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26 XIY. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 2. 1896/97. gebracht und damit ein Beispiel für ein neues Verkehrssystem gegeben, dessen gründliches Studium auch für unsere deutschen Großstädte, nicht zum wenigsten für Frankfurt, von ganz erheb lichem Vorteil sein wird. (Frkf. Ztg.) Elektrische Stromschifffahrt durch Berlin. Die vom Verein Patentschutz anberaumte Versammlung zur Be sprechung des von uns kürzlich erwähnten Plan’s einer elektrischen Stromsehifffahrt durch Berlin hat vor Kurzem stattge funden. An der Debatte beteiligte sich auch der Vertreter von Siemens & Halske, welche Firma, nach den Ausführungen dieses Herrn, der Frage der elektrischen Stromschifffahrt gleichfalls näher getreten ist und eine ganze Reihe von Plänen aufgestellt hat. Wie er betonte, sei die Sache im Wesentlichen eine Frage der Rentabilität. Die elektrische Schifffahrt verspreche nur dann Erfolg, wenn sie billiger sei, als andere Betriebe. Bei billigem Betrieb könne von einer Rentabilität nur da die Rede sein, wo ein sehr lebhafter Verkehr herrsche. Von diesem Gesichtspunkt aus sei die Berliner Fahrstraße ein ganz geeignetes Feld, während große Kanalstrecken mit gewöhnlichem Verkehr kaum rentablen Be trieb versprechen. Berücksichtigen müsse man auch die Stellung der Regierung; soweit er informiert sei, werde das Ministerium der öffent lichen Arbeiten an der Forderung festhalten, daß bei elektrischer Schleppschifffahrt jedes Fahrzeug mit besonderem Motor fortbewegt werde, daß man also auf die Bildung von Schleppzügen verzichte. Sowohl von Ingenieur Benoit, wie auch von den übrigen Rednern wurde im Allgemeinen auf die Schwierigkeit der ganzen Frage hin gewiesen und die Notwendigkeit praktischer Versuche im Kleinen betont. Unter diesen Umständen wurde es allseitig freudig begrüßt, daß ein in Charlottenburg wohnender Ziegeleibesitzer, dessen Ziegeleien in der Königswusterhausener Gegend liegen, sich bereit erklärt hat, auf eigene Kosten eine 4 Kilometer lange Versuchsstrecke herzustellen. Ueber die derzeitigen Aequivalente für Gas und Elektrizität. A. Für L icht: Gas: Elektrizität: 1. Im Gasglühlicht geben bei 1. Im elektrischen Glühlicht gewöhnlichem Druck im Durch- geben im Durchschnitt der Brenn schnitt der Brennstunden stunden 100 Liter Gas ca. f>6 N.K. 50 Watt ca. 14 N.K. in sog. 1 cbm „ „ 560 „ 16 Bogenlampen 1 Kilowatt ca. 2 V 0 N.K. daher 1 cbm Gas = 2 Kilowatt, 2. Im Gasglühlicht geben bei 2. Im 1 m Gasdruck geben 200 Liter Gas ca. 200 N.K. 1 Kilowatt ca. 1000 N.K. 1 cbm „ „ 1000 „ daher 1 cbm Gas = 1 Kilowatt. B. Für Kraft: elektrischen Bogenlicht Gas: 1 effekt. Pferdekraft verbraucht zur Zeit in kleineren Motoren ca. 800 Liter in größeren „ „ 600 „ 1 cbm Gas liefert also 1,25 bis 1,66 P.S. Elektrizität: 1 effekt. Pferdekraft (736 Watt) verbraucht z. Zeit in kleineren Elektromotoren bei ca. 80" o durchschnittlichem Nutz effekt ca. 920 Watt, in größeren Elektromotoren bei ca. 90" o durchschnittlichem Nutz effekt ca 820 Watt, 1 Kilowatt liefert also 1,08 bis 1,22 P.S. d a h e r 1 cbm Gas größer oder gleich 1 Kilowatt C. Für Wärme: 1. Nach Versuchen von J. Hasse ergaben: Gaskocher einen Nutzeffekt von 48 —55°' 0 , 1 cbm Gas von ca. 4800 Calorien liefert also in demselben 2400 bis 2600 effekt. Cal. 2. Versuche von F. Joly an 18 Systemen von Gasheizöfen ergaben: 75,6 —93,l°/o Nutzeffekt, 1 cbm Gas lieferte mit demselben also: 3628—4080 effekt. Cal., 1 cbm Gas leistet also 2400 bis Cal. 4000 effekt. 