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125 XIV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 9. 1896/97. Ihnen auf dieser Strecke nicht, denn ich könnte es nicht verantworten, diese herrliche Chaussee zu verunzieren; eine unterirdische läßt sich hier nicht an- legen, ich bin nicht Ihr Mann. Ich würde es für eine Sünde halten, in einer so schönen Gegend eine oberirdische Stromzuführung anzulegen.“ Bei uns ist dann der sogenannte Amerikanismus eingezogen, der sich in erster Reihe darin äußert, daß die elektrische Gesellschaft, die ein bestimmtes Stromzuführungsprinzip einführen will, die Trambahnen aufkauft, um so mit ver doppelter Macht gegen die Behörden loszuziehen. Sind diese nicht sehr standhaft, haben sie keinen Rückhalt an sonstigen Darstellungen, so wird die Sache einfach bewilligt. Ich bin der Meinung, wenn die Behörden in letzter Zeit standhafter gewesen wären, so wäre die oberirdische Stromzuführung schon längst ab geändert worden. Aber die großen Elektrizitäts-Gesellschaften sind vollauf beschäftigt und haben absolut kein Interesse daran, vom Althergebrachten ab* zugehen. Sie geben sich vielmehr die allergrößte Mühe, noch lange Zeit nach zubauen, was ihnen billig und gut scheint. Ob da andere Interessen und Rücksichten nicht auch mitspielen, ist ihnen gleichgiltig. Nur in einer Beziehung stimmt ihre Kalkulation nicht. Die oberirdische Stromzuführung hat nämlich noch den wesentlichen Fehler, daß der Kupferdraht, der permanent von Elektrizität durchzogen wird, mit der Zeit mürbe wird. Man mußte deshalb in Washington 40 km polizeilich wegnehmen, weil sich die Sache einfach durch Gefahren unerträglich gestaltete. Auch geht man daran, Gesetze zu erlassen, welche die oberirdische Strom zuführung verbieten; ein gleiches Gesetz ist in London erlassen. Die Erfahrung wie in Amerika werden wir nach zehn Jahren auch noch hier in Europa machen. Ich komme nun zur Rückleitung durch die Schienen. Ich habe über diese Frage mit den Berliner Behörden eingehend konferiert und habe auch an höchster amtlicher Stelle, die sich besonders dafür interessiert, Anklang gefunden. Nach dem heutigen System der Oberleitung ist die Rückleitung durch die Schienen nicht notwendig, sie wird nur meist angewendet. Denn es ist möglich, die Oberleitung mit Hin- und Rückleitung zu versehen. diese Schäden auszugleichen, auch wüßte man nicht, welche Gesellschaft verantwortlich zu machen ist. Diese Schäden würden alle im Laufe der Zeit erst aufgedeckt werden. Bei der Rückleitung durch die Schienen bei einer Bahn mit Oberleitung ist es nötig, Blitzableiter anzubringen, da sich bei Gewittern ein besonders starker Strom außer dem eigentlichen Betriebsstrome in den Leitungen ent wickelt; damit ist eine große Gefahr für das Publikum besonders beim Fahren des Wagens verbunden, da der Blitzschlag durch den Wagen hindurchgeben kann. Eine zweite Schwierigkeit in der Anlage der Oberleitung besteht darin, daß sich besonders in Sandsteinhäusern das Geräusch der Leitung fortpflanzt. Ich möchte mich nun auf den Vortrag des Herrn v. Rietschl aus dem Jahre 1894 beziehen. Dieser Herr, der sonst für oberirdische Stromzuführung eintritt, sagte doch: „Das Schönste wäre eine unterirdische Zuleitung, wenn sie nicht die hohen Kosten hätte.“ Und das hoffe ich Ihnen zu bringen. Ich hoffe, keine zu hohen Kosten zu verursachen und die Tramway, das Publikum, die Behörden und alle Teile zufrieden zu stellen. Ich bringe Ihnen auch die unter irdische Stromzuführung mit Rückleitung ohne Benützung der Schienen, ohne daß die Kosten irgendwie erhöht würden. Ich möchte nun auf die Polizeibehörde zu sprechen kommen, die ein be sonderes Interesse daran hat, daß, besonders bei Versuchen, die nötigen Sicherungs Vorrichtungen zur Vermeidung des Ueberfahrens getroffen werden. Die Vorsichtsmaßregeln in Pest und Baden sind nicht genügend. Sie müssen sich vor, nicht unter dem Wagen befinden. Das Publikum ist an das Schellen geläute bei dem Pferdebetrieb gewöhnt und man könnte eine permanent läutende elektrische Klingel anbringen. Außerdem sind gute Bremsen selbstverständlich. Nach alldem mußte ich zu dem Schlüsse kommen, daß eine praktische, gute, unterirdische Stromzuführung heute und in der Zukunft dasjeinzig richtige ist. Und nun möchte ich auf mein System eingehen. Ich halte diesen Teil meines Vortrages für weniger wichtig, denn es wäre am Modell leichter zu be handeln. Ich werde daher nur in Kürze das Prinzip darlegen. Das System ist in Fig. 1—15 schematisch dargestellt und dadurch ge kennzeichnet, daß der Stromzuführungs-Kanal aus zwei parallel laufenden Die Rückleitung durch die Schienen