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195 XIV. Jahrgang. ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU. No. 16. 1896/97. Phasendifferenz zwischen Spannungen und Strom stärken bei Wechselströmen. Es sei eine elektromotorische Wechselspannung, mit dem Momentanwert v, an die Klemmen einer Spule vom ohmischen Widerstand R geschaltet. Wenn ferner i die Strom stärke in demselben Augenblick bedeutet, so ist R i die EMK, welche notwendig ist, um in diesem Augenblick den Strom durch den Wider stand R zu treiben (Spannungsabfall); diese EMK ist mit dem Strom in gleicher Phase. Da i seinen Wert ständig ändert, so schneiden die von dem Strom erregten Kraftlinien den Stromkreis selbst, sowie andere Stromkreise in der Nachbarschaft; infolgedessen entstehen neue EMKe, welche die Größe von i verändern. Bezeichnen wir mit v den resultierenden Wert dieser EMKe in irgend einem Augen blick, so gilt nach dem Gesetz von Ohm: woraus: v = v,—R i, und v 5 = v, 1 —2 R v, i + R 2 i 2 . Diese Gleichung gilt für jeden Augenblick. Wir teilen nun die Weehselstromperiode in eine große Zahl von gleichen Intervallen und schreiben die Werte nach obiger Gleichung für die einzelnen Inter valle auf, addieren alle Gleichungen und dividieren durch deren Anzahl. Dann erhalten wir: V 2 = V,'—2 RW+R’A 1 1) Auf der linken Seite steht alsdann der Mittelwert von v 2 für die ganze Periode; d. h. das Quadrat des effektiven Wertes von v, das wir mit V 2 bezeichnen. Auf der rechten Seite steht V, 2 -2RW +R 2 A 2 , wo V, und A die effektiven Werte der ursprünglichen Spannung und Stromstärke, sowie W den Mittelwert der Watt v, i für eine voll ständige Periode, d. h. die im Stromkreis ausgegebene Energiemenge bedeuten. Wir konstruieren nun ein Dreieck, dessen Seiten die Längen V, V, und RA haben (Fig. 2); dann ist, wenn 0 den Winkel zwischen V 1 und RA bezeichnet: V 2 = V, 2 —2 R V, A cos 0 + R 2 A 2 . Vergleichen wir die zwei erhaltenen Werte von V 2 , so er halten wir : W = V, A cos 0 2) Es ist dabei 0 als die Phasendifferenz zwischen dem Strom und der ursprünglichen EMK aufzufassen. Weil V, die Resultierende zwischen RA und V ist, so ist ersichtlich, daß diese Definition mit der früher aufgestellten übereinstimmt. Die Gleichungen 1) und 2) gelten, einerlei ob die Permeabilität des Feldes um die Spule herum konstant ist oder nicht.*) Fundamentales Diagramm eines Transformators. Es seien R und S die Widerstände, sowie n, und n 2 die Windungs zahlen der Primär- und der Sekundärspule eines Transformators. Ferner sollen v, und v 2 die momentanen Werte der EMKe an den primären und sekundären Klemmen bedeuten; außerdem bezeichnen wir mit v den momentanen Wert der EMK, welche in einer einzelnen um den Eisenkern gelegten Windung durch den in dem Kern erregten wechselnden magnetischen Fluß hervorgerufen wird; dann gilt für die Stromstärke in der Primärspule: und es läßt sich genau in derselben Weise, wie oben, beweisen, daß V, 2 —2 R W, + R 2 A, 2 =n, 2 V 2 , 3) wo W, die dem Primärkreise erteilte Energie bedeutet. Wir können darnach ein Dreieck zeichnen (Fig. 3), dessen Seiten DB, BC und CD gleich V,, RA, und n,V sind; dabei ist nach der Definition DBC der Verschiebungswinkel, um welchen der Strom hinter der ursprünglichen EMK zurückbleibt. Die ursprüngliche EMK setzt sich also aus zwei Komponenten zusammen, RA, und n, V. Die erste ist der Spannungsabfall wegen des ohmischen Widerstandes R und die zweite hält der EMK das *) Handelt es sich lediglich um Selbstinduktion und zwar ohne die Hyste resis zu berücksichtigen, so steht V auf RA senkrecht; V, ist alsdann die Resultierende aus der Nutzkraft und aus der Gegen-EMK V der Selbstinduktion; A ist zugleich Magnetisierungsstrom. Ist Hysteresis vorhanden, so bilden V und RA einen stumpfen Winkel miteinander, wie man leicht aus der Konstruktion Figur 2a erkennt. Es sei OA (kurz A) der durch die Spule laufende Strom; dieser läßt sich in 2 Ströme zerlegen, in 0 A m (Am) und in OAh (Ah), von denen der erste den Kern ohne Verlust magnetisiert, während der andere die Hysteresis aufhebt. Hem Magnetisierungsstrom Am folgt die EMK der Selbstinduktion OV s (Vs) um 90° nach. Es sei ferner