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XVIII. Jahrgang. 97 „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 10. 1900 1901. ein positiver Strom von doppelter Stärke in das Telephon I ge langen, dessen Membrane sich infolge dessen auch doppelt so stark durehbiegt und den Lichtzeiger zwingt, eine doppelt so weit nach Unten reichende Kurve c Fig. 3 zu schreiben Durch größere und kleinere Löcher im Papierstreifen werden die Zickzacklinien breiter oder schmäler ausfallen, wie dies in Fig. 3 bei d e f zur An schauung gebracht ist. Folgen zwei Lochungen in den Reihen I und II kurz hintereiander, so wird zunächst ein negativer und unmittel bar darauf ein positiver Stromstoß ins Telephon I der Empfangs station gelangen, was eine Zickzacklinie von doppelter Höhe zur Folge hat (Fig. 3 g). Auf dem vierten und fünften Kontakti'ing der Walze (Fig. 5) liegt eine zweite Schleifbürste B 2 . Der Schleifring 4 steht mit dem positiven, der Ring 5 mit dem negativen Pol einer besonderen Batterie in Verbindung. "Während das Telephon I in der eine Schleife bildenden Hin- und Rückleitung liegt, liegt das Telephon II und die zweite Batterie an der Erde, und ersleres ist so geschaltet, daß es Stromimpulse erst erhalten kann, nachdem diese wie zwei Ströme von gleicher Stärke und entgegengesetzter Richtung durch das Tele phon I geflossen sind. Es ist auch zu beachten, daß die vom Schleifring 4 kommenden Stromstöße eine größere Intensität haben als die vom Schleifring 5. Wenn nun der in Fig. 3 gezeichnete durchloehte Papierstreifen bei den mit h bezeichneten drei Löchern unter die Kontaktbürsten kommt, so wird in dem Augenblick, in welchem der Lichtzeiger in folge des Stromstoßes von Reihe I im Telephon I seine Aufwärts bewegung beginnt, von dem Loch in Reihe IV ein positiver starker Stromstoß ins Telephon II gelangen, und die Einbiegung dessen Membrane lenkt den Lichtstrahl von seinem sonst wie in Fig. 3 g verlaufendem Wege nach links ab. Zwar bewegt sich nach unserer Annahme das Papier auch nach links — allein die Bewegung des Lichtzeigers ist doch eine relativ schnellere. Auf diese Weise resul tiert die Schleife im Buchstaben 1 (Fig. 3 h). Auf ganz ähnliche Weise können alle anderen Buchstaben des Alphabets hergestellt werden, und ist als Beispiel in Fig. 4 die Ent stehung des Wortes telegraph, aus den gleichzeitigen vertikalen und horizontalen Bewegungen des reflektierten Lichtstrahles resultierend, dargestellt. In obiger Beschreibung wurde der Einfachheit halber an genommen, daß sich das photographische Papier langsam von links bewege. In Wirklichkeit ist d;es beim Pollak-Virag’schen Apparate nicht der Fall, sondern der gleiche Effekt wird auf eine andere und zwar recht zweckmäßige Weise erreicht. — Wie aus Fig. 6 zu er sehen ist, befindet sich das lichtempfindliche Papier (ein Film) auf gerollt auf einer Trommel, von welcher es durch ein Uhrwerk langsam nach aufwärts gezogen wird. Dieses Uhrwerk setzt sich allein in Gang, sobald der erste Stromstoß von der Sendestation kommt. Gleichzeitig leuchtet eine elektrische Glühlampe auf, welche in der Axe des Cylinders angebracht ist, der sich zwischen Film und Spiegel befindet. Die Glühlampe hat einen graden Kohlen faden, und dieser ist so lang als der Blecheylinder. Am Umfange dieses Blechcylinders ist ein enger Spalt eingeschnitten, der sich in Form einer Schraubenlinie genau einmal um den Cylinder windet. Durch diesen Spalt strahlt ein Stückchen des leuchtenden Glühfadens in den Konkavspiegel und wird von diesem als Liehtpünktchen nach dem Film reflektiert. Da sich der Blecheylinder, durch das dem Film abrollende Uhrwerk angetrieben, langsam um seine Axe dreht, so schreitet die den Spiegel beleuchtende Stelle des schrauben förmigen Schlitzes langsam und gleichmäßig von links nach rechts (vom Spiegel aus betrachtet) fort, und das gleiche thut somit das Lichtpünktchen auf dem Film: „es schreibt eine Zeile!