Volltext Seite (XML)
No. 2U. 1900/1901. 213 XVIII. Jahrgang, „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ Schächten am Ende der Fahrt durch sein Uebergewicht den Motor treiben, der dann als Dynamomaschine arbeitet, so daß die anfangs von ihm zu leistende positive Arbeit während der Fahrt in negative Arbeit übergeht. Bei der oben erwähnten Schaltung entspricht, so bald die Umdrehungszahl annähernd konstant gehalten werden soll, jeder Belastungsänderung eine bedeutende Aenderung des Vorschalt widerstandes. Daher muß der Steuerhebel während der Fahrt durch den Führer fortwährend verschoben werden. An die Aufmerksamkeit des letzeren werden bedeutende Ansprüche gestellt. Besonders schwierig ist aber der Uebergang von positiver zu negativer Arbeit. Bei letzterer muß der Motor als Dynamomaschine auf Bremsschaltung arbeiten. Beim Uebergang zu derselben muß man über den Zwischenraum zwischen den Anlaß- und Bremsstrom- sehlußstücken a c hinwegkommen, wobei die Last elektrisch nicht gehalten wird, sodaß ein sicheres Voraussehen der Wirkung, welche die Bewegung des Steuerhebels hervorbringt, für den Führer außer ordentlich erschwert wird. Eine Einrichtung der Aktiengesell schaft Siemens u. Halske bezweckt die Vermeidung dieser Uebelstände und dieselbe ist schematisch in Fig. 2 dargestellt. Die Kontaktreihen a b, welche beim Anlassen, und d c, welche beim Bremsen in Betracht kommen, sind nicht hintereinander, sondern einander übergreifend angeordnet, so daß innerhalb der Strecke a a x (beziehungsweise c, c) je ein Anlaß- und ein Bremsschlußstromstück von dem Anlasserhebel gleichzeitig berührt werden, daher bei diesen • Stromschlußstücken Anlaß- und Bremsschaltung gleichzeitig statt finden. Die Anordnung der übrigen Stromschlußstücke a x bis b und c x bis d bleibt wie bei der Schaltung nach Fig. 1, daher finden da selbst auch die Vorgänge bei Anlassen und Bremsen in gleicher Weise wie dort statt. Bei denjenigen Stromschlußstücken dagegen, bei welchen gleichzeitig Anlaß- und Bremsschaltung stattfindet (a a x und c, c), besteht ein Unterschied insofern, als der vom Netz kom mende Strom sich bei diesen Stücken in zwei Teile teilt, von denen der eine über e durch den Motor m nach 1 gelangt, während der andere Zweigstrom durch den Bremswiderstand und über f geht und sich in 1 mit dem ersten vereinigt. Dieser Zweigstrom wird, sobald man die Stellung des Anlasser hebels nicht verändert, durch Schwankungen der Belastung kaum geändert. Bei geringen Belastungen, d. h. geringen Motorstromstär ken, ist er es jedoch, welcher den Hauptteil der dem Motor zuge führten Spannung verzehrt, während die von dem Motorstrom her vorgebrachte Spannungsverrichtüng eine viel geringere Rolle spielt. So kann man gegenüber der älteren Schaltung bei gleich geringer Belastung gleich geringe Umdrehungszahlen mit geringerem Auf- wande im Widerstandsmaterial für den Vorschaltwiderstand erreichen. Ferner ändert sich bei Aenderungen der Belastung die erforderliche Größe des Vorsehaltwiderstandes nur unbedeutend, so daß die Steue rung sehr vereinfacht wird. Am stärksten tritt jedoch der Vorteil der neuen Schaltung beim Uebergang von positiver zu negativer Ar beit hervor, da der Uebergang von der Anlaß- zur Bremsschaltung, sobald sich der Stromschlußhebel einmal zwischen den Stromsehluß- stüeken a und a x beziehungsweise e und c, befindet, gleichsam von selbst stattfindet, ohne daß die Ueberbrückung einer stromlosen Unter brechungsstele nötig wäre. Die Steuerung kann ohne Zuhilfenahme der mechanischen Bremse durchgeführt werden. Die