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XVIII. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 23. 1900/1901. 250 Bremsschaltiing für Nebenschlussmotoren. Elektrische Nebenschlußmotoren bremst man gewöhnlich in der Weise, daß man beim Aussehalten die Ankerwicklung kurz schließt und das Feld weiter erregt hält. Dieses Verfahren besitzt den Nachteil eines verhältnismäßig erheblichen Stromverbrauches, besonders wenn nicht stets für die schleunige Ausschaltung der Magnetwicklung bei Stillstand des Motors gesorgt wird, was in der Praxis durchaus nicht immer der Fall ist. Der dadurch sich ergebende Mehr verbrauch an Strom kommt recht sehr in Betracht, wenn es um eine größere Anzahl von Motoren, z. B. um diejenigen der Munitions aufzüge auf Kriegsschiffen, sich handelt. Die ehemalige Aktien - Gesellschaft Elektrizitätswerke in Niedersedlitz bei Dresden hatte eine Sehaltungs-Anordnung ge troffen, bei welcher die Bremsung bei Ausschaltung der Magnet wicklung erfolgt. Sie wird in der Weise bewirkt, daß die bei Ab schaltung der Magnetwicklung in ihr vorhandene elektromotorische Kraft der Selbstinduktion zur Induzierung eines Bremsstromes in der dann kurz geschlossenen Ankerwicklung ausgenutzt wird. In den Figuren 1 und 2 ist die Sehaltungsweise zur Darstellung gebracht. Die Stromschlußstücke a, b, e und das nach rechts und links verschiebbare Stromsehlußstück d stellen schematisch die Schalt vorrichtung dar, durch welche der Motor in bekannter Weise an gelassen wird. Die Betriebsstellung, diejenige, in welcher die Vorschalt widerstände abgeschaltet sind, ist durch eine punktierte Linie bezeichnet. Die Ausschaltung geschieht durch die Verschiebung des Stromschlußstückes d nach rechts. Zunächst werden die Widerstände der Ankerwicklung vorgeschaltet, sodann erfolgt die gänzliche Ab schaltung von der Stromschlußschiene c, wobei durch die Verbindungs leitung e in bekannter Weise Magnetwicklung, Ankerwicklung und Widerstand in sich geschlossen bleiben, sodaß der Motor, als Erzeugungsmaschine laufend, sich selbst erregt. Nach der Abschaltung des Motors von der Stromschlußschiene c wird nun nach der Darstellung in Figur 1 durch die Verbindung der Stromschlußstücke f und g mittels d eine neue Verbindung hergestellt und dadurch eine außerordentlich kräftige Bremsung herbeigeführt. Die Entstehung des Bremsstromes ist wie folgt zu erklären. Durch die neue Verbindung wird einerseits ein Stromkreis gebildet, der nur die Magnetwicklung und den Vorschaltwiderstand enthält, andererseits wird der Anker kurz geschlossen. In dem neu gebildeten Stromkreis kann alsbald der Extrastrom der Magnet wicklung verlaufen, sodaß die Magnetisierung der Feldmagnete während des nach der bekannten logarithmischen Kurve erfolgenden Verlaufes des Extrastromes aufrecht erhalten bleibt. Da der Anker auf einen Kurzschluß arbeitet, ist der erzeugte Strom äußerst kräftig und bewirkt eine höchst starke Bremsung. Um nachzuweisen, daß die beobachtete Bremswirkung in der That auf die durch den Verlauf des Extrastromes herbeigeführte Magnetisierung zurückzuführen ist, wurde die in Figur 2 dargestellte Schaltung hergestellt. Wird d schnell in die Stellung f g geführt, so tritt die Bremswirkung wie vorher ein. Wird jedoch auf Stellung h g für kurze Zeit Halt gemacht und dann erst die Stellung f g hergestellt, so läßt sich eine Bremswirkung nicht beobachten. Offenbar ist das darauf zurückzuführen, daß der Extrastrom während des Verweilens von d auf hg bereits abgelaufen ist, denn auch in dieser Stellung sind die Enden der Magnetwicklung miteinander verbunden und bei Erreichung der Stellung f g keine Magnetisierung des Ankers mehr herbeiführt, sodaß ein Bremsstrom nicht erzeugt wird. Daß in der Stellung h g eine nennenswerte Bremswirkung noch nicht eintritt, liegt daran, daß bei