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XIV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 19. 1896/97. 234 richtungen, bestehend in einer verbesserten Rückleitung, gelangten zur An- i wendung und haben sich meines Wissens vorzüglich bewährt. Institut und Rahn leben miteinander in Frieden. Auch die Universitätsstadt Kiel hat eine räumlich weit ausgedehnte elektrische Bahn erhalten. Wir, d. h. die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft, konnten die von den Behörden gestellten Forderungen erfüllen, hatten nur durch die Verhandlungen ein Jahr Zeit verloren. Dagegen mußten wir in Straßburg bei Einrichtung der elektrischen Straßenbahn in respektvoller Entfernung von 1 den Universitätsgebäuden Halt machen und auch in Leipzig wird es kaum zu vermeiden sein, einzelne elektrische Linien weit ab von den wissenschaftlichen Instituten zu führen. M. H.! Es ist noch nicht abzusehen, ob sich eine allgemeine Lösung finden wird, elektrische Bahnen des jetzt vorherrschenden Systems ohne Weiteres in der Nähe physikalischer oder physiologischer Institute anlegen zu können. Ueber diese Frage haben sich viele Leute den Kopf zerbrochen, sind eine Menge Abhandlungen geschrieben, und ich habe dieses Material genau verfolgt, zu einem Aktenstück vereinigt, welches ich bei mir die „Komödie der Irrungen" nenne. So viel Gelehrsamkeit, Scharfsinn und Sophisterei finden sich selten vereinigt. Der Eine zerbricht sich immer den Kopf wegen des Anderen. Die Vertreter der wissenschaftlichen Institute mühen sich damit ab, zu erörtern, wie die Bahn eingerichtet werden muß, und die Bahn-Interessenten quälen sich mit Vorschlägen über die Art und die Schutzvorrichtungen der Instrumente. Würde man mal das Umgekehrte versuchen und Jeder auf seinem Gebiete bleiben, so käme man vielleicht zu einem Resultate. Jetzt liest man zwischen den Zeilen bei den Vertretern der Institute: Geht doch mit eurer Bahn zum Brocken, und bei den Bahninteressenten: Macht doch eure Messungen in der AVüste! Damit kommt man allerdings nicht weiter, ebensowenig hilft hier die Anwendung des geflügelten Wortes: Das Jahrhundert steht im Zeichen des Verkehrs ! Auf der anderen Seite nützt auch nicht das grobe Geschütz, „daß die bedeutsame wissenschaftliche Aufgabe der physikalischen Institute nicht der schnöden Gewinnsucht der Bahnunternehmer zu opfern sei.“ Das ist ein Schlag mit der Keule und erinnert lebhaft an die Figur des würdigen Kämmerers Spazzo in Scheffel’s Ekkehardt gelegentlich seiner Mission im Kloster zu St Gallen, wo er die Worte gebraucht: „Landesherrlichen Rechten soll durch gewinnsüchtiges Unternehmertum keine Einbuße geschehen“. Mir thut immer der Mann leid, der so etwas schreiben mag; denn der hat sich geärgert — und weshalb? Auch im Widerstreit berechtigter Interessen darf die vornehme Sach lichkeit nicht leiden und bei gegenseitigem galten Willen muß sich eine Lösung- linden lassen, wenn nicht jetzt, so später. (Schluß folgt) Fünfte Jahresversammlung' des Verbandes deutscher Elektrotechniker in Eisenach.! Freitag den 11. Juni um 10 Uhr wurden die Verhandlungen im G-ewerbehaus, nach Begrüßung durch Herrn Bezirks-Direktor Dr. Eucke n - A d denhaus en und Oberbürgermeister Müller von dem Vorsitzenden Herrn Baurat S tübb e n aus Köln eröffnet, der zunächst dem verstorbenen Staatssekretär v. Stephan warme Worte des An gedenkens widmete und aus dessen Eröffnungsansprache mit Be friedigung von der stets fortschreitenden Entwicklung