OC = RA; alsdann setzt sich die auf die Spule wirkende EMK V, aus 2 Komponenten RA und y' s zusammen, welche letztere der V 8 gleich und entgegengesetzt ist, diese also aufhebt. Aus der Figur ist ohne weiteres ersichtlich, daß </OCD ein stumpfer sein muß. Bei dem Trans formator bedeutet A den Leerlaufstrom, d. i der primäre Strom bei offener Sekundär spule und wird dann mit A 0 bezeichnet. Gleichgewicht, die durch den wechselnden magnetischen Fluß im Eisenkern erzeugt wird und der C D gleich und entgegengesetzt ge richtet ist, also in der Richtung D C nach unten von C aus abge tragen werden müßte. Nun erreicht in den neueren Transformatoren R A, selten den hundertsten Teil des Wertes von V,, selbst bei voller Belastung; daher ist die Phasendifferenz zwischen der ursprünglichen EMK und der durch den wechselnden magnetischen Fluß erregten EMK der Induktion stets nahe an 180° (d. h. <C BDC ist nahe an 0°.) Findet keine Streuung statt, so ist die sekundäre EMK in gleicher Phase mit DO und gleich n 2 V, denn der wechselnde Fluß im Eisenkern wirkt auf beide Spulen in derselben Richtung; ist dabei der äußere Sekundärkreis induktionsfrei, so gilt n 2 V = Vj +S A 2 4) Nach Figur 3 ist alsdann V 2 + S A, = — • C D . n, Aus 3) ergibt sich demnach : V, 2 —2 R W, + R 2 A, 2 = ^4 (V, + S Aj) 2 - .... 5) 11 2 Kennen wir also V,, V„ A,, A 2 , R und S, so läßt sich W, finden. Setzt man in der letzten Gleichung A 2 = 0, so daß V 2 die EMK bei offenem Sekundärkreise vorstellt, so erhalten wir: w °-Ä{ v ’+K"V-üM 6 > wo Wo die ausgegebene Energie im Primärkreise bei offenem Se kundärkreise ist. Wenn das Eisen gut lamelliert ist, so daß die Wirbelströme vernachlässigt werden können, alsdann gibt Wo—R A, 2 den Wattverlust infolge der Hysteresis an. Diese Formel rührt von Dr. Fleming her und kann dazu dienen, um Eisenproben auf Hyste- resisverlust zu prüfen. Der Fluß der Induktionslinien in dem Kern istbei allen Belastungen nahezu konstant. Weil in der Praxis RA, (Fig. 3) stets sehr klein ist, so muß n,V nahezu gleich V, und daher annähernd konstant sein. Weil n, V (in der Richtung D C genommen) die EMK ist, welche durch den wechselnden magnetischen Fluß hervorgerufen wird, so folgt, daß dieser Fluß nahezu konstant ist, doch so, daß er um Weniges abnimmt, wenn die Belastung größer wird; er ist etwa um 1 pCt. kleiner bei Vollbelastung als bei Leerlauf. Der Hystere s isverlust ist praktisch konstant bei allen Belastungen. Weil die Watt, welche durch Hysteresis verloren gehen, der 1.6ten Potenz des Maximalwertes der Induktion (B) proportional sind und weil die Induktion nur um sehr wenig abnimmt, so nehmen auch die Watt, welche durch Hysteresis verloren gehen, nur um sehr wenig ab. Wenn die Induktion um 1 pCt. abnimmt, so nimmt der Hyste- resisverlust um ungefähr 1,6 pCt. ab. Die resultierenden Ampere-Windungen bleiben ebenfalls praktisch konstant. Die resultierenden Ampere-Windungen, welche den primären und sekundären Strömen entsprechen, bedeuten die Kraft, durch welche die Induktion in dem Kern erzeugt wird; da nun diese In duktion konstant ist, so sind es auch die resultierenden Ampere windungen. (Von Wirbelströmen sehen wir zunächst ab.) Wir wollen nun die Gleichungen zwischen dem Primär- und Sekundärstrom und dem Verschiebungswinkel des Primärstromes aufstellen. Diese Gleichungen sind für die Prüfung von Versuchsresultaten praktisch wertvoll, indem sie uns oft in den Stand setzen, gewisse Fehler in dem Transformator zu entdecken. Es sei BV, (Fig. 4) die auf den Primärkreis wirkende EMK und BCo die magnetisierenden Ampere- Windungen. Der Leerlaufstrom ist bekanntlich die Resultierende aus dem Magnetisierungs- und dem Hysteresisstrom; er behält innerhalb weiter Grenzen seine Richtung, wenn auch die Stärke sieh ändert, weil das Verhältnis zwischen Magnetisierungs- und Hysteresisstrom ziemlich genau gleichbleibt. Der Leerlaufstrom behält auch seine Richtung, wenn Primär- und Sekundärstrom Zusammenwirken, nur daß bei ge schlossener Sekundärspule die Größe des Primärstromes und seine Richtung eine andere ist, als bei offener. Nehmen wir ferner an, der primäre ohmische Verlust RA (Fig. 2a) sei Null, so fällt die