dieser Schaltung der Anker nicht kurz, sondern über den ganzen Vorschaltwiderstand geschlossen ist, sodaß der erzeugte Strom nicht stark genug ist, um eine kräftige Bremsung hervorzurufen. Das wird umsomehr der Fall sein, je kleiner der in den Ankerstromkreis geschaltete Widerstand ist. Da die durch den Extrastrom hervorgerufene Erregung unter Umständen sehr kräftig ist, so empfiehlt es sich, zunächst noch einige Spulen des Vorschaltwiderstandes in dem Ankerstromkreis zu belassen und erst allmählich eine gänzliche Kurzschließung zu bewirken. Bei der praktischen Ausführung geschieht die Verschiebung des Stromschluß stückes d, oder wenn die Anordnung kreisförmig erfolgt, die Drehung der entsprechenden Kurbel, gewöhnlich selbstthätig durch eine Feder oder Gewichtskraft in der Weise, daß das Stromschlußstück d, sobald es in der Betriebsstellung frei gelassen wird, mit einer bestimmten regelbaren Geschwindigkeit nach rechts über die Mittel stellung hinweg bis in die Bremsstellung gezogen wird. Die hier schematisch dargestellte Schaltvorrichtung ist für Motoren bestimmt, welche nur in einer Richtung umlaufen sollen. Für Motoren mit zwei Drehrichtungen muß die Anordnung verdoppelt werden und zwar so, daß die dargestellten Stromschlußstücke mit entsprechenden Verbindungen noch einmal in umgekehrter Reihenfolge angeordnet werden. — n. Eine neue Stroinzufiihrungs Vorrichtung für elektrische Strassenhahn wagen. Der elektrische Strom aus dem Fahrdraht wird zu den Elektro motoren der Straßenbahnwagen durch zwei verschiedene Vor richtungen zugeführt, nämlich durch erstens den sogen. Trolley oder zweitens den Bügel. Der Trolley besteht bekanntlich aus einem langen, auf dem Wagen nach oben ragenden Stahlrohre, welches an der Spitze eine Rolle trägt, vermittels deren der Strom aus dem Fahrdraht abgenommen wird; der Bügel dagegen zeigt zwei lange gebogene Arme, welche oben durch einen kurvenförmigen Bügel zusammengehalten werden; der Bügel schleift unmittelbar am Fahrdraht. Die Ansichten über die gegenseitigen Vor- und Nachteile gehen weit auseinander. Während die einen dem Trolley Leichtigkeit, gefälliges Aeußere, große Elastizität und, wegen der rollenden Reibung, geringe Ab nutzung des Fahrdrahtes nachrühmen, behaupten seine Gegner, daß die unleugbare Unsicherheit, wegen seines leichten Herausgesehleudert- werdens aus dem Fahrdraht, namentlich in den Kurven, all diese Vorzüge wett mache, und daß die absolute Sicherheit der Strom entnahme durch den Bügel, der stets am Draht schleifen bleibt, diesen zum einzig richtigen Stromabnehmer für Eisenbahn fahrzeuge stempele. In Amerika, dem klassischen Lande der elektrischen Eisen bahnen, ist nun einem Herrn P. W. Smith eine neue Vorrichtung für Stromabnahme patentiert worden, welche durch Verbindung beider Systeme beider Vorzüge vereinigt haben will. Als Grundform ist der bisherige Trolley mit Rolle beibehalten worden. Nun ist aber außerdem am oberen Ende des Stangenrohres ein jochförmig gebogener starker Draht angebracht, auf welchem beiderseits zwei lange, walzen förmige Rollen von geringem Durchmesser angebracht sind. Die Enden dieser Rollen stoßen fast unmittelbar an die eigentliche Trolleyrolle, und zwar ragen sie unmittelbar über die Kanten derselben etwas empor. Wenn nun in einer Kurve oder durch einen Stoß der Fahrdraht plötzlich die eigentliche Trolleyrolle verläßt, so läuft derselbe sofort rechts oder links auf die Hilfswalze auf, und sind zur Erleichterung dieses Vorganges die Walzen an den Enden konisch verlaufend. Sowie der Wagen aber wieder in der Wagerechten sich befindet, nimmt der Fahrdraht wegen seiner Spannung sofort wieder seinen Weg nach der mittleren Trolleyrolle. Das Ganze macht einen leichten und gefälligen Eindruck, und bleibt abzuwarten, ob es in der Praxis sich bewähren wird. B. T.