wicklungen dickdrähtige, hintereinander in den Hauptsromkreis ein geschaltete Spulen sind. Die sekundären Spulen sind so gewickelt, daß sie bei wachsendem Hauptstrome den Strom der Spule d pro portional herabdrücken und den der Spule e verstärken. Die Spule e wirkt so auf die Spule b, daß die Scheibe c in dem einen Sinne gedreht wird, während die Spulen a und d die umgekehrte Dreh richtung zu erzeugen suchen Sind die Wirkungen gleich, so dreht sich die Scheibe nicht. Wächst aber der Strom in e und fällt in d, so wird das Gleichgewicht gestört und die Scheibe c wird sich rechts oder links herum drehen. Bei dieser Anordnung ändert sich ebenso wie bei der ersten die Zahl der die Scheibe durchsetzenden Kraft linien nicht, da sie an dem einen Pole in demselben Maße wächst, wie sie am andern fällt. —n. Vom Bodensee und Rhein. Die Vorarbeiten für das thur- gauische Elektrizitätswerk sind nahezu volllendet. An der Konkurrenz haben sich die größten Firmen der Schweiz und des Auslandes beteiligt. Die Union-Elektrizitätsg-esellsehaft in Berlin erhielt die Konzession für die Umwandlung der Metzer Straßenbahn in elektrischen Betrieb. • Die Stadt Altensteig wird demnächst elektrische Beleuchtung erhalten. Das ganze Werk ist ein Unternehmen von Kunstmüller Faist hier, der eine Wasserkraft von ca. 35 Pferdestärken zur Ein richtung des Werkes zur Verfügung hat. — W. W. Elektrizitätswerk in St. Ulrich. Die Zahl von kleineren Städten Südtirols, welche die günstigen Wasserkraftverhältnisse zur Anlage von Elektrizitätswerken ausnützen, ist kürzlich durch St. Ulrich bei Bozen vermehrt worden. Die Anlage soll vor Allem den Zwecken öffentlicher und privater Beleuchtung dienen und wird aus zwei Turbinen bestehen, welche je eine Gleichstrommasehine mit einer Leistung von 105 Kilowatt antreiben. Die Ausführung der elek trischen Einrichtung haben die österreichischen Schuckertwerke über nommen ; mit dem Bau wurde vor Kurzem begonnen. Berliner Strassenbahn. Der auf einigen Strecken bisher bestandene Straßenbahn-Betrieb mittels Akkumulatoren soll, da er sich nicht genügend bewährt habe, durch Betrieb mittels Oberleitung ersetzt werden. Der Schnellverkehr auf elektrischen Bahnen.*) Wie die „Elektrotechnische Zeitschrift“ mitteilt, hielt Herr Oberingenieur F. von Gerson einen Vortrag über den „Schnell verkehr auf elek rischen Bahnen im Gegensatz zu Dampfbahnen‘ in Wien und zwar wie folgt: Die Schwierigkeiten der Dampfbahnen, größere Geschwindig keiten als 90 Kilometer zu erzielen, sind verschiedener Art. Sie be ruhen auf der Notwendigkeit, ein sehr beträchtliches totes Gewicht mitzuschleppen, in dem namhaften Gewichtszuwachs durch Kohle und Wasser, in den mit Anfahren und Bremsen verbundenen Zeitver säumnissen und endlich in der Schwierigkeit, Züge mit sehr mannig faltigen Geschwindigkeiten auf ein und demselben Gleise zu bewegen, ohne in Kollisionen zu geraten. Die Gewichte der Expreßzug-Loko motiven in Amerika, England und Frankreich bewegen sich zwischen 45 und 60 t, sodaß auf die durchnittlich bewegten vier Wagen zu 25 Sitzplätzen - 100 Sitzplätzen im Mittel 50 t Lokomotivgewicht, also bei 50 °/ 0 Ausnützung etwa 1 t pro Sitzplatz, ferner an Wagen gewicht mit Rücksicht auf die steigenden Komfortansprüche 4 . 30 t und 15 t Gepäckwagen = 135 t, somit etwa 2,7 t, in Summa daher 3,7 t pro effektiv beförderten Passagier entfallen, was etwa 32 kg Zugkraft per Passagier bei 100 km Stundengeschwindigkeit entspricht Beim elektrischen Einzelwagenverkehr beträgt das analoge Gewicht j höchstens 2 t pro Passagier oder etwa 15 kg Zugkraft, somit sind schon bei 100 km Stundengeschwindigkeit etwa 50 °/ 0 erspart. Er wägt man, daß die Pferdekraft im elektrischen Betriebe etwa mit *) Eingesandt von Herrn Hugo Krupp, Hannover. 60 °/ 0 Brennmaterialersparnis gegenüber dem Lokomotivbetrieb ge liefert wird, so zeigt sich eine Ersparnis von 80 °/ 0 an Kohle bei gleicher Geschwindigkeit. — Selbst auf gerader und horizontaler Bahn ist die ideal erreichbare Lokomotiv-Geschwindigkeit dadurch beschränkt, daß einerseits die Widerstände mit zunehmender Ge schwindigkeit wachsen, andererseits die Zugkraft ein Siebentel des auf den Triebrädern lastenden Druckes (Adhäsionsgewicht) nicht übersteigen kann ; somit beträgt die ideale Maximalgeschwindigkeit einer 50 t schweren Lokomotive auf ebener und gerader Bahn etwa 260 km per Stunde. In der Praxis wird diese Ziffer nie erreicht werden, da die hierzu erforderlichen Kolbengeschwindigkeiten unzu lässig sind. Wohl aber sind in den Vereinigten Staaten Rekords von 163 bezw. 180 km per Stunde für Lokomotivgeschwindigkeiten geschaffen worden (am 9. Mai 1893 auf ebener horizontaler Strecke der New-York Central