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XVIII. Jahrgang. ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 11. 1900/1901. 109 Es entstand das Werk an der Westenriederstraße mit 70 PS. Es ist im ehemaligen Katzenbachbrunnhanse eingerichtet und besitzt zwei Jouval-Turbinen. Das Gefälle beträgt 1,1 m. Als dieses Elektrizitätswerk den steigenden Anforderungen sich nicht mehr genügend erwies, wurde das Muffatwerk mit einer Turbine von 180 PS und entsprechender Dampfreserve gebaut. Im Jahre 1895 wurde dieses Werk vergrößert und gleichzeitig das Maximilianswerk mit 450 PS Wasserkraft neu erbaut. Der Münchener Beleuchtungsanlage fehlte von allem Anfänge an eine zusammenfassende Idee, ein bestimmter Plan. Die Er weiterungen, An- und Neubauten waren Stückwerke, nur für die jeweiligen Anforderungen und nicht für Ausbauten späterer Zeit ge eignet. So entstanden die Elektrizitätswerke ohne Zusammenhang. Als in München der elektrische Trambahnverkehr zur Ein führung gelangen sollte, da wurde aus betriebstechnischen Erwägungen das Straßenbeleuchtungs- und das Strafienbahnnetz parallel geschaltet, d. h. die Maschinen können nach Bedarf für Beleuchtung oder Straßenbahn ausgenützt werden. Um auch an Private elektrische Energie für Beleuchtung, Motorenbetrieb etc. abgeben zu können, sollte das Muffatwerk auf 10 Dampfdynamo’s mit je 1200 PS vergrößert werden. Das Projekt wurde aber trotz der günstigen Voraussetzungen — der Baugrund, die städtische Baumschule war Eigentum der Stadtgemeinde, die Trambahnverbindung war günstig, Kondensationswasser in ge- • nügender Menge vorhanden nicht bewilligt. Es wurde lediglich zugestanden, daß das Werk auf 600 PS für elektrische Straßen beleuchtung und auf 1400 PS für elektrische Bahnen erweitert werden dürfe. Das Elektrizitätswerk wurde auch als Unterstation für Privat beleuchtung zu benützen beschlossen, für 600 Volt Spannung, die durch Halbtransformatoren — wie in Hamburg — auf die übliche Spannung von 2 X 110 Volt herabgesetzt werden. Das Werk besitzt hohe Innenräume, die durch Rundbogenfenster Tageslicht erhalten. Zur Nachtbeleuchtung dienen Bogenlampen. Das Wasser des Auermühlbaches —- 10 m 3 — steht dem Werke nicht ganz zur Verfügung, da 32 m 3 Wasser von der unmittelbar angrenzenden Maschinenfabrik Landes ausgenützt werden. Da das Wasser öfters ausblieb, so mußte an eine Dampfreserve gedacht werden, die auch mit 300 PS geschaffen wurde. Die Maschinen- und Kesselanlage ist von dem Eisenwerk Maffei in Hirschau hergestellt. Die Kessel haben 148,5 m 2 Heizfläche. Eine Turbine von 180 PS, von einer horizontalen Welle angetrieben, zweikränzig, durch eine Ringschütze reguliert, läßt sich den variablen Wassermengen anpassen. Die Dampfmaschine ist eine liegende 2eylindrige Compound maschine mit Kondensation und Ventilsteuerung, nach Wiedemann. Die Kondensation kann während des Betriebes abgestellt werden, so daß die Maschine auch mit Auspuff arbeitet. Der Dampf verbrauch beträgt bei einer Kesselspannung von 8 Atm. Ueberdruck bei Kon densation 7 kg, bei Auspuff 10 kg pro 1 PS Stunde. Ein Gleich strom-Halbtransformator, vom Maximilianswerk aus betrieben, kann als Zusatzdynamo für Vollladung der Pufferbatterie mit 300 Volt Spannung benützt werden. Die Batterie, durch den Uebersehuß der elektrischen Kraft geladen, bietet gleichzeitig einen Ausgleich für die Stromschwankungen der Bahnen. Es sind im Ganzen 5 Dampfmaschinen zur Aufstellung gelangt — 2 vertikale ä 350 PS, 2 