bauliche Ausführung kann auf verschie dene Weise stattfinden ; entweder dadurch, daß man zwei getrennte Stufenschalter für Anlassen und Bremsen verwendet, zu welchen ein gemeinsamer Stromschlußhebel oder auch zwei in passender Weise leitend verbundene Stromschlußhebel gehören, oder es wird die Schaltung durch eine Schaltwalze mit Schleifringen und Bürsten her gestellt. Auch für Flüssigkeitswiderstände kanu die Schaltung Ver wendung finden. —n. Das neue Fernsprech-Yermittelungsamt Chemnitz. i. Vor kurzem wurde in Chemnitz ein neues Fernsprech-Ver mittelungsamt dem Betrieb übergeben, welches insofern ein allge meines Interesse beanspruchen darf, als in demselben für die Ver mittelung des Fernverkehrs zum ersten Mal ein neues Fernamt- System der A.-G. Mix & Genest zur Anwendung : gekommen ist, welches auch für die gegenwärtig im Neubau begriffenen Fernämtern Berlin, Magdeburg und Halle (Saale) eingerichtet wird. Um den Ueberblick zu erleichtern, mag es gestattet sein, einige orientierende Bemerkungen vorauszuschicken. Eine größere Telephonanlage besteht aus einem Netz von Leitungen für den Verkehr der an die Anlage angeschlossenen Teil nehmer unter sich, und einer mehr oder minder großen Anzahl von Fernleitungen, vermittelst welcher die Teilnehmer mit Teilnehmern entfernter Netze in Verkehr treten können. Das Ortsnetz enthält ein oder, mehrere Ortsämter. In letzterem Falle sind die verschiedenen Ortsämter desselben Ortsnetzes durch eine Anzahl von Leitungen verbunden, vermittelst welcher die Teil nehmer des Ortsamts mit den Teilnehmern eines anderen Ortsamts verbunden werden können. An eines der Ortsämter münden sämtliche Fernleitungen und alle Fernverbindungen werden über dieses Ortsamt ausgeführt. Für die Herstellung dieser Verbindungen wird in jenem Ortsamte, an welchem die Fernleitungen angeschlossen sind, eine besondere Abteilung, das sogenannte Fernamt, eingerichtet. Das Fernamt besteht wiederum aus zwei Abteilungen, welche jedoch meist in demselben Raum vereinigt sind) dem sogen. Meldeamt und dem eigentlichen Fernamt. Das Fernamt ist mit einer mehr oder minder großen Anzahl von Leitungen mit jedem Ortsamte verbunden und zwar so, daß von den Teilnehmertisehen Verbindungen zu dem Meldeamt und von dem in jedem Ortsamte besonders vorhandenen sogen. Vorschaltetisch Verbindungen zu dem eigentlichen Fernamt, d. h. jenen Tischen, an welche die Fernleitungen münden, herge stellt sind. Die Einrichtung eines besonderen Meldeamtes ist deswegen nötig, weil das im Augenblick ausgesprochene Verlangen eines Teil nehmers nach einer Fernverbindung in der Regel nicht sofort befriedigt werden kann, da die betreffende Fernleitung entweder in Benutzung oder durch früher ausgesprochene Wünsche anderer Teil nehmer auf dieselbe Verbindung auf mehr oder minder lange Zeit belegt ist Es muß daher der später ausgesprochene Wunsch von dem Amt vorbemerkt und die Vormerkung dem Beamten, welcher die Fernleitungen bedient, mitgeteilt werden. Letzterer bewirkt dann die Verbindung, so bald durch Erledigung früherer Ansprüche hierzu Gelegenheit gekommen ist. Die Einrichtung der sogen. Vorschaltetische hat den Zweck, den gesamten Fernverkehr der Teilnehmer, so weit es sich um die Herstellung der Verbindungen zwischen den Teilnehmer- und den Fernleitungen selbst handelt, zu vermitteln, sodaß den Beamten der Teilnehmertische hinsichtlich des Fernverkehrs nur die Verbindung j der Teilnehmer mit dem Meldeamt bleibt. Durch Einrichtung der ; Vorschaltetische wird ferner bei Herstellung einer Verbindung einer I Teilnehmer- mit einer