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2 XVI. Jahrgang. ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU. Kraftlinien auf irgend eine Weise (Bewegen des Magneten), so werden in dem Ring elektromotorische Kräfte induziert und die Summe dieser Kräfte ist gleich der negativ genommenen Aenderung der gesamten Kraftlinienzahl S in der Zeiteinheit, d. h. der Aenderungsgeschwindig- keit der magnetischen Induktion oder Polai isation. Diese Aenderungs- geschwindigkeit nennt man den „mag netischenStrom“; sic ist der Intensitätsfaktor, der die Kraftlinienzahl, die magnetische Menge, in Bewegung seizt. Durch Aufspeicherung elektrischer Energie in einem Dielektrikum wird dieses in einen Zwangszustand versetzt. Wenn man auch die Frage offen läßt, worin dieser Zwangszustand besteht, so hängt er doch mit einer Energieaufspeicherung zusammen, und man kann auch hier zwei Größen angeben, aus denen der Energievorrat abgeleitet werden kann. Die eine dieser Größen ist der magnetischen Kraft 1p entsprechende elektrostatische Kraft ® mit der Dimension M' 2 L~'h T K 1/! , worin K die Dielektrizitätskonstante. Die zweite Größe ist die di el ektrisch e Verse hie bung X) mit der Dimension M'/aLW 8 T -1 K'k X) hängt von dem Werte, den @ an der be treffenden Stelle des Feldes erlangt hat, in derselben Weise ab, wie die Zusammendrückung einer Feder von det Größe der sietreibenden Kraft. Die Abhängigkeit der Verschiebung X) von ® läßt sich in isotropen (d. h nach allen Seiten gleichförmigen) Körpern ausdrüeken durch die Gleichung X) = e. @, worin c eine vom Material abhängige und für dieselbe Materie konstante (d. h. von der absoluten Größe von @ abhängige) Größe bedeutet; c kann ersetzt werden durch K/4W- Die in einem Raumelemente aufgespeicherte Energie erfährt eine Vermehrung, wenn @ anwächst, die gleich ist dem sealaren Produkte d®. X). dv. Daraus folgt durch Integration, daß die ge samte Energie dT im Volumenelemente dv durch jeden der folgenden Ausdrücke wieder gegeben werden kann: dT = l ffi. X). dv = . I 8 TZ ® 2 .dv = ^X> 2 .dv. K Zwischen den magnetischen Größen 51 und £) besteht in isotropen Mitteln die Gleichung 53 = |i lp, worin 53 die magnetische Induktion oder die Gesamtzahl aller Kraftlinien für die Flächeneinheit, (£) die Feldstärke und [x die Durchlässigkeit oder Permeabilität: für die Energie im Volumenelemente gilt hier die Gleichung dT - ---.53.£>.dv = ^ft 2 .dv = —. 53 2 . dv. « r. * 8 n v 8tc|x Alles, was über den Kraft- und Verschiebungsfluß gesagt ist, läßt sich somit ohne Weiteres auf den Kraft- und Induktionsfluß im magnetischen Felde übertragen. Da eine Aetherverschiebung sowohl für den magnetischen Induktionsfluß als für den dielektrischen Verschiebungsfluß ange nommen werden kann, so liegt die Vermutung nahe, daß eine solche Aetherverschiebung in keinem von beiden Fällen dem wirklichen Vorgang entspreche und daß man sie nur als ein Anschauungsmittel gelten lassen kann. Rein statische Zustände elektrischer oder magnetischer Art zeigen keine Beziehungen zu einander. Erst wenn ein elektrischer oder magnetischer Zustand sich ändert, bringt er eine Erscheinung der andern Art hervor; die in Bewegung gesetzte Elektrizität erzeugt ein magnetisches Feld und das bewegte magnetische Feld erregt Elektrizität. Faraday hätte die Induktionsströme entdecken können, ohne von Galvanis oder Volta’s Entdeckungen irgendwie Kenntnis zu haben. Er macht z. B. folgende Bemerkung: ein Teil einer in sich zurücklaufenden, beliebig langen metallischen Leitung versetzt, wenn er zwischen den Polen eines kräftigen Magneten bewegt wird, jeden noch so entfernten Teil in