vertikale a 700 PS und eine liegende zu 350 PS. Ein Dynamo, System Franzis, ist mit Lederkuppelung direkt mit dem Schwungrad verbunden, die übrigen Dynamos haben Seilübersetzung. Souterrain liegen die Räume für die Akkumulatorenbatterien, Luftpumpen, Oelreservoirs und Filtrierapparate, der Kondensations raum, die Anlaßvorrichtungen der Dampfmaschinen sowie ein kleiner Elektromotor zum Reinigen der Dynamos. Die Rohrleitungen für Dampfzu- und -abfühiung sind durchweg unterirdische. Die Akku mulatorenbatterie für Beleuchtung beträgt 144 Zellen, System Hagen, Westphalen. Es stehen 2 Doppelzellenschalter bis 3000 Ampere in Verwendung. Die Zellen sind parallel geschaltet. Die Kapazität beträgt 4500 Ampere-Stunden und 1500 Ampere Voll-und Entladung. Die Akkumulatorenbatterie für den elektrischen Trambahn betrieb System Pollack, Frankfurt a. M., besitzt 320 parallel ge schaltete Zellen bei 1700 Amperes bei Voll- und Entladung. Im Bedarfsfälle kann diese Batterie auch für Straßenbeleuchtung benützt werden. Das Maximilianswerk, an der Maximiliansbrücke gelegen, besitzt 2 Franzis-, sog. Reaktionsturbinen von je 225 PS. Die Tur binen sind in 2 Etagen für Normal- und Hoehwasserstand angeordnet. Jede Turbine treibt mittels Seile eine öpolige Sehuckert-Dynamo- Maschine AE 150 an. Die Maschinen sind für 225 Ampere und 660 Volt bestimmt und machen in der Minute 340 Umdrehungen. Die drei Kessel haben je 180 m 2 Heizfläche und 3,7 m 2 Rostfjpche. Im Rathause ist eine Akkumulatorenbatterie mit 124 Zellen, 1710 Ampere-Stunden und 410 Ampere Voll- und Ent ladung eingeriehtet, die vom Muffatwerke aus gespeist wird. Sie dient zur Beleuchtung des Rathauses selbst, des Ratskellers und der im Rathause eingerichteten vermieteten Läden. Es sind zusammen 2100 Glüh- und 78 Bogenlampen. Von den Elektrizitätswerken Münchens sind zur Zeit insgesamt zu beleuchten: 45 Straßen mit zusammen 900 Bogen- und 22 000 Glühlampen. Die Einrichtungen der Beleuchtungsanlage sind von der Elek trizitäts-Aktiengesellschaft Sehuckert—Nürnberg, die Maschinen-, Kessel- etc. -Anlagen aus dem Eisenwerk Maffei—Hirsehau, die Kabel ete. von Felten u. Guilleaume. Die Kabel sind 60 cm tief unter den Trottoirs gelegt, die Bogenlampen 10 m über dem Straßenplanum geführt. Für Straßen beleuchtung sind gegenwärtig 600 PS erforderlich, für Straßenbahnen 1400 PS. Die ersten Anlagen und späteren Ausbauten der Elektrizitäts werke wurden von Herrn Oberingenieur Uppenborn geleitet. Für das letztgebaute größte Elektrizitätswerk in der Staubstraße wurden von den beiden städtischen Collegien 1897 8,1 Millionen Mark bewilligt. Es befindet sich an der Linie der Isarthalbahn München-Kochel. Es sollen Ströme von 5000 Volt Spannung gewonnen und durch Transformation an fünf Unterstationen geleitet werden. Es sind drei Maschinen mit Reserve zur Aufstellung gekommen ä 1200 PS mit Dynamos ä 5000 Volt und 90 Ampere. Die Dampfmaschinen sind 3cylindrige. Es werden voraussichtlich noch in diesem Jahre 3 Maschinen gleicher Art die Anlage ergänzen. Eine Maschine mit 150 PS wird zum Erregen der Motoren und Laden der Akkumulatoren verwendet. Die Kessel sind aus Well blech mit dreifacher Expansion. Es wird nur mit Kondensation ge arbeitet. Zur Zeit sind an das Elektrizitätswerk angeschlossen 33,175 Hektowatt, in Ausführung begriffen 13,353 Hektowatt, an gemeldet 10,589 Hektowatt, zu erwarten 25,000 Hektowatt. Die Einnahmen für Stromabgabe an Private einschließlich der Gemeindegebäude und der