1. F. H. Haase giebt für die stündliche Erzeugung von 1000 Cal. bei 80—90"/ 0 Nutzeffekt 1280 bis 1440 Watt an, also leistet 1 Kilowatt 780—690 effekt. Cal. 2. A. Herzberg giebt als ab gerundete Zahl für Berechnung der elektrischen Energie zu Heiz zwecken bei 95" o Nutzeffekt 1,25 Kilowatt für 1000 effekt. Cal., 1 Kilowatt leistet also ca. 800 effekt. Cal., 1 Kilowatt 700 — 800 effekt. Cal. 1 cbm Gas leistet das 3 l i% bis 5fache von 1 Kilowatt. Gewöhnlicher Preis: 1 cbm Gas für Lieht ca. 14 bis 20 Pfg. 1 cbm Gas für Heiz- und Kraft zwecke ca. 8—12 Pfg. 1 Kilowattstunde für 60—80 Pfg. 1 Kilowattstunde für ca. 20—30 Pfg. Licht ca. Kraft etc. —W. W. Die Organisation des Verkehrswesens und die technischen Bedingungen für elektrische Strassen- bahnen in Berlin. Vortrag gehalten in der Sitzung des Elektrotechnischen Vereins am 28. April 1896 von Dr. M. Kallmann, Stadtelektriker von Berlin. (Fortsetzung. Zur Ausbildung eines geschlossenen Verkehrsnetzes gehört auch die Be fugnis der Behörde, den Bau neuer Linien von den Unternehmern verlangen zu können, sofern deren Anlage zur Hebung des Verkehrs erforderlich erscheint ; selbstverständlich würde im Falle nicht genügender Rentabilität der neuen Strecken die Gesellschaft für den nicht gedeckten Mehraufwand entsprechend zu entschädigen sein. Die hier kurz gestreiften Gesichtspunkte bilden abgesehen von den hier weniger interessierenden Momenten die Hauptgrundlagen, für eine Reform des Verkehrswesens. Auf derartiger Basis ist eine Verwaltung im Großen und Ganzen bei genügendem Entgegenkommen der beteiligten Kreise imstande, eine straffe Organisation des Verkehrs durchzuführen und zu rvahren, selbst wenn die Regie des Betriebes nicht in ihrer eigenen Hand ruht. Indem die Behörde in dieser Art die Fäden des Verkehrs in der Hand behält, ist sie in der Lage, durch die ihr zufließenden vertragsmäßigen Abgaben der Unternehmer auch in finanzieller Hinsicht nicht ganz unvorteilhaft zu arbeiten, ohne doch das Risiko eines eigenen Betriebes übernehmen zu brauchen. Im Gegensätze zu den üblichen Verträgen zwischen städtischen Behörden und den Unternehmern öffentlicher Werke, wie z. B. von Elektrizitätswerken, pflegen die Abgaben von Straßenbahnunternehmungen zwar ebenfalls von der Bruttoeinnahme aber nicht in fixem Satze sondern in einer progressiv mit der Bruttoeinnahme steigenden Prozentskala erhoben zu werden. Auf diese Weise wird die Abgabe kleineren Betrieben nicht bemerkenswert fühlbar, während die erhöhten Bruttoabgaben von Großunternehmung’en unschwer getragen werden können. Die z. Zt. 8 °/ 0 der Fahrgeldeinnahme betragende Abgabe der Großen Berliner Pferdeeisenbahnge sellschaft betrug l>-95 1 215 366 Mk dazu kommt eine Pflasterrente von 238 