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250 XIV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU“ No. 21. 1896/97. Man schenkt, wie schon gesagt, dieser Aufgabe schon seit einiger Zeit eine erhöhte Aufmerksamkeit und sammelt Erfahrungen, die wieder organisatorisch verwertet werden. In Verbindung mit einem wohlvorbereiteten Export scheint es außer Zweifel, daß der in Aus sicht stehende hohe Aufschwung in stetige Bahnen gelenkt wird und somit dauernd jene Früchte reifen läßt, die man sich bei der nun mehr beginnenden Aera wenigstens fürs Erste verspricht. Natürlich muß bei all diesen Unternehmungen im Auge behalten werden, daß in schwierigen Fällen seitens der Unternehmer und Banken auch einmal ein weitgehendes unvorhergesehenes Risiko über nommen werden muß, und diese Perspektive wird vor zu leichtfüßiger und von zu wenig Kapital gestützter Unternehmungslust bewahren, so daß die Entwicklung innerhalb der Grenzen des Wollens und Könnens von Fabriken und Konsortien bleibt. Bei solcher Auffassung kann die neue Aera nur begrüßt werden. Kr. Die Wechselstrom-Bogenlampen von Bardon. Nachdem L. Bardon verschiedene Systeme von Bogenlampen für Gleichstrom hergestellt, die allgemeine Anerkennung gefunden haben, ist er neuerdings mit zwei Systemen von Bogenlampen für Wechselstrom hervorgetreten, die er auf Grund sorgfältiger Unter suchung ausgeführt hat. Herr M. A 1 i a m e t berichtet darüber in l’Electricien, No. 340 Folgendes: Bevor wir zur speziellen Beschreibung dieser Lampen übergehen, scheint es uns notwendig, einige allgemeine Bemerkungen über Bogen lampen für Wechselstrom im Vergleich mit denen für Gleichstrom zu machen. Die Konstruktion von Bogenlampen für Wechselstrom be- <2 gegnet besonderen Schwierigkeiten: auch ist die Zahl der guten Lampen dieser Art gering, während die Zahl der brauchbaren für Gleichstrom sehr groß ist. Eine der größten Schwierigkeiten, welche bei dem Wechselstrom bogen zu überwinden sind, ist die, möglichste Beständigkeit zu er reichen. Wie verschiedene Forscher, u. a. Blondel, gefunden haben, ist im Bogen der Strom gegen die Spannung nicht verschoben; es giebt beim Wechselstrombogen keinen wattlosen Strom; dagegen zeigt der Bogen bei jeder Periode ein mehr oder minder langes Ver schwinden, dessen Dauer sich mit der Stromstärke, der Induktanz des Kreises, der Länge des Bogens, der Beschaffenheit der Kohlen, der Wechselzahl des Stromes u. s. w. ändert. Dieses in regelmäßigen Zwischenräumen auftretende Verschwinden ist sehr leicht bei einem Bogen von nur einigen Ampere zu beobachten; ein glänzender Gegenstand, welcher in Umdrehung versetzt wird, läßt periodisch einzelne seiner Lagen erkennen, wie wenn er sich ruck weise bewegte; auch erscheint er mehrfach. Unterhalb einer Frequenz von 40 ist es schwierig, eine genügende Beständigkeit zu erreichen, und dies ist ein Hauptgrund, warum man auf Frequenzen geführt worden ist, die zwischen 80 und 130 liegen und die früher auch bei Wechselstrommaschinen gebräuchlich waren. Dem entgegen hat die Einführung von Wechselstrommotoren in den Zentralen niedere Frequenzen notwendig gemacht, weil diese Motoren nur bei Frequenzen unter 50 gut laufen. Sollen nun Bogen lampen und Motore gleichzeitig in Betrieb gesetzt werden, so darf man, der Bogenlampen wegen, nicht unter 42 Perioden in der Sekunde * heruntergehen. (Außerdem müßten Wechselstrommaschinen, welche mit Dampfmaschinen direkt gekuppelt sind, viele Pole und deswegen bedeutende Größe haben, wenn die Periodenzahl hoch sein soll.) Weil im allgemeinen die Dauer des Verschwindens sich mit der Länge des Bogens und der Schwäche des Stromes vergrößert, so nimmt man die Bogen klein, wodurch die Stromstärke groß wird, und beschränkt sich auf Spannungen von 30 Volt und darunter. Dies hat dazu geführt, 3 Bogenlampen in Reihe bei 100 Volt oder gar 4 Bogenlampen in Reihe bei 110 Volt zu schalten. Wegen der notwendigen Kürze der Bogen muß man besondere Kohlenstifte mit weicher Seele verwenden, um die Bildung von kugelförmigen Knöt chen an der Spitze zu vermeiden und eine größere Leitungsfähigkeit zu erreichen, die zur Verringerung der Verschwindungsdauer not wendig ist. Bei einer Frequenz von 42 ist es schwer mit Lampen von 3 und 4 Ampere zu arbeiten, während Gleichstrom-Bogenlampen von so geringer Stromstärke bedeutende Erfolge erzielt haben. Obwohl sich der Wechselstrombogen nicht für geringe Strom stärken mit Vorteil anwenden läßt, so ist er doch im übrigen min destens ebenso wirtschaftlich wie der Gleichstrombogen; in der That sind 4 Bogen von 8 Ampere in Reihe bei 110 Volt vorteilhafter als 4 Bogen von 4 Ampere zu je zwei bei 110 Volt für Gleichstrom. Aber darauf kommt es weniger an; der Nachdruck liegt darauf, daß das gute Funktionieren der Wechselstrombogenlampen bei Anwendung von niederen Frequenzen Schwierigkeiten begegnet. Noch ein anderer Punkt aber verdient Beachtung, umsomehr als er den Abnehmern weniger bekannt ist. Man ist im allgemeinen gewohnt, die Energie des Bogenlichtes nach der Zahl der Ampere zu beurteilen, welche durch die Lampe fließen. Diese für einen Gleichstrombogen gerechtfertigte Beurteilung (gerechtfertigt, weil der in den Nebenschlußsolenoiden verbrauchte Strom bloß einige Hundertel Ampere beträgt) ist durchaus falsch für Wechselstrombogenlieht, denn die Nebenschlußspulen verzehren oft mals ein Ampere und darüber. Schaltet man ein Amperemeter in den Kreis einer Bogenlampe für Wechselstrom, so darf man nicht annehmen, der ganze vom Amperemeter angezeigte Strom flösse durch den Bogen. Vielmehr ist fast der ganze Strom, welcher durch die Nebenschlußspule fließt, watt los und giebt am „Zähler“ nur einen unbedeutenden Betrag an und zwar von derselben Größe wie der ist, den die Nebenschlußspulen bei Gleich strombogenlampen hervorrufen. Diese Erscheinung beruht, wie bekannt, auf der Selbstinduktion: Ein in den Kreis einer Wechselstrombogenlampe geschaltetes Ampere- meter giebt einen Strom an, der kleiner ist als die Summe der Ströme, welche den Bogen und die Nebenschlußspulen durchfließen. Dies kommt einfach daher, daß die Ströme in diesen Zweigen sich nicht arithmetisch, sondern geometrisch addieren. Es scheint vielleicht überflüssig, diese Bemerkungen zu machen, es sollte aber doch denjenigen, welche hierüber nicht genau unter richtet sind, alles Wesentliche mitgeteilt werden.