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46 XIV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU“ No. 3. 1896'97. scheint die Einrichtung sieh zu bewähren, ebenso wie die Trambahnen zu Budapest und die von Port Rush Road in Irland, die ebenfalls unterirdische Zuleitung haben. Die Metropolitan Traction Co., welche das sehr ein fache System der General Electric Co. angenommen, hatte be schlossen, die Einrichtung so zu treffen, daß sich leicht oberirdische Zuleitung hätte einführen lassen, wenn sie mit der unterirdischen in Schwierigkeiten geraten wäre; es ist aber keine Aenderung nötig gewesen. An beiden Seiten des Kanals (Fig. 1) werden die Leiter von Isolatoren besonderer Art (Fig. 2) getragen, sie bestehen aus einem außen und innen gewellten Porzellanstück, welches in ein ebenfalls gewelltes Gußeisenstück eingesetzt ist. In der Mitte des Isolators befindet sich der eigentliche Leitungsträger aus Gußeisen in Stabform; das Ganze ist mit Cement verkittet. Am Ende des Eisenstabs ist eine Hülse als Träger für den eingebolzten Leiter aufgekeilt. Diese Fig. 2. Leiter bestehen aus kleinen Eisenröhren, die einen inneren Durch messer von 0,03 m und einen äußeren Durchmesser von 0,05 m haben; sie sind in einem Abstand von 9 zu 9 m angebracht, durch Kupferleiter mit einander verbunden und an den Trägern mittels Bolzen, welche durch sie hindurchgehen, befestigt. Der Stiel der Trolley besteht aus zwei Stahlplatten, welche mit einander verbolzt sind und die Form eines Parallelogramms von 0,012 m Dicke und 0,20 m Länge haben; er taucht in den Kanal und endigt unten in eine dicke Platte aus isolierendem Material, um Kurzschlüsse zu verhüten (Fig. 3). Auf dieser Platte, und von ihr durch Holz und Faserstoff getrennt, sind auf beiden Seiten die Kon taktstücke montiert, die sich einerseits an die Linienleiter anlegen und anderseits mit Kupferstäben in Verbindung stehen, die von dem Stiel der Trolley getragen werden; die Kupferstäbe liegen in inneren Riefen des Trolleyträgers und sind mittels Glimmer sorgfältig isoliert. Die Kontaktstücke sind aus Gußeisen, haben eine länglich-ovale Ge stalt : 0,07 • 0,05 m und werden gegen die unterirdischen Linienleiter Fig. 3. mit einer Kraft von ungefähr 3 kg durch platte Stahlfedern von 0,05 m Länge gepreßt. Die Verbindungen der Kontaktstücke mit den Trolleyleitern werden durch leicht schmelzbare Drähte bewerk stelligt, um die Motoren vor dem Verderben zu schützen. Die Kraftstation, welche in der 146. Straße angelegt ist, ent hält zwei mehrpolige Dynamos, Type B. der General Electric Co., sie machen 100 Umdrehungen und geben jede 1200 Ampere bei 330 Volt; die Dynamos werden durch Compound-Allis Maschinen von 1000 Pferden angetrieben. Die Wagen selbst sind mit 2 Motoren von 25 Pferden, zugleich für Heizung und Beleuchtung, ausgerüstet. Nach dem Scientific American hat dieses System während des ganzen Winters ohne Unterbrechung vorzüglich functioniert. Die Kanäle füllten sich nicht mit Schmutz oder Wasser, weil in bestimmten Abständen Abführungsröhren angebracht waren; das Regenwasser, anstatt zu schaden, diente zur Ausspülung. Nur zwei- bis dreimal im Jahre mußte eine Reinigung vorgenommen werden; Einsteigöffnungen, welche in Abständen von 75 m voneinander angelegt waren, dienten dazu, um die Leitungen und Kontakte in gutem Zustand zu erhalten. Wenn wirklich dieses System der unterirdischen Zuleitung sich bewährte, so wären die Tage der oberirdischen Zuleitung gezählt; freilich müssen dabei die Kosten in Berücksichtigung gezogen werden, die bei sorgfältiger Einrichtung zweifellos nicht unbeträchtlich sind. Immerhin nähert sich dieses System, was den Kostenpunkt betrifft, dem oberirdischen bedeutend. Die Organisation des Verkehrswesens und die technischen Bedingungen für elektrische Strassen- bahnen in Berlin. Vortrag gehalten in der Sitzung des Elektrotechnischen Vereins am 28. April 1896 von Dr. M. Kallmann, Stadtelektriker von Berlin. (Fortsetzung.) Nun meine Herrn muß ich noch kurz die Kostenfrag e der verschiedenen elektrischen Betriebssysteme streifen, denn dieser Punkt ist für die Be schleunigung oder Verzögerung der Umwandlung der Berliner Pferdebahnen von ausschlaggebender Bedeutung und zwar deshalb, weil wir es mit der Umwandlung eines bereits bestehenden, vertragsmäßig bis 1911 verbrieften und z Z. glänzend reüssirenden Pferdebetriebes zu thun haben. Es handelt sich um das Reclien- exempel, ob die jährlichen Ersparnisse bei dem elektrischen gegenüber dem seit herigen Pferdebetriebe groß genug sind, um innerhalb der noch verbleibenden