and Hudson river Rd., Empire State Express, Lokomolive No. 999 der Baldwin Works). Es ist nicht ohne In teresse, daß schon Stephenson schätzungsweise die erreichbare Maximalgeschwindigkeit einer Lokomotive mit 160 Stundenkilometer beziffert hat. — Die durch Anfahren und Bremsen bewirkten Zeit verluste sind bei Lokomotivbahnen umso bedeutender, als die bei Dampftraktion erzielbaren Accelerationen sich zwischen 0,5 und 0,15 m per Sekunde bewegen, somit bei einigermaßen geringen Stationsentfernungen (von z. B. 2,5 km) nur sehr geringe Fahr geschwindigkeiten im Maximum etwa 25 km per Stunde erzielt werden können, die kaum erreicht, sofort durch Bremsen wieder zerstört werden müssen. Die Verschiedenartigkeit der Geschwindig keiten bei den auf einem und demselben Gleise zu bewegenden Zügen bedingt zahlreiche direkt und indirekt zeitraubende Aufent halte, um ein Vorfahren der höherrangigen Schnellzüge zu ermöglichen. Bei wachsendem Verkehre entstehen hierdurch in rapid steigender Progression steigende Erfordernisse für Anlagen zur Ausweichen vermehrung und für Bahnhofsvergrößerungen, sowie für Vermehrung der Fahrbetriebsmittel, da letztere infolge verlängerter Aufenthalte langsamer zirkulieren. Hierdurch wurde man zu einer Differentiierung des Verkehrs in dem Sinne gedrängt, daß man versuchte, entweder den raschen Personen-Fernverkehr oder den Lokalverkehr der Städte und Umgebungen oder den Lastenverkehr von dem gemeinsamen Gleise abzuziehen. Während man sich den letzteren zwei Zielen einerseits dureh die Lokalbahnen und Tramways, andererseits durch den Wasser- (Kanal-) Transport der minderwertigen Güter näherte, hat man schon vor geraumer Zeit die Idee der elektrischen Traktion auf gegriffen, um den Nachteilen der Dampf traktion für den raschen Fernverkehr zu begegnen. Die bezüglichen Vorschläge bewegten sich auf drei Linien. Man versuchte die Zugförderung mittels einer elektrischen Lokomotive, deren Antrieb von einer auf der gleichen Plattform montierten gewöhnlichen Dampfmaschine besorgt wurde. (Heilmann’sche Lokomotive.) Dieser Versuch kann nach seinen Ausführungen als vollkommen mißglückt gelten. Zweitens versuchte man die Zugförderung mittels Akkumulatoren, ein System, das sehr verlockend aussieht, derzeit aber noch mit mannigfachen Nachteilen verbunden ist und sowohl bezüglich der Kosten als der Leistungsfähigkeit nicht den gestellten Anforderungen mit voller Sicherheit zu entsprechen vermag. Endlich bewegten sich die Ver suche auf dem Gebiet der eigentlichen elektrischen Traktion, die aus der Zuführung von in einer Zentrale erzeugtem Strom zu Elektro motoren besteht, welch letztere entweder auf den Fahrzeugen selbst oder auf einer Art elektrischen Lokomotive angebracht sind. Diese Traktion erlaubt, große Geschwindigkeit unter viel günstigeren Bedingungen als alle anderen Methoden zu erzielen, und hat man daher schon 1891—92 (Zipernowsky) das Projekt Budapest— Wien auf der Basis von 200 km Stundengeschwindigkeit und auch seither eine ganze Reihe von Projekten mit ähnlichen hochgestellten Gesehwindigkeitsziffern aufgestellt. Das Zipernowsky’sche Projekt litt an zahlreichen Mängeln in der eisenbahntechnischen Konzeption; sowohl die Anordnung der Gleise fast durchgängig auf Viadukten, als der bedeutende Abstand der Gleisachsen (10 m) wegen des viel zu hoch geschätzen Luftwiderstandes, und viele andere konstruktive Details gaben Anlaß zu berechtigter Kritik. Seither ist jedoch das Problem, Bahnen mit elektrischer Triebkraft für Erzielung von Ge schwindigkeiten von 160 bis 240 km pro Stunde zu erbauen, nicht mehr aus der Diskussion verschwunden. Zur Ausführung ist nur die 11 km lange nantasket-Beach-Linie der „Newyork-Newhaven and Hartford Road“ gelangt, auf der seit November 1895 mit 128 km Maximalgeschwindigkeit gefahren wird, jedoch bis 160 km erreicht werden können. Das System hat sich daselbst so gut bewährt, daß die 24 km lange Strecke Cohasset— Braintree dieser Gesellschaft nunmehr nach demselben betrieben werden soll. Derzeit ist auch .angeblich die Erbauung der 48 km langen Strecke Liverpool—Manchester nach dem Eisenbahnschienensystem Bahr im Zuge, auf welcher eine Stundengeschwindigkeit von 150 km erreicht werden soll. Die konstruktive Anordnung dieses Systems ist jedoch nicht über jeden Zweifel erhaben. Endlich hat sich in den letzten Monaten, wie bekannt, in Berlin unter der Aegide der allerersten dortigen Bank- und Industrie- firmen und unter aktiver Teilnahme hoher staatlicher und militärischer Fachmänner die Studien-Gesellschaft für elektrische Schnellbahnen gebildet, die ihr ganzes 1 1 / 2 Mill Mk. betragendes Kapital dem theoretischen und praktischen Studium dieses neuen Bahnsystems