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empfindlicher Mangel an : es ist nicht möglich, mehrere korrespondierende | Stationen zugleich arbeiten zu lassen, sie störten sich gegenseitig, j Hierdurch wurde die Anwendung der Funkentelegraphie zunächst auf die Marine beschränkt. Die neue Erfindung beseitigt nun diesen S Uebelstand, sie ermöglicht, daß beliebig viele Stationen gleichzeitig j telegraphieren können, ohne sich gegenseitig zu stören. Das folgende j packende Experiment bewies diese Behauptung. Auf dem Vortrags- ! tisch standen zwei Empfangsapparate, welche beide mit dem Blitz- [ ableiter am Schornstein der elektrischen Zentrale Schiffbauerdamm ! verbunden waren, ohne daß man dessen Erdverbindung aufgehoben I hatte. Einige Funken, welche der Vortragende dem Induktorium entlockte, gaben in Morsezeichen zwei weit von einander entfernten Stationen das Signal zum Beginn der Kcrrespondenz. Die eine dieser Stationen befand sich in Schönweide an der Oberspree, 14 Kilo meter entfernt, die andere im Laboratorium des Professors in der technischen Hochschule zu Charlottenburg, in der Luftlinie etwa 4 Kilometer vom Vortragssaal. Ein kurzer Augenblick des Harrens unter allgemeiner Spannung — dann begannen beide Apparate mit geschäftigem Ticktack zu antworten. Ungestört von einander schrieben sie mit der üblichen schnellen Telegraphiegeschwindigkeit ihre Stationsnamen auf den Morsestreifen. In einfacher, leicht verständlicher Darlegung an der Hand analoger mechanischer Vorstellung gab Professor Slaby eine Er klärung der Erfindung. Sie beruht auf einem eingehenden Studium der elektrischen Wellen, welche von dem Geberapparat ausgesandt werden. Durch eigentümliche Schaltungen werden elektrische Wellen von genau bemessener und vereinbarter Länge erzeugt. Ebenso sind die Empfangsapparate für Wellen vereinbarter Länge abgestimmt. Kommen nun Wellen von verschiedener Länge an einem und dem selben Empfangsdraht an, so findet eine automatische Sortierung derselben statt, ein Durchsieben oder Durehfiltrieren, wie es der Vor tragende nannte, derart, daß in die verschiedenen angeschlossenen Empfangsapparate nur solche Wellen Zutritt haben, für welche sie abgestimmt sind. Für Wellen von nicht passender Länge sind die Empfangsapparate gleichsam immun gemacht. Der Vortragende schilderte sodann die Einrichtungen an den Sendestationen, die unter den denkbar ungünstigsten Verhältnissen funktionierten. In Charlottenburg sendet die Wellen ein Draht von 16 m Länge auf dem Dach des Gebäudes der Hochschule. Die Herunterführung zum Laboratorium an der Westfront des Hauses ist wirkungslos, da der ganze Gebäudekomplex der Hochschule davorliegt. In Schön weide ist es ein zwischen 2 Schornsteinen herunterhängender Draht. Die dort ausgesandten Wellen müssen Berlin in seiner größten Aus dehnung von Südost nach Nordwest durchqueren und werden durch zahlreiche dazwischenliegende Schornsteine und Türme geschwächt. Die Aufgabe war nur zu lösen durch eine zweite Erfindung, welche die Intensität der geschwächten Wellen wieder verstärkt. Dieser Apparat, vom Erfinder Multiplikator genannt, erhöht die Spannung der elektrischen Wellen in selbstthätiger Weise. Die Wirkungsweise erläuterte der Vortragende durch eine Stimmgabel, welche beim An schlägen nur einen schwachen schnell verklingenden Ton von sich gab. Setzte er sie jedoch auf einen geeigneteren Resonanzboden, so schwoll der Ton sofort zu bemerkenswerter Stärke und dauerte lange an. „Was der Resonanzboden für eine echte Stradivari, das leistet der Multiplikator für den Empfänger der Funkentelegraphie“. Durch einige elektrische Experimente wurde die überraschende Wirkung des Multiplikators