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69 XIV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 4. 1896/97. gegen Erde durch Einbettung- derselben in isolierende Materialien (Ulbrich, Lindeck u. A), oder ob endlich das Auftreten größerer Spannungsunterschiede zwischen den verschiedenen Punkten des Gleises durch genügende Speisung des Schienennetzes mittels isolirter Rü ckleit ungskab el und ev. durch Anwendung künstlicher Spannungserhöher sogenannter booster, Eegulierwiderstände etc. (Kapp, Kasch) verhütet wird. In welcher Weise die Disposition des Küekleitungsnetzes für die z. Zt. in Betrieb gekommenen Ausstellungslinien der Großen Berliner Pferdeeisenbahngesellschaft bewirkt ist, zeigt Pig. 1. Wie ersichtlich, werden die beiden sich schneidenden Linien von der Zentrale Mauerstraße der B e r 1 in er Elektrizitätswerke gespeist. Es sind 4 Speisepunkte der Arbeits- und desgleichen der Schienenleitungen vorhanden; dieselben befinden sich in einem Abstande von nicht über 2‘/ 2 km. von einander. Der Spannungsabfall in den Speiseleitungen beträgt maximal ca. 10°/ 0 der Betriebsspannung, sodaß auf die den Arbeitsfeedern ganz gleichen Schienenfeedern maximal ca. 20 V Spannungs verlust entfallen. Da auf jede Schienenspeiseleitung innerhalb des Weichbildes durchschnittlich nur ungefähr Gleiselängen von ca. 1 km (infolge der über wiegenden doppelseitigen Speisung jedes Gleisestückes) mit Belastungen von höchstens etwa 10 Wagen entfallen, so treten nach der Berechnung in den Gleisen zwischen den Speisepunkten nur Spannungsdifferenzen von weniger als 1 V auf. Voraussetzung ist hierbei, daß das Potential aller Speisepunkte möglichst genau gleich hoch gehalten wird. Eine Kontrolle der Spannungsunterschiede zwischen den einzelnen Schienenspeisepunkten ließe sich eventuell unschwer mittels der Prüf drahte der Speisekabel von der Zentrale aus bewirken. Man würde dieselben dabei genau wie bei den Gleichstromlichtnetzen an die zu kontrollirenden Punkte der Strecke anschließen und in der Centrale mittels Umschalters und event. Signal kontrolleinrichtung an ein Niederspannungsvoltmeter legen, um sowohl die Aufmerksamkeit der Behörde zur Pflicht, so komplizieren sich die Verhältnisse noch erheblich, wenn man das große dichtmaschige Netz der vorhandenen und vor der Frage der „Elektrisierung“ stehenden, fast einem Dutzend verschiedenen Unternehmer gehörenden Bahnen ins Auge faßt und ferner die Kombination von unterirdischen Zuleitungs strecken mit oder ohne Rück- leitung durch die Gleise mit oberirdischen Zuführungslinien und die damit bewirkten eventuelen Unterbrechungen im Stromverlaufe berücksichtigt. In diesem Sinne enthalten daher die Vorschriften des Magistrats besondere Bestimmungen über das Verhältnis der verschiedenen Unternehmer zu einander und aus diesem Gesichtspunkte sind auch die Regulative über den Betrieb der Bahnen aufzufassen. Denn es ist ersichtlich, daß jede wesentliche Be triebsverschiebung auf der Linie des einen Unternehmers auch auf die Schienen spannungen der anderen Nachbarstrecken influenzieren wird. Der Magistrat wird die unter den hiesigen Terrain und Betriebsverhältnissen auftretenden Erdströme demnächst durch Versuche feststellen und zwar in der Art, daß die Leitungs widerstände der Gleise, die Kontinuität der Schienen, speciell der Stoßver bindungen, r die Erdübergangswiderstände in asphaltierten und gepflasterten Straßen, unter verschiedenen Bettung-sverhältnissen, ferner die auftretenden Potentialdifferenzen geprüft werden. Die späteren periodisch vorzunehmenden Betriebsmessungen, welche keine unötige Erschwerung des Betriebes mit sich bringen dürfen, werden sich dann wohl auf die Beobachtung der Spannungs differenzen der Strecke entlang- beschränken können. Diese Messungen sind am