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XIV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 3. 1896/97. 61 Vorschrift, daß jede im Handel benutzte Wage von einem Aichamt geprüft und zum Zeichen der Richtigkeit gestempelt sein muß. Die Vorschriften der kaiser lichen Normal-Aiehungskommission in Berlin, nach welchen die Aichämter sich bei ihren Arbeiten zu richten haben, sind daher für die Konstruktion der für das deutsche Reich bestimmten Wagen von entscheidendem Einfluß und erstrecken sich vornehmlich auf 4 Eigenschaften: 1) Die „Stabilität des Gleichgewichts“. Jede Wage, welche innerhalb der Grenzen, für welche sie konstruiert ist, belastet ist, muß, wenn durch Anstoßen mit der Hand etwas aus ihrer Gleich gewichtslage gebracht, nach einigen Schwingungen wieder in dieselbe zurückkehren. 2) Die „Empfindlichkeit“; die Fähigkeit der Wage, die darauf ge wogenen Gewichte noch bis zu genügend feinen Bruchteilen der Ge wichtseinheit meßbar zu machen, wobei die Anforderungen sich durchaus nach dem ausgesprochenen Zweck der Wage richten und sowohl aus ökonomischen wie technischen Gründen keine größere Empfindlichkeit von einer Wage verlangt wird, als für ihren Zweck erforderlich ist. 3) „Uebereinstimmung wiederholter Wägucgen 4 , wobei die Angabe durch Verschiebung der Last oder der Gewichte innerhalb des ur Aufral n:e beslinmten Ranr.es rieht beeinflußt werden darf. Ferner ist der Einfluß ungleichmäßiger Erwärmung hervorzuheben, welcher bei allen feineren Präzisionswagen sorgfältig zu vermeiden ist, und da auch der Auftrieb der atmosphärischen Luft eine nicht unbeträchtliche Fehlerquelle bildet, so werden Wägungen, bei welchen es auf sehr große Genauigkeit ankommt, z. B. zur Vergleichung der sogenannten Urgewichte, im luftleeren Raume aus geführt. Im Uebrigen kann auch fehlerhafte Aufstellung einer Wag'e zu falschen Resultaten führen. In der Hauptsache zerfällt die Fabrikation in dem Etablissement genannter Firma in 3 Teile: 1) Herstellung der einzelnen Wag-Teile, wie Wagsäulen, Wagbalken, Lagerstücke, Gestänge und Fagonteile, letztere auf Spezialmaschinen bezw. durch Ausstanzen und Auspressen des Materials (meist Messing) mittelst starker Pressen, Löten und Bearbeiten auf Drehbänken, Fräs maschinen etc., wobei meist Arbeitsteilung eingeführt ist, und vieles in Hausindustrie gefertigt wird. 2) Polieren und Lackieren bezw. galvanische Vernickelung der einzelnen Teile. 3) Zusammensetzen und Justieren der Wagen durch ältere hiezu besonders befähigte Angestellte in besonders gegen Erschütterung und Luftzug geschützten und stets gleichmäßig temperierten Räumen. Analytischer Gewichtsatz. Wage zur Bestimmung des spezifischen Gewichts fester und flüssiger Körper nach Mohr. Apothekerwage. Präcisionswage für Chemiker, Apotheker, Gold, Silber u. techn. Zwecke. Apothekerwage. 4) Um einer Wage den gesetzlichen Stempel der Richtigkeit geben zu können, muß dieselbe durch ihre Konstruktion und Ausführung auch die Erhaltung der im neuen Zustande vorhandenen Eigenschaften ver bürgen, deshalb in allen Teilen des Materials so stark sein, daß keine merkbaren Biegungen eintreten können und darf namentlich keine Ein richtung zu Korrektionen besitzen, durch welche sie mit wenig Mühe in betrügerischer Absicht gefälscht werden könnte. Dementsprechend sind auch diese Wagen der Firma ausgeführt und werden, sofern nicht für das Ausland bestimmt, meist in Ebingen selbst, wo das neben Berlin bedeutendste Präzisions-Aichamt Deutschlands sich befindet, geaicht. Die bedeutsamste bei allen Wagen vorkommende Fehlerquelle ist die Reibung; deshalb ist eine Wage um so besser, je weniger Achsen dieselbe hat, je sorgfältiger deren prismatisch dreikantige Teile nebst Lager bearbeitet und gehärtet sind. Für alle Fälle, wo es auf große Genauigkeit ankommt, ist die ebene Pfanne der runden oder mit lagerartiger Kerbe versehenen vorzuziehen. Dieselbe Fabrikationsweise ist auch bei Herstellung der Gewichte und chemi sch-pharmazeutischen Geräte sowie Utensilien und Werkzeuge für Juweliere durchgeführt, welche eine besondere Spezialität der Firma bilden und in deren Ausstellung durch Gewichtsätze aller Art, Pillenbretter, Schmelztiegel und Zangen, Lötrohre, Korkborer, Pinzetten, Spatel und verschiedene Hornwaren für Apotheker und Chemiker, ferner feine Juwelier-Pinzetten, Perlen- und Brillanten siebe und Sortierbretter, Maße zur Bestimmung des annähernden Gewichts der Brillanten und Perlen, Blechleeren für Feinbleche etc. vertreten sind. Die Justierung der Gewichte mit den Normalgewichten erfolgt vermittelst hiezu besonders genau konstruierter Wagen verschiedener Größe von 1 Gramm bis 50 Kilo Tragkraft, in eigens hiezu reservierten Räumen und durch besonders zuverlässige Angestellte. In der mechanischen Tischlerei, welche 4 — 6 Arbeiter beschäftigt und mit mehreren Hilfsmaschinen, wie Kreissäge, Hobel-, Fräs-, Stemm- und Bohrmaschine etc. ausgestattet ist, werden die polierten Waggehäuse, Etuis, Gewichteinsätze