Ausstellung wurden pro 1899 auf 255,000 Mark angeschlagen, werden aber in Wirklichkeit wohl 600,000 Mark betragen haben. Das letzte Hochwasser setzte das Maximilians- und zum Teil auch das Muffatwerk außer Betrieb. Die Maschinen standen zum Teil unter Wasser. Die Straßenbeleuchtung konnte notdürftig ver sehen werden, der elektrische Trambahnbetrieb stockte einige Tage vollends. Doch wurde nach Zurücktreten des Hochwassers der elek trische Betrieb für Straßenbahn nnd Beleuchtung in seinem vollen Umfange wieder aufgenommen. München ist nunmehr mit seinen Elektrizitätswerken ebenbürtig in die Reihe anderer Großstädte getreten. Der Bahnhof in Lindau hat nun auch die elektrische Be leuchtung erhalten. Sämtliche Innengänge und Bureaux werden durch etwa 700 Glühlampen erleuchtet. Zur elektrischen Bahnhof anlage gehören auch die Werfte, die Wartehalle am Seehafen und das zu Dienstwohnungen eingerichtete ehemalige Badhotel, die wegen der größeren räumlichen Entfernung mit eigenen Strommessern ver sehen sind. —W.W. Strassenbalm- und Yerkelirs-Fragen in Berlin. Die Pläne der Stadt Berlin. Wenn auch die Absicht der Stadt Berlin die Verkehrsmittel in eige ner Regie zu betreiben, weiter zurück datiert, so seheint sie doch heute festere Gestalt annehmen zu wollen. Ein besonderer Anstoss dürfte dadurch gegeben worden sein, daß die große Berliner Straßenbahn es erreicht hat, daß ihrem Unternehmen unbeschadet der Rechte Dritter auf Grund des Kleinbahn-Gesetzes seitens der zuständigen Behörde die Betriebs-Erlaubnis auf 50 Jahre erteilt wurde. Hier durch sind besonders die Anrechte der verschiedenen Gemeinden auf den teilweisen Besitz bezw. Erwerb der der Großen Berliner Straßen bahn gehörigen Anlagen wesentlich unklarer geworden; denn wie sollen auf einfache übersichtliche Weise die Verträge mit den ein zelnen Gemeinden, welche zum Teil nur noch 18 bezw. 36 Jahre laufen, mit einer dem Unternehmen erteilten 50 jährigen Betriebs- Erlaubnis in Einklang gebracht werden können. Obwohl eine später seitens der Behörde abgegebene Erklärung den Zwiespalt in der Weise erläutert, daß diese Verlängerung nur die Betriebs-Erlaubnis als solche umfaßt, keineswegs aber ausdrücken will, wer nach Ablauf der mit der Gemeinde abgemachten Dauer der rechtmäßige Konzessions- Inhaber sein wird, so dürfte es doch schwierig sein, sich später in diesem Zwiespalt ordnungsmäßig, das heißt ohne langwierige Gerichts- bezw. Ergänzungs-Verfahren, zu rechtzufinden. Allerdings hat anderseits die Behörde zweifellos die Pflicht bei den in größeren, nicht zu einem einzigen ganzen eingemeindeten Städte-Konglomeraten, angesichts der vielfach durcheinanderlaufenden und gegensätzlichen Interessen der einzelnen Gemeinden, dafür zu sorgen, daß den verschiedenen Ablaufterminen der Linien ein und derselben Bahn-Unternehmung rechtzeitig eine einheitliche Basis gegeben wird, wie etwa durch eine einheitliche Dauer der Betriebs- Erlaubnis für alle Linien, damit wenigstens in absehbarer Zeit Klar heit und einheitliche Neu-Ordnung erfolgen kann. Für-die in Be tracht kommenden Städte aber dürfte es zum besseren Schutze ihrer Rechte jetzt mehr wie je angebracht sein, auch ihrerseits baldigst an eine Unifizierung ihrer Verträge zu denken. Am meisten wird zunächst die Stadt Berlin berührt, denn ihre Anrechte beginnen be reits mit dem 1. Januar 1920. Es darf daher nicht verwundern, wenn sie auch die Erste ist, welche pjch frühzeitig mit der Frage der Verkehrsmittel beschäftigt.