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£0 XIV. Jahrgang „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 1. 1896/97. Cannstatter Misch- und Knetmaschinen-Fahrik Werner und Pfleiderer in Stuttgart. Diese weitbekannte Fabrik hat ihre Erzeugnisse in sehr umfangreichem Maße auf die Stuttgarter Ausstellung gebracht. Wir heben dabei besonders her vor, daß sie sich zum Betrieb ihrer Maschinen, soweit es angeht, der Elektro motoren bedient. Die zu großer Ausdehnung gelangte Fabrik, welche Niederlassungen in London, Berlin, Wien, Paris, St. Petersburg und Saginaw Mich. U. S. A. besitzt, ist im Jahre 1879 von dem IngenieurH e r mann W er n e r gegründet worden. Rasch erhöhte sich der Absatz, namentlich seit Erfindung der „Universal-Knet- und Misch- Maschinen,“ so daß am 4. Juli dieses Jahres schon die 5000 ste Maschine abgeliefert werden konnte (siebe El. Rundschau, Heft 22, S. 218). Nicht zum Geringsten ist es die Lebensmittel branche, deren der Fabrikinhaber seine Auf merksamkeit zugewandt; weithin bekannt sind die neuen unter Patentschutz stehende Dampf backofen „Telescocar“ mit Wasserröhren- Heizung; über 250 Einrichtungen von komplet ten staatlichen Bäckerei-Anlagen sind der Firma in den verschiedensten Ländern übertragen worden. Mit gleichem Erfolg hat sich die Firma der chemisch-pharmazeutischen Industrie zuge wandt. In der Ausstellung und zwar zunächst im Gewerbedorf finden wir die Maschinen der Firma in der Wurstfabrik von C. Spiel mann, in der Feinbäck er ei von E. Lehren kraus und in der Konditorei von M. Stark im Gebrauch. In der eigenen Ausstellung finden wir: 1) Eine Biscuit-Fabrik. Eine Universal-Knet- uud Misch-Maschine mit raschem Gang dient zum Schaumschlagen — 5 Minuten reichen hin, um SO Eier zu Schaum zu schlagen. Wird der lang same Gang eingerückt, so kann Mehl geknetet und zu Teig verarbeitet werden. Mittels der Patent-Teigwalze, welche auf Vor- und Rück wärtsgang eingerichtet ist und verstellbare Walzen hat, können Teigbänder von verschiedener Stärke Die Teigbänder gelangen nun auf den werk, welches das Teigband auf die auf eine endlose Gurt gebracht, bedeutend gefördert worden; Knetmaschinen und Teigpressen, namentlich eine gigantische Spindelpresse von 150 Zentnern Gewicht, erregen die Bewunderung der Ausstellungsbesucher. 3. Konservefabrikation. Die hierzu dienende Maschine (Fig. 1) heißt Tablettenpresse; sie stellt Suppen-, Kaffee-, Limonaden-, Graphit- Tabletten u. s. w. her. Die Masse wird in den Trichter (links) gestellt, worauf die Maschine selbstthätig eine bestimmte Menge am Boden abnimmt, zu Tabletten preßt und rechts abschiebt. Die Tablettenpressen werden in verschiedenen Größen gebaut, die ausge stellte Presse stellt bei jedem Stempelhub 2 Tabletten von 36—46 g her, in 10 Stunden ca. 15 000 Tabletten. Der Antrieb geschieht durch einen dreipferdigen Elektromotor der Maschinen fabrik Eßlingen. 4. Bäckerei. Des hohen Preises wegen kann man die Elektrizität einstweilen nur zu Kraft- und Lichtzwecken, nicht aber zur Heizung etwa von Backöfen benutzen. Namentlich bieten elektrische Glühlampen mit Reflektoren zur Backofen-Beleuchtung viele Vorteile, gegenüber der Beleuchtung mittels Gas oder Petroleum. Zum Betrieb der Knetmaschine ist ein Elektromotor in den an Raum beschränkten Bäckereien besonders vorteilhaft, weil er wenig Platz wegnimmt. Auch in Frankfurt a. M. sind in verschiedenen Feinbäckereien Maschinen für 2—3 Zentner Mehl mit Elektromotorentrieb in Thätigkeit. 5. Der „Universal“- Dampf-Backofen „Telescocar“ (Fig. 2). Er ist zwar nicht im Betrieb, doch lassen sich alle Vorgäng-e leicht veranschaulichen. Die Backherde sind zwei Wagen, welche auf Geleisen fahren und so teleskopartig ineinander gesteckt sind, daß jeder von ihnen unabhängig von dem andern in den Ofen geschoben oder herausgezogen werden kann. Zum Herein- oder Herausschieben der mit Gebäck belegten Herdplatte muß die durch Gegengewichte entlastete Schiebthür um die erforderliche Schlitzbreite gehoben werden. Die Heizung geschieht mittels Perkinsröhren, d. s. schmiedeeiserne Röhren, welche teilweise mit Wasser gefüllt und dann zugeschweißt Ingenieur Hermann Werner. sind. g; e ii e g en oberhalb und unterhalb der hergestellt werden, i Herde und ragen in die seitwärts gelegene, vom eigentlichen Backraum voll- Zuführungstisch und in ein Walz- j ständig getrennte Feuerung. Das Wasser in den Röhren verwandel t sich in richtige Dicke bring-t; von da werden sie j Dampf, durch dessen Hitze der Backofen geheitzt wird, um beim Außerbe- auf welchem aus ihnen die Biscuits durch die | triebsetzen des Ofens wieder in Wasser überzugehen, so daß keine Nachfüllung Fig. 1. Tablettenpresse. Fig. 2. Der „Universal“-Dampf-Backofen „Telescocar.“ Biscuit-Ausstech-Maschine in gewünschter Form ausgestochen werden. Von der Gu-t gleiten die Biscuits auf Bleche und werden nun dem Backofen zugeführt. Die Bewegung dieser in vielen deutschen und ausländischen Militär bäckereien in Betrieb befindlichen Maschinen wird durch einen von der Fabrik Eßlingen gelieferten Elektromotor bewirkt. 2. Die Teigwarenfabrik zur Herstellung von Nudeln und Maccaroni. Dieser Industriezweig ist von der Firma durch neue, zweckmäßige Maschinen von Wasser notwendig ist. Die Firma baut unter Anwendung von Perkins Heizrohren auch Dampf- Backöfen als Kettenöfen für Biscuitfabrikation, sowie mit feststehenden Herden als sogen. Einschieß Dampf-Backöfen, letztere hauptsächlich zur Herstellung von kleinem Weißgebäck. 6. Die chemische Industrie arbeitete bisher zum Teil noch mit ziemlich primitiven Hilfsmitteln, sie wird aber zweifellos bald sich besonderer