der Elektro technik auch im letzten Jahre Notiz zu nehmen ist. Die Elektrizität dringt immer mehr ins öffentliche und private Leben ein. 250 Be leuchtungszentralen sind im Betrieb, 50 im Bau und in 42 Städten gibt es Kraftstationen für Trambahnen. Herr Generalsekretär Kapp erstattete den Jahresbericht, wo- : nach sich die Mitgliederzahl um 176 auf 1821 gehoben hat. Für abgegebene Gutachten nahm der Verband 6000 Mk. ein. Bei den Beratungen im Reichsamt des Innern über die Aichung von Elek trizitätszählern aus dem Gesetzentwurf betr. elektrische Maßeinheiten haben die vom Verbandsvorstande der Regierung genannten Sach verständigen mitgewirkt und der ganze Gesetzentwurf lag dem Ver bände zur begutachtenden Aeußerung vor. Auf Anregung einiger Vereine hat der Verband in Sachen des Diebstahls von Elektrizität eine Eingabe an den Reichskanzler wegen Aenderung der strafge setzlichen Bestimmungen gerichtet. Bei den Behörden von 25 deutschen Staaten und Städte hat der Verband die staatliche Anerkennung der Sicherheitsvorschriften für Starkstromanlagen, Abteilung I, (bis zu 25 1 Volt) nachgesucht und schon von verschiedenen Staaten zusagende Antworten erhalten. Die Frage wegen Beteiligung an der Pariser Ausstellung ist in bejahendem Sinne entschieden worden; man ist für einheitliche Organisation und hat ein Komitee eingesetzt. In tech nischer Beziehung wurde der Verband mehrfach um Rat gefragt. Namens der Komission für Sicherheitsvorschriften bei Hoch spannungsanlagen über 1000 Volt Spannung berichtete Herr H. G ö r g es- Berlin. Der Ausschuß, dem die Sache gestern vorlag, schlägt vor, die ausgearbeiteten Bestimmungen als Regeln, nicht Vorschriften, zur vorläufigen Richtschnur zu empfehlen und vielleicht in zw i Jahren, wenn man weitere Erfahrungen gesammelt, darauf zurückzukommen. Diesem Vorschläge wird zugestimmt. Herr Dr. M a y-Frankfnrt a. M. spricht Namens des Verbandes deutscher Feuerversicherungs-Gesell schaften Dank für die Ausarbeitung der neuen Sicherheits-Regeln aus und beantragt, der Elektrotechniker-Verband möge alle städtischen Behörden, die Elektrizitätswerke betreiben oder konzessioniert haben, auf die bestehenden Installations-Vorschriften und auf deren ständige Kontrolle hinweisen. Der Vorsitzende gibt eine zusagende Antwort. Herr Kapp berichtet für die im vorigen Jahre gewählte Kom mission zur Festsetzung von Normalien für Herstellung und Lieferung von Glühlampen, die auch vor längerer Zeit schon einen Entwui’f, der sich nur auf die Lieferungsbedingungen erstreckt, veröffentlicht hat Für eine Frage rein technischer Natur, die photometrischen Messungen, wurde eine Subkommission eingesetzt. Mit den aufge stellten Bedinffung-en sind nun aber die Vertreter von Elektrizitäts- werken, die dieser Tage in Frankfurt a. M. versammelt waren, nicht einverstanden, sie können die Frage durch den Entwurf nicht als gelöst betrachten und wünschen neue Beratung. Diesem Wunsche wird entsprochen und das Mandat der Kommission um ein Jahr ver längert. Auch bezüglich der Vorschriften über Photometrische Messungen, über die Herr Heller-Berlin berichtet, wird die Be schlußfassung ausgesetzt, die Bestimmungen aber als vorläufige Regeln der Beachtung empfohlen. In Genf sind im vorigen Jahre photo metrische Einheiten beschlossen worden, die von dem Berliner elek trotechnischen Verein und dem Verein der Gas- und Wasserfach männer beraten worden sind und deren Annahme durch den Verband nunmehr Namens des ersteren Vereins von Herrn Kapp beantragt wird. Dies geschieht: Auf dem internationalen Kongreß zu Genf im vorigen Jahre wurde beschlossen: 1. Die Einheit der Lichtstärke ist die Hefnerkerze. 