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XVIII. Jahrgang. ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 9. 1900/1901. 89 Die elektrische Beleuchtung der Eisenbahnwagen. Der Vor sitzende des Elektrotechnischen Vereins in Berlin, Dr. von Hefner- Alteneck, kam in der letzten Sitzung dieses Vereins nochmals auf das Thema der elektrischen Beleuchtung der Eisenbahnwagen zurück, um der von offizieller Seite ausgesprochenen Ansicht, wonach sich die elektrische Zugbeleuchtung nicht bewährt haben soll, entgegen zu treten. Wir geben die Bemerkungen des Vorsitzenden wörtlich wieder: „In unserer Novembersitzung, in welcher die elektrische Zugbeleuchtung auf der Tagesordnung stand, waren die Herren aus dem kgl. Ministerium der öffentlichen Arbeiten geladen und sind ebenso wie die zahlreich erschienenen Vertreter der Gastechnik aus giebig zu Worte gekommen. Es wurde dabei Vieles für und wider die elektrische Zugbeleuchtung einerseits und die Gasbeleuchtung andererseits gesprochen, was wohl mehr Sache der Ansicht war. Festgestellt wurde aber, und zwar aus dem kompetentesten Munde, der sich dafür nur denken läßt, daß die vollständig durchgeführte elektrische Beleuchtung der Reichspost-Eisenbahnwagen sich gut be währt hat. Es wurde ferner ausgesprochen, und dem wurde von keiner Seite widersprochen, daß die elektrische Zugbeleuehtung in Deutschland so gut wie noch nirgends eingeführt ist, und daß die versuchsweise Benutzung ihres geringen Umfangs wegen zu keinem irgendwie maßgebenden Urteil führen kann. Was mich nun veranlaßt, wieder auf die Diskussion in der vorigen Sitzung zurüekzukommen, ist der Umstand, daß inzwischen auszugsweise durch die Zeitungen ein, wie es scheint, sehr ausführlicher amtlicher Bericht über das Offenbacher Eisenbahnunglück gegangen ist. Am Schlüsse dieser Auszüge ist gesagt: „Die elektrische Zugbeleuehtung wird ab gewiesen, weil sie sich nicht bewährt hat, ebenso wie die Anbringung der Gasbehälter auf den Wagendächern.“ Meine Herrn, ich glaube, daß, wenn eine derartige Abweisung und insbesondere mit derartiger Begründung als Auszug aus einem amtlchen Bericht durch alle Zeitungen geht, dieses der elektrotechnischen Industrie und ihrem berufenen Vertreter, dem Elektrotechnischen Verein, nicht gleich gültig sein kann. Ich stelle daher fest, daß die Begründung dieser Abweisung bei uns in Deutschland eines thatsächliehen Hintergrundes entbehrt und zum Teil auch den Thatsachen widerspricht. leb frage ob zu dieser meiner Bemerkung das Wort gewünscht wird. Wenn das nicht der Fall ist, so nehme ich an, daß der Verein mit meiner Bemerkung einverstanden ist, und erkläre sie als eine von der Ver sammlung gefaßte Resolution.“ Wechselstrom - Bogenlampe mit gegeneinander geneigten Kohlen. Bei den gewöhnlichen Wechselstrom-Bogenlampen, wo der eine Kohlenstab vertikal unter dem anderen steht, fällt eine erheb liche Lichtmenge seitwärts und nach oben, -während es meist wünschenswert ist, daß möglichst viel Licht nach unten fällt. Bei der Wechselstrom-Bogenlampe, wie sie bisher gebräuchlich war, muß man, um dieses Ziel zu erreichen, einen Reflektor an wenden. Die Firma Gans & Co. hat nun eine Wechselstrom-Bogen lampe konstruiert, bei welcher die Kohlenstäbe um 50° gegeneinander neigt sind. Dadurch wird das weiße Licht nach unten geworfen ; außerdem wird auch der Schatten vermieden, der bei der früheren Konstruktion die untere Kohle erzeugte. Ein weiterer Vorteil, den man durch diese Anordnung erreicht, besteht darin, daß man für die Lampe eine weit weniger tiefe Glasglocke nötig hat; es genügt eine Halb kugel. Die