bequemsten vorzunehmen und gestatten, -wenn durch Vorversuche die Grund zahlen ermittelt sind, mit genügender Annäherung die wahrscheinliche Größe der Erdströme zu berechnen und danach eventuell Maßregeln zu treffen. Die Mitteilung der näheren Details über die hierbei befolgten Meßmethoden und der Ergebnisse der hiesigen Betriebe muß einer späteren Gelegenheit vor- behaltung bleiben. ,0>V' Fig. 1. Sch ltnen- Gel eise der Cf. B. P. Arbeits-Draht Schien en^Sfie.Lse-Kcibet Cent rate A rbeits-Sfieise-Kabel A rbeits-l/ertheilungs-Kabel # Schienen - Sp.eisep.unkt (I-J7) 0 (A rbeits-Sp eise- \ Zertheilunqs-Punkt Fig. 2. \ Zool. GartrTre/itorv 1 2 Lini&nder G.B.R (mit Oberl eituno I. I I /Dönh.fl.- Glogauerstr. UnterlrdZufuChrunq 97771 i 1 Linie von S.hH. '42Z62Z ) 0beriet, tuncf Mau.erstr.ci , , , B.K.W • (I-ETJ Schienensf?eis?fuinkte fä r 1ll2 <§) I' dto. für M- Differenzen der Schienenpunkte untereinander als auch gegen „Erde“ zu be obachten. In dieser Hinsicht verweise ich auf meine früheren Vorträge über diese Einrichtungen zentraler Meß- und Sicherheitstechnik. — Würden zwischen den einzelnen Speiseleitungen Spannungsdifferenzen von mehreren Volt auftreten, so könnten sich schon bei den gezeichneten, von der Union gebauten Linien der Pferdebahngesellschaft stärkere Erdströme ausbilden. Noch erheblich komplizirter gestaltet sich die Situation, wenn man nun noch die neuerbaute Bahn von Siemens &Halske, welche eine ähnliche Trace verfolgt, berücksichtigt. Fig. 2 zeigt die Lage der drei Linien zu einander. Es würden sich hierbei schon vertiable elektrische „Ueberschwemmungsgebiete“ ausbilden können, wenn nicht die Grnndlagen der gemeinsamen Kontrolle der Bahnen verschiedener Unternehmer beobachtet würden, nämlich vor Allem die Gemeinsamkeit der Zentrale (in diesen Fällen die hiesigen Werke, speciell die sehr günstig gelegene Station Mauerstraße), die Gleichartigkeit der Disposition und Berechnung der Schienenspeisekabel, die möglichst genau gleich hoch zu haltende Spannung an den Speisepunkten der verschiedenen Bahnen und even tuell die Verbindung bzw. Ueberbrückung solcher benachbarter Punkte der verschiedenen Linien, welche erhebliche Spannungsunterschiede aufweisen. Macht somit schon die relativ geringe Ausdehnung der z. Zt in Betrieb befindlichen Strecken, welche sich an drei Punkten schneiden, eine besondere H. H.! Ich habe versucht, Ihnen in großen Zügen die Grundbedingungen in administrativer und technischer Hinsicht darzulegen, welche vom Magistrat für die allgemeine Einführung der elektrischen Bahnen in Berlin geschaffen worden sind. Mit den Erfahrungen und Beohabachtungen der nächsten Monate wird es wohl gelingen, etwa noch fehlende Bausteine zu dieser Basis zu sammeln. Wir können überzeugt sein, daß die Elektrotechnik, die täglich so reiche neue Lor beeren auf dem Gebiete des elektrischen Straßenbahnwesens erringt, sich auch den hier gestellten Aufgaben vollauf gewachsen zeigen wird. Hoffen wir, daß es den schwebenden Verhandlungen über die Umwandlung aller bestehenden Pferdebahnen gelingen möge, in dem hier angedeuteten Sinne eine Einigung der teilweise noch widerstreitenden Faktoren herbeizuführen und daß die einzelnen Interessen sich znsammenfinden mögen in dem g-emeinsamen Bestreben, für das Wohl der Stadt das Beste zu leisten, denn für denVerkehr, die Seele des haupt städtischen Lebens, ist das Beste nur gerade gut genug. Und so wünschen wir, daß das Jahr 1896 nicht nur mit seiner Gewerbeausstelung, sondern auch mit der Inaugurierung einer durchgreifenden V e r k e h r s r e f 0 r m einen Markstein in der Geschichte Berlins bilden möge, damit die Reichshauptstadt mit einem im Wesentlichen vollendeten, durchaus vollkommenen Netze elektrischer Bahnen die Schwelle des nächsten Jahrhunderts bereits überschreite.