einen Zustand, vermöge dessen er ablenkende Wirkungen auf in die Nähe gebrachte Magnetnadeln auszuüben vermag. Auf dem Umstande, daß jede in einem Leiter in Bewegung gesetzte Elektrizität, der Leitungsstrom, von magnetischen Wirbeln umkreist wird, beruht die gewöhnlichste Art, die Stärke eines solchen konstanten Stromes zu messen; denn nur durch sein mag netisches Feld vermag er auf einen Magneten zu wirken und sich mit ihm nach dem Parallelogramm der Kräfte ins Gleichgewicht zu setzen. Durch Aenderungen der Verschiebung X) in einem Dielektrikum entsteht her Verschiebungsstrom; er entsteht wie der Leitungs strom durch ein Dahinschwinden des elektrischen Zustandes, der aber immer wieder durch die Elektrizitätsquelle ergänzt wird. Der Leitungsstrom wird unterhalten durch chemische Prozesse oder durch fortwährendes Schneiden der Kraftlinien, der Verschiebungsfluß durch fortgesetztes Reiben, Drücken u. s. w. des Dielektrikums, durch Ionisierung der Atome. Die Jonen (Wandernden) unterscheiden sich von den elementaren Atomen durch ihre elektrischen Ladungen. Wie diese Ladungen entstehen, läßt sich noch nicht mit Bestimmtheit angeben. Man kann nur sagen ; wenn ein Atom in den Jonenzustand übergeht, so erleidet die ihm anhaftende Energie eine Umformung und ein Teil derselben verwandelt sich unter dem Einflüsse des Lösungsmittels, der Reibung u. s. w. in elektrische Energie und bildet die elektrischen Ladungen, und aus deren Dahinschwinden und Ei’gänzen entstehen die genannten Leitungs- und Verschiebungs ströme. Bei der Ionisierung ändert sich aber auch der Gesamtgehalt der Energie, indem ein Teil derselben in Wärme übergeht. Elektrische Ströme sind Stets geschlossen und das hypothetische Fluidüm (der Aether) bewegt sich dabei wie eine niehtzusammen- No. 1. 1898/99. druckbare Flüssigkeit. Dabei kann die Elektrizität materielle Teile des Trägers mit sich führen ; man nennt einen solchen Strom einen ConvectiohsStrom (Convectio = Mitfortführung). Ein Leitungstrom, der an einer Stelle unterbrochen wird, kann in einen Conveetions ström übergehen (elektrisches Glockenspiel). Von diesen drei Strömen entspricht der Verschiebungsstrom vollständig dem magnetischen Strom Beide können durch Systeme von Kraftlinien dargestellt werden. Erzeugen diese Kraftlinien durch Geschnittenwerden Ströme, so heißen sie Induktionslinien. Der magnetische, durch ein gegebenesLeiterstück fließendeStrom ist, wie oben erklärt, gleich der auf die Zeiteinheit bezogenen Aenderung des Induktionsflusses durch dieses Flächenstück. Diese Aenderungen des Induktionsflusses erzeugen in der den Fluß umgebenden Leiterschleife elektromotorische Kräfte. Man kann die in den einzelnen Elementen der Leitung vorhandenen elektro motorischen Kräfte addieren ; ihre Summe sei für den ganzen Leiter kreis zur Zeit t gleich E. Sie ist gleich der Gesamtzahl © der in der Zeiteinheit zum Schnitt gekommenen Kraftlinien;' diese ist aber genau dieselbe, um welche sich © in der Zeiteinheit gerechnet, ver mehrt oder vermindert hat. Tritt zur Zeit t, in der man die elektro motorische Kraft mißt, in dem Zeitelement dt im ganzen Kreise die Kraftlinienzahl d© ein oder aus, so ist die auf die Zeiteinheit um gerechnete Zahl oder die zeitliche Aenderungsgschwindigkeit von © d 'S gleich dS, also ist E — — ^ d@ kann positiv oder neg'ativ sein; im ersteren Falle (Zunahme der umschlossenen Kraftlinienzahl) ist E negativ (inverser, gegen die Uhrzeigerrichtung fliessender Strom), im zweiten (Abnahme der Kraftlinienzahl) positiv (direkter Strom). Magnetischer und elektrischer Strom stehen somit in einem- inneren Zusammenhang Diesen Zusammenhang