“ Hat der Cylinder eine Umdrehung gemacht und ist somit der schreibende Lichtfleck am rechten Rande des Films angekommen, so beginnt der Cylinder eine neue Umdrehung, und das Lichtfleckchen erscheint wieder am linken Rande des Films und beginnt eine neue Zeile zu schreiben, denn inzw'ischen ist ja der Film infolge der Thätigkeit des Uhrwerks eine Zeilenhöhe nach oben gerückt. Ist die Depesche zu Ende, so wird der Film durchschnitten — der noch unbelichtete Teil desselben nimmt dann an der Weiter bewegung nicht mehr Teil — während der die Depesche enthaltende Film sich, zwischen Bandführungen gehalten, über Rollen in ein Ge fäß mit Entwickelungsflüssigkeit und ein zweites mit einem Fixier bade bewegt. Durch eine entsprechende Oeffnung kommt die fertige Depesche aus dem sonst lichtdicht geschlossenen Apparate heraus. Die Durchlochung der Papierstreifen für den Sendeapparat erfolgt mittelst einer verhältnismäßig einfachen Maschine derart, daß die sämtlichen für einen Buchstaben erforderlichen Löcher auf einmal gestanzt werden. Der Apparat liefert auf Entfernungen von 400 km 1000 Worte pro Minute in vollkommen leserlicher Schrift. (Teehn Rundsch.) Neues Material für Rheostaten und elektrische Heizung. Die Firma W. C.Heraeus in Hanau liefert ein neues Material, welches für die Fabrikation der Rheostaten bestimmt ist und ebenfalls bei den elektrischen Heizapparaten benutzt werden kann. Die Fabrikation dieses Stoffes beruht auf einer schon bei den elektrischen Heizapparaten benutzten Idee, welche darin besteht, einen leitenden Körper in kleiner Schicht auf einen isolierenden Stoff niederzuschlagen; aber anstatt diesen Niederschlag auf den benutzten Apparaten selbst zu machen, wendet man als Träger zylindrische Ringe an, welche eine beliebige Länge und Durchmesser haben können, um sich den verschiedenen Gebräuchen anzupassen und sich in den vorhandenen Apparaten zu placieren, wie sich dies bei den Levy’sehen Klötzen und Parvillee-Widerständen thun läßt Es genügt in der That, sie zwischen den Klemmen der Stromabnahme zu montieren, was um so leichter ist, als der Kontakt auf der äußeren Fläche geschieht, deren Leitungsfähigkeit die eines Metalls ist. Heraeus wendet Porzellanringe von beliebigem Durchmesser an, welche er mit einer besonderen Emaille bedeckt, die er mit dem Namen Leitungsemaille mit Platinsilicium bezeichnet. Wir besitzen keine Details über die Zusammensetzung dieser Emaille, deren Widerstandsfähigkeit die eines Metalls ist, und deren Ausdehnungskoefficient dem des Porzellans sehr nahe kommt. Man begreife leicht, daß dieses Fabrikationsverfahren gestattet, durch passende Veränderung der Stärke der Leitungsschicht und des Trägerdurchmessers die Widerstandsfähigkeit in großen Grenzen zu ändern. In der Praxis kann der elektrische Widerstand eines Ringes von 6 mm Durchmesser und 100 mm Länge von 2—100 Ohm variieren. Die Ringe haben meist einen Durchmesser von 6 mm, man kann aber auch solche von 2—20 mm konstruieren. Die praktisch eingeführte Länge ist 25 cm. Die auf der Oberfläche der Porzellanstangen niedergeschlagene Emaille kann, so scheint es, bis auf 800 0 C. gebracht werden, und diese Temperatur kann auf beliebige Zeit mit oder ohne Unter brechung, ohne die Emaille zu verderben, aufrecht erhalten werden. Die Verwendung dieser Substanzen von hoher Widerstands fähigkeit als Rheostat bietet ein hohes Interesse; sie gestattet, ohne Verwicklungen Widerstände ohne Induktion herzustellen und die Störung der Rheostaten sehr zu reduzieren. Heraeus bereitet z. Zt. Widerstände von mehreren 1000 Ohm vor, um sie an Stelle der Drahtspulen in den Widerstandskästen, welche zu elektrischen Messungen dienen, zu setzen. (L’Electricien.