ist eigentlich dasselbe wie das Hinauslassen des Rauches in die Luft. Vor Jahren konnte man in Wien eine Maschinenfabrik ohne hohen gemauerten Schornstein betreiben. Heute sind polizeiliche Vorschriften erlassen, man muß Schornsteine von entsprechender Höhe bauen. Wenn heute sämtliche Zentralen ihren Rückstrom einfach auf gut Glück der Erde anvertrauen, so würde das unerträglich. Wir bekämen eine derartig mit Strömen gespannte Erdmasse, daß sie auf die Elektrizitätsmesser, die Telephone und Telegraphen-Apparate einwirken würde. Ich habe vor kurzer Zeit mit Prof. Kohlrausch gerade über diesen Punkt gesprochen. Der Herr ist Vorstand der physikalisch-technischen Reichsanstalt und der Hochschule in Charlottenburg. Seitens der Pferdebahn wurde dort der Vorschlag gemacht, die Rückleitung- durch die Schienen vorzunehmen. Es wurden Versuche gemacht und es zeigte sich, daß von den magnetischen Meßinstrumenten in der Reichs anstalt kein einziges richtig funktionierte. Herr Prof. K. sagte mir: „Meine Meinung ist, daß wir einen derartigen Unfug nicht dulden können. Denn wir müssen voraussehen: Wenn heute die elektrischen Zentralen, die mit drei Leitungen arbeiten, ihre Metallleiter nicht isoliert in die Erde verlegen, hätten wir eine derartige elektrische Spannung in der Erdoberfläche, daß wir uns nicht erwehren könnten.“ Und in der That, in Hamburg haben wir außerordentliche Schwierigkeiten. Wir bekommen Erdschluß, d. h. die Elektrizität geht über die Isolierungen hinweg in die in feuchten Kellerräumen aufgestellten Elektrizitäts messer und Schaltapparate und wirkt außerordentlich störend und zerstörend. Darauf wollte ich im Interesse der Telephon- und Telegraphen-Behörden aufmerksam gemacht haben, besonders für den Fall, daß die Erde als Rückleiter bei den Apparaten benützt wird. Nun komme ich zu den Gas- und Wasserbehörden. Es werden durch den elektrischen Strom die Rohre aufgefressen. Denn in Wirklichkeit ist die nächste Wasserleitung, nicht die Schiene, der Rückleiter. Wenn also hier die Trambahn in Betrieb kommt, kleben sich ein paar tausend Pferdekräfte an die Wasser leitung an. Das Metall wird da weggefressen und auch wenn eine Vorschrift erlassen wird, daß die Trambahn für den Schaden an Wasserleitungen etc. auf zukommen hat, so besitzt doch die hiesige Gesellschaft nicht soviel Geld, um Schienen i (Fig. 1) oder durch neben dem Geleise verlegte Schienen besteht. Der Raum zwischen den Köpfen der beiden Schienen hat die bereits jetzt übliche Entfernung hei Straßenbahnen von 30 mm. Die Verbindung der beiden den Kanal bildenden Schienen miteinander geschieht durch Böcke i 1 . Der Kanal wird selbst ständig verlegt und bildet eine von der Stromzuführung unabhängige Schienen konstruktion. Die in Nachfolgendem gekennzeichnete Stromzuführung kann durch den 30 mm breiten Schlitz, welcher als Rille für den Spurkranz der Haupträder des Wagens dient, nach Vollendung der Schienenverlegung in den Kanal hinein gebracht und darin so aufgehängt werden, daß eine schnelle Entfernung und Ersatz durch neue Stücke ohne ein Aufnehmen des Kanalsystems stattfinden kann. Falls der Kanal neben dem vorhandenen Geleise verlegt wird, können ebenfalls nach erfolgtem Kanalbau die einzelnen Teile leicht herausgenommen und durch neue ersetzt werden, indem man die Schrauben C löst. Die eigentliche Stromzuführung besteht aus 2.5 m langen Blecheinsätzen, in Fig. 1 mit k be zeichnet. Die Blecheinsätze werden vermittest des Bolzens 1 (Fig. 3—5) in der Schiene gehalten Die Einsatzbleche k sind an ihren Enden durch keilförmige Teile m (Fig. 2), aus Isoliermaterial bestehend, luftdicht verschlossen. Hierdurch werden in dem oberen Teile von k, welcher zur Aufnahme des Stromzuleiters e dient, Luftpolster hergestellt, welche verhindern, daß das eintretende Straßen wasser an den elektrischen Stromleiter herantreten kann. Wenn man ein Wasser glas umdreht und es mit der offenen Seite nach unten in eine Waschschüssel taucht, so bleibt der innere Boden wasserfrei; ebenso bleibt das Einsatzblech k in das Straßenwasser getaucht, bei der Stelle e (Fig. 1), wo sich der elektrische Leiter befindet, wasserfrei. Demnach kann sich der ganze Kanal und die Straße mit Wasser füllen, der Stromleiter e befindet sich dann doch noch immer in einem Lufträume. Die Versuche haben jedoch des weiteren ergeben, daß selbst für den Fall, daß die Luftkammern vollkommen mit gesalzenem Wasser oder Schmutz, Stroh und ähnlichen Teilen gefüllt sind, kein Kurzschluß eintreten kann. Die Keilform oder abgerundete Form ist gewählt, um einen stoßlosen Uebergang von einer Luftabteilung zu der anderen zu ermöglichen. In den aus