059 Mk. Im Ganzen hat die Stadt Berlin von der Großen Berliner Pferdeeisenbahn gesellschaft bisher einen Nutzen von ca. 12'/, Mill. Mk. bezogen und ferner eine Pflasterrente von ca. 3 1 /, Mill Mk. Aus der Höhe dieser Summen können Sie schon rückwärts einen Begriff von den außerordentlich hohen Einnahmen er halten, die sich aus der Fruktifizierung des Berliner Verkehrs ziehen lassen. Die indirekte Steuer, oder — sagen wir — der Beitrag, den jeder Eimvohner im Durchschnitt zu diesen übrigen Einnahmen der Verkehrsgesellschaften jährlich leistet, beträgt ca 16'/, Mk.; das ist die jährliche Ausgabe, die bei den pro Kopf entfallenden durchschnittlich 150 jährlichen Fahrten bei dem Durchschnitts fahrpreis von 11 Pfg. sich ergiebt. — Die Einführung des 10 Pfennigtarifes würde hiernach von vornherein schon bei dem jetzigen Verkehrsbedürfnisse für jeden Einwohner eine durchschnittliche jährliche Ersparnis von 1,50 Mk. bedeuten, ganz abgesehen von der indirekten Förderung der Interessen der Bürger, die die Ein heitlichkeit und Verallgemeinerung des Tarifs im Gefolge hat. Nicht allein billige und bequeme Verkehrsgelegenheit zu bieten, ist aber der Zweck einer Neuorganisation, wie sie die allgemeine Einführung motorischen Betriebes darstellt, sondern die Verkehrsmittel sollen auch hinsichtlich der Sicher heit und hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit allen Anforderungen genügen. So komme ich denn zum zweiten Teile meines heutigen Vortrages, nämlich zu der technischen Seite des elektrischen Bahnbetriebes, und zwar zunächst zu dem schwierigsten Momente, zur Frage des Betriebs systems. — Die Kämpfe und Debatten hinsichtlich der Wahl des geeignetsten elektrischen Systems dürften wohl keiner Stadtverwaltung erspart bleiben, ja sie werden sogar mit jedem Auftauchen einer neuen oder angeblich verbesserten Konstruktion stets von Neuem entfacht. So hat sich denn im Laufe der Zeit infolge dieses rastlosen Kampfes der Systeme in vielen Köpfen das Phantom eines noch immer unerreichbaren Straßenbahnideals festgesetzt, sehr zum Schaden der Beschleunigung von Verkehrsverbesserungen. Auf die Unzahl der Systeme und Systemchen von Straßenbahnen, mit welchen die Erfinder die Behörden fort und fort beglücken zu müssen glauben, kann ich hier natürlich nicht ein" gehen. Wichtiger zur Klärung der Systemfrage scheint eine kurze Darlegung derjenigen Gesichtspunkte zu sein, welche bei den z. Zt. in Gebrauch befindlichen Systemen besonders charakteristisch, für die Verwaltungen eventuell ausschlag gebend sind. Daß das System der Oberleitung in jedem Falle hier prädominieren wird, scheint keine Frage zu sein. Dabei spielt der Unterschied des Trolley- und des Bügelsystems keine große Rolle. Unter der Voraussetzung, daß die Geräusche bei beiden Systemen für die Anwohner der Strecke gleich geringfügig sind, und vor allem auf die Häuserwände nicht übertragen werden, ist die Frage, einer schnelleren oder langsameren Abnutzung des Kontakt drahtes oder des Stromabnehmers nicht unmittelbares Interesse der Behörde. Auch die. eventuelle Verringerung der Zahl der Tragvorrichtungen und Spann-