“) F. v. S. Die elektrotechnische Industrie Deutschlands im Jahre 1900. Ueber die Entwicklung der deutschen elektrotechnischen Industrie enthält der Jahresbericht des „Vereins Berliner Kaufleute und In dustrieller“ eine übersichtliche Darstellung, die wir nachstehend wiedergeben : „Die elektrotechnische Industrie Deutschlands im Allgemeinen und Berlins im Besonderen hat im Berichtsjahre ihre führende Stellung unter den europäischen Nationen vollauf behalten. Wie einflußreich das von deutschen Firmen gegebene Vorbild ist, konnte man beim Besuch der Pariser Weltausstellung deutlich sehen. Unter den Aus stellungsobjekten ausländischer elektrotechnischer Firmen begegnete man allenthalben Typen, deren Entstehung und Ausbildung selbst bis ins Einzelne auf deutsche Vorbilder zurückzuführen sind. Daß das Ausstellungsland selbst in dieser Beziehung keine Ausnahme machte, ist schon aus dem Umstande erklärlich, daß die größten deutschen electroteehnischen Firmen mit französischen Häusern mehr oder weniger eng verbunden sind. Es kommt so die Geistesarbeit der deutschen Ingenieure mittelbar auch in dem fremdländischen Erzeugnis zum Ausdruck Aber nicht nur in geistiger Beziehung hat Deutschland in der Elektrotechnik eine führende Stellung unter den Nationen Europas, sondern auch in materieller Hinsicht. Hat doch unlängst eine deutsche Firma die Lieferung der gesamten maschinellen Einrichtung für eine Londoner Zentrale im Umfange von 25 000 PS übernommen. Die EntwickeluDg der Elektrizitäts-Werke schreitet noch immer vorwärts Am 1. März 1900 waren in Deutschland 652 solcher Werke mit einem Anschlußwert von rund 250000 KW im Betrieb. Von diesem Anschluß entfallen 63 pCt. für Beleuchtungs- und 37 pCt. für Kraftzwecke. Am 1. Oktober des Berichtsjahres hatte sich die Zahl der Elektrizitäts-Werke auf 712 vermehrt, was für den Zeit raum von 7 Monaten einen Zuwachs von 60 Werken ergiebt. Sehr bemerkenswert ist die Thatsache, daß der Motoren-Anschluß schneller wächst, als der Licht-Anschluß. Das Kleingewerbe hat die Bequem lichkeit und Billigkeit des elektrischen Kraftbetriebes erkannt und sich dementsprechend eingerichtet. Indeß ist trotz der großen Entwickelung der Elektrizitäts-Werke in Deutschland das elektrische Licht den weniger bemittelten Kreisen noch nicht genügend zugänglich gemacht. Dieser Umstand hängt mit dem bisher gebräuchlichen Tarifsystem zusammen, nach dem die Kosten der Lampen-Brennstunde sich für Abnehmer, die viele Lampen wenige Stunden, und andere Abnehmer, die wenige Lampen viele Stunden lang brennen, gleichstellen. Da die letztere Abnehmer- Kategorie jedoch die Werke erheblich weniger belastet, als die erstere, so macht sich unter den Unternehmern das Bestreben geltend, durch eine entsprechende Umgestaltung des Tarifes die besseren Kunden zu begünstigen. Auf diese Weise hofft man zugleich auch Abnehmer aus den weniger bemittelten Kreisen der Bevölkerung zu erlangen. Alsdann aber würden an die Leistungsfähigkeit der Werke größere Ansprüche gestellt' und Erweiterungen nötig werden, die der