zwischen den Kräften und erzeugten Strömen geben die Ampere’sche, Maxwell’sche, Fleming'sche und Lenz’sche Regel. Nach Maxwell wirkt ein Magnet so auf einen Stromkreis, daß der vom Stromkreis umfaßte magnetische Kraftstrom ein Maximum wird (Nachweis mit De la- Rive’s schwimmendem galvanischem Element). Die Fleming’sche Dreifinger regel hat zwei Teile; die Linkehand-Regel umfaßt alle Erscheinungen, bei denen bewegliche stromdurchflossene Leiterteile in einem festge haltenen Magnetfelde Bewegungsantriebe erfahren: halten wir den Z -igefinger der linken Hand in die Richtung der Kraftlinien eines festliegenden Magnetfeldes, die Mittelfinger in die Richtung des Stromes, so wird dieser in der Richtung des Daumens derselben Hand quer zur Kraftlinienrichtung vorwärts bewegt; die Rechtehand- Regel giebt die Richtung des Stromes an, der entsteht, wenn ein zunächst stromloser Leiter durch ein ruhendes Magnetfeld bewegt wird: halten wir den Zeigefinger der rechten Hand in die Richtung der Kraftlinien eines festliegenden Magnetfeldes und bewegen wir einen Leiter in der Richtung des Daumens derselben Hand quer zur Kraftlinienrichtung vorwärts, so wird in diesem ein galvanischer Strom induziert, dessen Richtung der des Mittelfingers folgt. Die Linkehand-Regel umfasst alle Erscheinungen des Elektro magnetismus und aus der Rechtenhand-Regel lassen sich alle In duktionserscheinungen ableiten, soweit deren Richtungsbeziehungen zwischen Entstehungsursaehen und Folgen in Betracht kommen. Die Lenz'sche Regel faßt beide Hand-Regeln zusammen: durch die Bewegung eines Leiters in einem magnetischen Felde wird immer ein Strom von solcher Richtung induziert, daß er, elektromagnetisch auf das Feld zurückwirkend, gerade die umgekehrte Bewegung hervorrufen würde. Diese Regel lehrt die Wechselbeziehung zwischen elektro magnetischen und Induktionserscheinungen kennen; dieselbe Wechsel beziehung tritt aber auch in in sich zurücklaufenden oder eyklischen Bewegungen auf. Der Stromstärke entspricht (H. Ebert: Magne tische Kraftfelder S. 312.) die cyklische Geschwindigkeit, der In- duktanz das Trägheitsmoment, dem magnetischen Moment das mechanische Moment der Bewegung, der von außen wirkenden elektromotorischen Kraft die von außen wirkende Antriebskraft und der Arbeit der elektromotorischen Kräfte die Arbeit der eyklischen Kräfte. Ein Solenoid ist eine Drahtröhre. Da alle Windungen einen Strom von derselben Richtung tragen, so fließen die weiter entfernten Kraftlinien ineinander, im Innern der Röhre entsteht ein fortlaufender Kraftlinienzug, am einen Ende entsteht wie bei einem Dauermagneten ein Nordpol, die Kraftlinien treten hervor und münden auf der andern Seite wieder ein. Ein Solenoid verhält sich also in seinem Kraftlinienverlauf nach außen gerade so wie ein Stahlmagnet. Eine Schale ist ein Raum zwischen zwei sehr benachbarten ebenen oder stetig gekrümmten Flächen und einer entsprechenden Randfläche, deren Erzeugende normal zu diesen Flächen stehen. Wenn eine der beiden Ansichtsflächen eine Belegung von freier positiver, die andere eine ebensogroße von negativer magnetischer Masse trägt, so hat man eine magnetische Schale. Daß eine solche Schale durch einen Kreisstrom ersetzt werden kann, folgt aus der Erklärung über das Solenoid; die einzelne Kreisschleife erzeugt an ihren Flächen zwei Pole, wie das Solenoid. Die Tangentenbussole mit einer einzelnen Windung zeigt, daß ein Kreisstrom dieselbe pönderomotorische Wirkung durch Drehung der Magnetnadel aus üben kann wie eine magnetische Schale; Strom und Magnetismus stehen auch in ponderomotorischer (gewiehtsbewegender) Weehsel- ■ Wirkung.