Konzessionsfrist von etwa 12 Jahren (nach Vollendung eines eventuellen Umbaus) die Zinsen und Amortisation der erforderlichen Baukosten zu decken — Sehen wir zunächst von einer wesentlichen Verkehrzunahme ab, die nach den Er fahrungen anderer Städte wie Hamburg, Elberfeld, Halle etc. auf 20—50°/ o viel leicht geschätzt werden könnte, so können wir rund 33 Millionen Wagenkilometer Jahresleistung in Anschlag bringen. Die Ersparnis in den Traktionskosten sind auf mindestens 6,5 Pf. pro Wagenkilometer zu schätzen, nämlich etwa 12,0 gegen 18,5 Pf., was etwa 2'/, Millionen Mark Ersparnis per Jahr ausmachen würde. Demgegenüber sind die maximal erwachsenden Umwandlungskosten des Netzes der beiden bestehenden Gesellschaften auf rund 23 l /, Millionen Mark zu veran schlagen, vorausgesetzt, daß der Bau eigner Zentralen und die Verlegung eigener Speisekabei den Unternehmern erspart bleibt, und ferner die Ausrüstung ausschließlich mittels Oberleitung geschieht. Nahezu die Hälfte obiger Summe entfällt auf den Wagenpark, und fast '/, auf die Schienenerneuerung. Wesent lich höher stellen sich die Kosten bei teil weiser Anwendung unterirdischer Stromzuleitung. Die Verhältnisse liegen deshalb in Berlin für die Kanalleitung materiell ungünstiger, weil die hierfür in Frage kommenden Strecken in Hauptstraßen liegen und fast durchweg asphaltiert, ferner ausnahms los zweigleisig sind. Vor allem ist zu beachten, daß es sich um den Umbau schon bestehender Linien handelt. Während die ca. 30000 M. pro Kilometer betragenden Anlagekosten einer zweigleisigen Strecke mit Oberleitung nur ca. 20°/ o höher sind, als bei eingleisigen Linien, stellen sich die Aus gaben bei zweigleisigen Kanalleitungen nahezu auf das Doppelte der jenigen für eingleisige Strecken. Die Kosten der Tiefzuleitung betragen sonach für zweigleisige Strecken mit ca 200 000 M. pro Kilometer einschließlich der Pflasterarbeiten im Asphalt ungefähr das Sechsfache (bei definitivem Steinpflaster nahezu das Fünffache) der Anlagekosten bei doppelgleisiger Oberleitungsstrecken ausrüstung. Von den indirekten Unkosten durch die gewaltigen Straßenpflaster arbeiten und die eventuell erforderlichen teilweisen Nachtarbeiten zur Vermeidung allzugroßer Verkehrsstörungen in den Hauptstraßen und den Kosten für die eventuellen Notgeleise sei hierbei ganz abgesehen. Demnach würde die Einfügung von — sagen wir — rund 15 km doppelgleisiger Tiefzuleitung bereits ca. 2'/, Millionen Mehrkosten bei der Umwandlung verursachen. Weniger einfach liegt der Kalkül bei der Veranschlagung des Akumu- latorenbetriebes. Es handelt sich um die Festsetzung einer solchen Amortisationsquote für die Batterien, daß deren Höhe nicht die Wirtschaftlich keit ganz illusorisch macht. Das ist aber bei gemischtem System anscheinend nicht der Fall Rechnen wir die Anschaffungskosten einer ca. 1000 kg wiegenden Batterie 4000 M. und nehmen dreijährige Lebensdauer an, so erwachsen ca. 1333 M. jährlich Amoit'sations- und Unterhaltungskosten. Bei 6500 Stunden pro Jahr durchläuft ein Wagen im Jahre etwa 65 000 km, auf welche 1333 M. Batterieunkosten entfallen d. h. ca 2 Pf. pro Wagenkilometer. — Die Ersparnisse des gemischten Akkumulatoren- und Oberleitungsbetriebes gegenüber dem Pferde betriebe wrnrden sich sonach von ca 6‘/-, auf etwa 4 / 5 —5 Pf. reduzieren. Da es sich ja in Berlin nur um einen eventl. kleinen Bruchteil des Netzes handelt, der mit solchem gemischten Betriebe arbeiten würde, so wäre der Mehraufwand nicht so sehr beträchtlich und es würde sich für die Unternehmer im Wesentlichen nur darum zu handeln brauchen, außer der Gewähr der betriebstechnischen Güte die Garantieen der Akkumulatorenfabriken dafür zu haben, daß für eine derartige eventuell fixierte Versicherungsprämie pro Wagenkilometer — die aber derartige Summen wie 2 Pf. kaum übersteigen dürfte — die dauernde Unterhaltung der Batterien übernommen wird. Wollte man aber erst abw r arten, bis Akkumulatoren solche jahrelangen Dauerproben glücklich überstanden haben, so wäre an die Einführung eines derartigen Betriebes in absehbarer Zeit kaum ernstlich zu denken. Dieses Risiko bleibt aber durch solche natürlich möglichst geringen Versicherungsprämien den Bauunternehmern erspart. Da die Umwandlung des Pferdebahnbetriebes in einen elektrischen in letzter Linie doch nur auf eine Finanz- oder, was dem äquivalent ist, auf eine Konzessionsdauerfrage hinausläuft, so habe ich hier den Kostenpunkt kurz streifen zu müssen geglaubt, zumal da die städtische Verwaltung unter Umständen unmittelbar dabei finanziell interessiert sein kann. Es pflegt nämlich