2. Ueber die photometrischen Größen gibt folgende Tabelle Auskunft: Name Größe Einheit Zeichen Lichtstärke J Hefnerkerzen HK Luftstrom O =■ Jw = -4- S r <E> J Lumen Lm Beleuchtung E ~ ’s - ~ 7*" J Lux (Meterkerze) Lx Flächenhelle e = — s Kerze auf 1 qcm — Lichtmenge Q = d> T Lumenstunde — Dabei bedeutet: w einen räumlichen Winkel, S eine Fläche in qm, s eine Fläche in qcm, beide senkrecht zur Richtung der Strahlen, r eine Entfernung in Metern, T eine Zeit in Stunden. Der Anregung einer Glühlampenfabrik folgend, schlägt der Ausschuß vor, und beschließt die Versammlung, eine Kommission zu wählen, die sich mit der Frage der Normierung von Edison-Gewinden befassen soll, ihre Arbeiten aber auch auf andere Fassungen aus dehnen kann. Nach einer kurzen Pause trägt Herr F1 ei sch hae k er-Dresden seine Wünsche an die Verbandsleitung vor, die darin gipfeln, der Verband möge einen Ehrenrat einsetzen, der über zweifelhafte Kon kurrenzmanöver elektrotechnischer Firmen gelegentlich zu Gericht zu sitzen habe, der Verbandsvorstand möge weiter, um ein regeres Ver bandsleben zu entfachen, über besonders geeignete Gegenstände den Ausschußmitgliedern zur Kenntnisgabe an die Einzelmitglieder und Lokalvereine Berichte zugehen lassen, und endlich möge eine andere Organisation des Verbandes angestrebt werden. Die zufriedenstellende Erledigung des zweiten Punktes wird vom Vorsitzenden zugesagt. Mit dem dritten Punkte hat sich der Ausschuß schon beschäftigt und den Vorstand ersucht, die nach Ablauf der gegenwärtigen Verträge zu unternehmenden Schritte in Betreff Aenderung der Organisation baldigst zu erwägen und dem Ausschuß vorzulegen. Der Antrag wegen des Ehrenrates wird fast einstimmig abgelehnt; man ist der Meinung, dies sei nicht der richtige Weg, um eine Besserung auf dem betreffenden Gebiete zu erzielen. Herr Professor Dr. Aron-Berlin zeigt vervollkommnete Uhren- zählcr vor, die automatisch aufgezogen werden, keine Regulierung der Uhr benötigen und geaicht werden können. Herr H. Rentzsch- Meißen führt ein System zur Installation elektrischer Bogenlampen vor, bei dem Trag- und Leitungskabel kombiniert sind. Herr Regierungsbaumeister Braun-Berlin spricht über die elektrischen Straßenbahnen, Stadtbahnen und die Kaiser Franz Josef Elektrische Untergrundbahn zu Budapest, denen er Bemerkungen über die wirtschaftliche Entwickelung der Hauptstadt Ungarns vorangehen lät. Im Jahre 1889 wurde die erste elektrische Bahn, mit unter irdischer Stromzuführung in Budapest ausgeführt, heute sind dort elektrische Bahnen in einer Länge von 55 Kilometer mit unterirdischer und 117 Kilometer mit oberirdischer Stromzuführung mit zusammen 366 Wagen im Betrieb bezw. in der Ausführung begriffen. Die Kraft stationen verfügen über mehr als 8000 Pferdekräfte. Auf den Stadt bahnlinien allein wurden 1891 befördert 8,5 Millionen Personen, 1896 20 Millionen und die Einnahmen betrugen in den beiden Jahren 1 2 bezw. l‘/i Millionen Gulden; die Zahl der Wagenkilometer war 1891 \'l-i Mill., 1896 3 3 / 4 Mill. Die elektrische Untergrundbahn die im Mai v. J. eröffnet wurde, hat einen regen Verkehr; an einem Tage kurz nach der Eröffnung wurden 34,000 Personen be fördert. Um 6 Uhr Nachmittags war Festessen im „Rautenkranz“, das einen animierten Verlauf nahm. Der Vorsitzende, Herr Baurat Stübben,