Bogenlampe als Telephon. Im Technischen Gewerbe museum in Wien sind Experimente angestellt worden, welche die Entdeckung betrafen, daß der Lichtbogen einer elektrischen Bogen lampe die Uebertragung des Schalles in gleicher Weise wie ein Mikrophon vermitteln könne. In einer vom Wiener Extrablatt ver öffentlichten ausführlichen Schilderung dieser Versuche heißt es: Die Entdeckung wurde vor zwei Jahren von einem Deutschen, dem Elektrotechniker Simon in Erlangen, gemacht. Simon experimen tierte einmal in seinem Laboratoiium mit einer Bogenlampe und merkte dabei, daß der Lichtbogen die Schwingungen eines Ruhm- korff’schen Apparates, mit welchem in einem benachbarten Raume gearbeitet wurde und dessen Leitung mit der Leitung des Bogen lichtes in Verbindung stand, genau wiedergab. Durch eigens an- gestellte Versuche wies er nun nach, daß die glühende Gashülle, welche den Lichtbogen der Bogenlampe umgiebt, in gleicher Weise wie die Platte eines Mikrophons Schwingungen eines intermittierenden Stromes wiedergiebt. Der englische Physiker Duddel ersann nun ein Verfahren, durch welches diese Erscheinung soweit verstärkt wurde, daß der Lichtbogen zur exakten Vermittlung von Schall wirkungen benützt werden konnte, der Strom, durch welchen bei diesem Experiment das Bogenlicht produziert wird, ist ein Gleich strom, das heißt ein Strom von gleicher Stärke und gleicher Richtung. Der Strom jedoch, welcher auf elektromagnetischem Wege, die Schall schwingungen vermittelt, ist entsprechend der größeren oder ge ringeren Stärke dieser Schwingungen stärker oder schwächer; er ist ein intermittierender Strom oder Wechselstrom. In diesen sowohl, wie in den Gleichstrom wird je eine Drahtspule eingeschaltet. Die beiden Spulen sind in enger Berührung miteinander, ohne jedoch leitend verbunden zu sein. Der intermittierende Strom, der die Schwingungen des Mikrophons trägt, wird nun infolge der Induktion durch die Berührung der beiden Drahtspulen auf den Gleichstrom aufgesetzt, das heißt, er begleitet ihn, ohne ihn irgendwie zu beein trächtigen. Macht nun der Wechselstrom den ganzen Weg des Gleichstromes mit, so wird seine Wirkung erheblich abgeschwäeht. Um das zu verhindern, hat Duddell in die Leitung des Bogenlichtes eine sogenannte Drosselspule eingeschaltet. Diese hat den Zweek die Leitung des Bogenlichtes für den Wechsel strom von einem gewissen Punkte an abzusperren. Sie ab sorbiert nämlich den intermittierenden Strom durch Selbstinduktion und läßt nur den Gleichstrom, der das Bogenlicht erzeugt, durch. Dadurch ist der Weg, den die elektromagnetischen Schwingungen des Mikrophons machen, auf eine kürzere Strecke beschränkt und kann da eine größere Wirkung ausüben. Der Wechselstrom legt nun folgenden Weg zurück : Er kommt aus dem Element, geht zum Mikrophon, von da durch die Drahtspule, wo er sich mittels der benachbarten Spule auf den Kohlenstift des Bogen lichtes überträgt. Dann geht er durch den Lichtbogen durch, wird durch die Drosselspule von der weiteren Leitung des Bogenlichtes abgedrängt und muß nun auf dem kürzesten Wege zu seinem Ele ment zurück. An einem Punkte dieser Leitung ist noch ein Konden sator eingeschaltet, der der weiteren Verstärkung des Wechselstromes dient. Der Lichtbogen der Lampe ist, wie erwähnt, von einer Hülle glühender Gase umgeben, die eine Temperatur von 3C00 bis 4000 Grad Celsius hat. Diese Gashülle ist es nun, welche die Schwingungen des Wechselstromes übernimmt und wie die Platte eines Mikrophons an die atmosphärische Luft weitergiebt, so daß Schallwirkungen ent stehen, die denen des Telephons vollkommen entsprechen. Die