weiter erläutert. Die Erfindung, deren Tragweite sich noch nicht absehen läßt, hat Professor Slaby im August dieses Jahres in ihren Grundzügen der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft mitgeteilt, welche sie unter hervorragender Mitwirkung des Grafen v. Arco, eines früheren Assistenten des Professor Slaby technisch weiter bildete. Sie scheint übrigens in der Luft gelegen zu haben, denn fast gleichzeitig wird aus London gemeldet, daß auch Marconi eine drahtlose Mehrfach telegraphie erfunden habe, die er zur Zeit allerdings noch nicht bekannt geben wolle. Neue Telegraphenanstalten. Am 4. und 8. Mai, sowie am 8. Juni d. Js. wurde die Errichtung von Telegraphenanstalten in Achstetten, Dellnrensingen und Hüttisheim, OA. Laupheim, Adelberg- Dorf, OA. Schorndorf, Bavendorf, Ettishofen und Reute-Fronhofen, OA. Ravensburg, Hengstfeld, OA. Gerabronn, Holzheim und Schlath, OA. Göppingen, Kusterdingen, Mähringen und Pfrondorf, OA. Tübingen, Heggbach, Laupertshausen, Maselheim und Mettenberg. OA. Biberach, Ohrnberg, OA. Oehringen, und Vöhringep, OA. Sulz, verfügt. Diese Telegraphenanstalten erhalten Telephonbetrieb und sind am 4. Dezember d. J. mit beschränktem Tagesdienst für den öffentlichen Verkehr in Betrieb genommen worden. Die Telügraphen- anstalten Holzheim, Mähringen, Pfrondorf, Mettenberg, Vöhringen führen die nähere Bezeichnung Holzheim (Württ.), Mähringen, OA. Tübingen, Pfrondorf, OA. Tübingen, Mettenberg, OA. Biberach und Vöhringen (Württ.). Die übrigen Telegraphenanstalten führen neben dem Ortsnamen keine nähere Bezeichnung. Bei den Telegraphen anstalten Achstetten, Dellmensingen, Hüttisheim, Bavendorf, Ettishofen, Reute-Fronhofen, Hengstfeld, Holzheim, Schlath, Pfrondorf und Ohrn berg wird gleichzeitig der Unfallmeldedienst eingerichtet. (Nähere Angaben über die den einzelnen Bestellbezirken zugeteilten Wohn- plätze sind in Nr. 282 des Staatsanzeigers vom 3. Dezember ent halten.) — W. W. Die Acetylen-Industrie in Deutschland. Man schreibt uns: Der englische Konsul in Stuttgart hat sich veranlaßt gesehen, seiner Regierung einige Mitteilungen über die außerordentlichen Fortschritte der Acetylen- bezw. Calciumcarbid-Industrie in Deutschland zu über senden. Er bezeichnet sie kurz als „einen der Triumphe des deutschen wissenschaftlichen Industrialismus“. Vor 5 Jahren war das Calcium- carbid nur den erfahrenen Chemikern als eine interessante chemische Verbindung bekannt, dem Publikum aber gänzlich fremd, und jetzt kann seine Erzeugungs bereits zu den wichtigsten chemischen In dustrien gerechnet werden. Deutschland hat die Bedeutung des neuen Stoffes oder vielmehr des aus ihm auf die leichteste Art zu ge winnenden Acetylengases zunächst erkannt und sieh die erste Stelle in seiner Erzeugung gesichert. Gegenwärtig sind in Deutschland wenigstens 200,000 Anlagen zur Erzeugung dieses Gases in Be nutzung, und es ist unmöglich, zu sagen, wie viel Boden das Acetylen in dem Kampf gegen andere Beleuchtungsmittel noch gewinnen wird. Die Aussichten stehen dafür jedenfalls sehr günstig, was auch daraus hervorgeht, daß die Acetylen-Industrie gegenwärtig eine so große und stätige Zunahme an neuen Patenten aufzuweisen hat, wie überhaupt kein anderer Zweig der gewerblichen Thätigkeit. Dabei hat sich die deutsche Unternehmerlust nicht einmal auf das eigene Vaterland beschränkt, sondern sich auch noch nach dem Aus lande gewandt, wo sie besonders in Norwegen und der Schweiz größere Kapitalanlagen geschaffen hat. Einer der größten Erfolge der Industrie bestand in der Einführung eines Gemisches von Acetylen und gewöhnlichen Kohlenfettgas in den Eisenbahnwagen der deutschen Staatsbahnen. Für das laufende Jahr wird der Verbrauch an Calciumcarbid innerhalb Deutschland bereits auf 17,000 Tonnen ge schätzt, eine Menge, die nach der ihr innewohnenden Leuchtkraft etwa 320,000 Hektoliter Petroleum aufwiegt. 