Fernleitung die gesamte alle Teilnehmertische I des Ortsamts durchlaufende Klinkenleitung der Teilnehmerleitung abgesehaltet und die letztere unmittelbar mit der zum Fernamt führenden Leitung und vermittelst letzterer mit der Fernleitung ' verbunden. Ein Ferngespräch erledigt sieh nun in folgender Weise: Der an das Örtsamt 4 angeschlossene Teilnehmer wünscht eine ; Fernverbindung nach N. Er ruft das Amt 4 auf und verlangt das Fernamt. Amt 4 verbindet den Rufenden mit dem Meldeamt, ! welches für sämtliche Ortsämter gemeinsam beispielsweise bei Amt 1 | eingerichtet ist. Dem im Meldeamt antwortenden Beamten teilt der j Rufende Ort, Nummer und Name des gewünschten Teilnehmers mit. Der Beamte des Meldeamts schreibt die gewünschte Verbindung auf einen Zettel und befördert letzteren entweder selbst, oder durch Boten, bei größeren Fernämtern vermittelst Rohrpost an jenen Fern- j tisch, an welchem die zur Ausführung der gewünschten Verbindung nötige Fernleitung zur Bedienung angeschlossen ist. Sobald der Beamte dieses Ferntisches durch Erledigung der früheren An meldungen in der Lage ist, die gewünschte Verbindung herzustellen, ruft derselbe einen am Vorschaltetisch des Ortsamtes arbeitenden Beamten auf und verlangt den Teilnehmer, welcher die in Rede stehende Fernverbindung angemeldet hatte. Der Beamte am Vor- schaltesehrank stellt die Verbindung mit dem Teilnehmer her, sodaß nun die Verbindung des Teilnehmers über den Vorschalte tisch durch Leitung zwischen Vorschalteschrank. und Ferntisch und durch letzteren mit der Fernleitung hergestellt ist. Wenn das Fern gespräch beendet ist, giebt der Teilnehmer, welcher die Verbindung veranlaßt hat, sein Schlußzeichen. Letzteres erscheint an beiden Enden der Fernleitung am Ferntische, worauf an jedem Ende die Fernverbindung getrennt wird. Durch die Trennung am Ferntisch erscheint ein Schlußsignal am Vorschaltetisch des Ortsamts, worauf der Beamte des letzteren die Verbindung des Teilnehmers mit dem Fernamt ebenfalls trennt und so den Anfangszustand zurückführt. Fassen wir nun die einzelnen Vorgänge ins Auge. Bei dem hohen Anlagekapital, welches in den Fernleitungen festgelegt ist, bildet eine rationelle Ausnutzung der Leitungen die erste aller Anforderungen an die Betriebseinrichtungen Das Verhältnis zwischen der nutzbringenden Beanspruchung der Leitung durch die Gespräche der Teilnehmer zur Beanspruchung der Leitung, um diese Benutzung zu ermöglichen, muß ein Maximum werden. Theoretisch würde dieses Maximum — genügenden Verkehr vorausgesetzt und Zeitverlust in der Aufeinanderfolge der Gespräche ausgeschlossen — erreicht, wenn die Fernleitungen überhaupt niclit zu dienstlichen Gesprächen zwischen den Beamten der verschiedenen Netze, sondern ausschließlich für Gespräche der Teilnehmer benutzt und diese dienstlichen Mitteilungen entweder auf besonderen Leitungen oder durch gleichzeitige Verwendung der Fernleitung zur telephonischen und telegraphischen Nachrichtenübermittelung abgewickelt würden. Der Verwendung besonderer Leitungen für Dienstgespräche stehen die bedeutenden Anlagekosten im Wege. Die Verwendung der Fern leitungen zu dienstlichen Mitteilungen auf telegraphischem oder tele phonischem Wege, während gleichzeitig sich auf derselben Teilnehmer gespräche abwiekeln, beeinträchtigt in mehr oder minder hohem Grade die Güte der telephonischen Uebertragung der Teilnehmer gespräche d. h. jenes Zweckes, um dessen Willen die Fernleitungen überhaupt da sind. Ob und wie weit man diese Beeinträchtigung zulassen kann, hängt von dem Gütegrade der Sprechverständigung,