Wirkung ist in der That eine verblüffende. In einer Ecke des Zimmers stehend, in welchem die Bogenlampe in Funktion gesetzt war, konnte man ganz deutlich hören, was in einem weit entfernten Zimmer in das Mikrophon gesprochen, gesungen und gepiffen wurde. Die Worte, die Töne, die Klangfarbe kamen ebenso deutlich heraus, wie wenn man das Hörrohr eines Telephons am Ohre gehabt hätte. Das Experiment ist von hoher wissenschaftlicher Bedeutung und von größtem Interesse für Fachleute. Ob sich die neu entdeckte Er scheinung praktisch wird verwerten lassen, kann vorläufig noch nicht gesagt werden. Hierzu bemerkt Herr Dr. Hermann Th. Simon, Dozent für Physik am Physikalischen Verein in Frankfurt mit Bezug auf diese Angabe Wiener Blätter, wonach die Entdeckung der „sprechenden und singenden Bogenlampen“ dem englischen Physiker Dudell zu verdanken sei: „Die fragliche Entdeckung ist nicht von Dudell, sondern von mir selbst gemacht und im Jahre 1898 in Wiedemann’s Annalen, Bd. G4, Seite 233 ausführlich beschrieben worden. Dort hatte ich nicht nur gezeigt, dass der elektrische Flammenbogen Ge sungenes und Gesprochenes wiedergeben kann, sondern auch das Umgekehrte, daß derselbe Schallwellen wie ein Mikrophon aufnehmen und überraschend klar auf ein fernes Telephon über tragen kann Im Anschluß an meine Abhandlung hat dann die Elektrotechnische Zeitschrift in Heft 21, Seite 327 des Jahrg. 1898 mit einem Leitartikel auf meine Entdeckung besonders hingewiesen; später sind noch einige Arbeiten anderer Autoren über denselben Gegenstand erschienen, ohne allerdings etwas besonderes hinzuzufügen.“ — Herr Dr. Simon erwähnt sodann, daß er seine Entdeckung im Frankfurter Physikalischen Verein in einem Samstag-Vortrag demon striert habe: „Die „sprechende Lampe“, die ich damals zeigte, füllte mit ihren Tönen den ganzen Hörsaal und war überall laut zu hören. Ich konnte damals aber etwas noch viel Ueberraschenderes zeigen, was auch den Wienern noch nicht gezeigt worden ist, da ich es noch nicht publiziert habe, daß nämlich das Licht der sprechenden Bogen lampe zu einer „Telephonie ohne Draht“ verwandelt werden kann. Ich zeigte, daß dieses Licht beim Auftreffen auf ein sogenanntes Radiophon (z. B. eine Selenzelle, die mit Batterie und Telephon hintereinander geschaltet ist), wieder in Schallwellen verwandelt wird, und daß man demnach mit Hülfe eines Scheinwerfers und der sprechenden Bogenlampe „fernsprechen“ kann.“ (Frkf. Ztg.) Neue Sammler-Elektrode. Auf eine Sammler-Elektrode hat Herr Carl Siber in Berlin unter Nr. 114,0:'6 ein Patent erhalten. In dem aus leichtem, nicht leitendem Stoff bestehenden Rahmen ist das als Stromleiter dienende Gitter eingelegt! Die Ableitungs streifen kommen hierbei in Aussparungen von Ansätzen zu liegen und werden durch die in die Aussparungen einschiebbaren Streifen überdeckt. Die senkrechten Rahmenseiten sind mit Einschnitten ver sehen, in welche Hartgummistreifen eingeschoben werden können. Letztere übertragen den Rahmen auf beiden Seiten und sind an den vorspringenden Teilen mit Löchern versehen, durch welche die Hartgummistäbe hindurchgesteckt werden Bevor dieses geschieht, werden auf die den Stromleiter bedeckende wirksame Masse Schutz streifen aus fein gelochten Hartgummiplatten gelegt, welche durch die Hartgummistäbe gegen die wirksame Masse gedrückt werden. Die angegebene Art der Zusammensetzung der Elektrode gestattet ein leichtes Auseinandernehmen derselben, um die schadhaft ge wordenen Stromstellen resp. Stromleiter durch einen neuen zu er setzen. Ferner kann bei der Elektrode ein Werfen nicht eintreten