32 deutsche Klein städte mit einer Einwohnerzahl bis zu 5000 Einwohnern sind mit Aeetylengas beleuchtet, und für eine größere Zahl sind ähnliche Anlagen in Aussicht genommen. Im besonderen bespricht der englische Konsul die Ausnützung der Wasserkraft des Neckar-Flusses zur Er zeugung von Calciumcarbid. Die Zementwerke von Lauffen z. B. haben noch etwa 5000 Pferdekräfte zur Herstellung dieses Stoffes und außerdem zur elektrischen Beleuchtung der Stadt Heilbronn nutzbar gemacht. Die Bedeutung dieser Industrie für Deutschland kann nicht besser veranschaulicht werden als durch den Hinweis, daß bisher jährlich etwa 100 Millionen Mark an die Vereinigten Staaten für Petroleum gezahlt werden, eine Ausgabe, die mit der steigenden Entwicklung der Acetylen-Industrie wenigstens zum großen Teile im Lande selbst wird bleiben können. =— W. W. Rohrpost, pneumatisch und elektrisch von Wagner & Brand, Frankfurt am Main. Der Erfinder der Rohrbahn Engländer Medhurst hatte nicht daran gedacht, welche praktische Erfolge seine Vorschläge haben würden als er 1810 vorschlug eine Eisenbahn in einen geschlossenen Kanal unterirdisch zu bauen und mit verdünnter Luft dieselbe zu befördern, was aber damals nicht zu Stande kam. 24 Jahre später brachte der Amerikaner Pinkus einen ähnlichen Vorschlag in der Art der jetzigen Schwebebahn, ohne daß derselbe eine praktische Anwendung fand. Erst im Jahre 1838 haben die Engländer Samuda & Clegg eine Rohrbahn in Betrieb gesetzt, jedoch stellte es sich bald heraus, daß eine Personenbeförderung zu kostspielig war und so errang die Lokomotive den Sieg. Wie so oft aus einer Erfindung eine praktische Anwendung für den Zweck wofür dieselbe eigentlich bestimmt war nicht zu verwerten ist, so war es auch hier der Fall gewesen Jedoch 16 Jahre später kam das pneumatische System in Gestalt der heutigen Rohrpost zur Anwendung; zuerst in London und 1865 in Berlin. Heute hat die Rohrpost auch in den modernen geschäftlichen Betrieben Aufnahem gefunden und sind in jeder Stadt solche Anlagen vertreten; die Bank häuser, Zeitungsdruckereien sind die ersten Besitzer solcher Rohr postanlagen gewesen, während in Warenhäusern, Fabrik-Etablissements, großen Bureaus etc. die Rohrpost für die Zukunft eine große Rolle spielen wird. Für den mündlichen Verkehr war durch Telephon oder Sprach rohr meistens gesorgt, nur der Verkehr mit Briefschaften, Geldbeträgen, Warenproben etc. lag noch in den Händen von Personen, welche teils aus jungen Burschen oder alten Arbeitern bestanden, auch Krüppel wurden diese Posten übergeben. Krüppel zu derartigen Posten zu nehmen ist keine Pietät, sondern eine Ausnützung der letzten Kräfte und geschieht dies nur, weil man ja doch bezahlen muß. Junge Burschen haben vielfach andere Sachen im Kopf, stören und halten die anderen Arbeiter auf und bis dieselben mit den Brief schaften wieder zurückkehren, muß der Auftraggeber seine Gedanken auf eine halbe Stunde zurükdatiren. Deßhalb ist für einen größeren Betrieb ein unbedingtes Erfordernis alle Arbeiten schnell und exakt zu erledigen, was man nur durch eine Rohrpost im Stande ist. Die Inhaber solcher Anlagen könnten sich gar nicht mehr daran gewöhnen die frühere Handhabung zu benützen, denn sie sind gewöhnt, jede Sache sofort endgiltig zu erledigen und dann eine weitere Sache vorzunehmen. Der Gedanke wäre Ihnen schrecklich, erst den Boten zu suchen und während dieser Zeit zu warten, wo mag ich etwas Anderes vornehmen bis der Bote die Antwort bringt und so von