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XI. Jahrgang No. 7. 1893/94. 67 „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU. gehalten werden kann. Von dem Wagen aus gelangen die Marken in eine bestimmte Abteilung des Sammelkastens. Durch das Uhrwerk wird bewirkt, daß sich der Wagen jeweils um die Breite einer Ab teilung fortbewegt. Ist der Wagen bis ans Ende der Abteilungen geschoben worden, so wird er durch die Hand des Wärters wieder auf die erste zurückgeführt. Der Apparat in Form einfes Eichenholzkastens läßt sich überall anbringen. Die Uhr geht 14 Tage lang. Es läßt sich das Kommen und Gehen beliebig vieler Arbeiter genau kontrolieren. Jeder Ar beiter erhält zwei mit seiner Fabriknummer versehene Marken, eine aus Messing für den Beginn und eine aus Nickelzink für das Ver lassen der Arbeit. Je nach der Zahl der angebrachten Kontakte kann man die Kontrole für alle Viertelstunden oder für noch kürzere Zeitabschnitte einrichten. Für die Trefflichkeit dieses Kontrolapparates liegen bereits viele Zeugnisse vor. Der Patentanspruch lautet: Eine Vorrichtung zur Kontrole der Arbeiter, bei der die Ko ntr o lmarken dadurch zu beliebig festge setzten Zeiten in die verschiedenen Abteilungen eines Sammelkastens gelangen, daß der Zeiger eines Uhrwerks Stromschluß herstellt, infolgedessen der Anker eines Elektromagnetes eine Sperrscheibe um so viel dreht, daß sich der auf einer geneigten Bahn ruhende, die Leitfläche für die eingeworfenen Marken tragende Wagen um die Breite einer Abteilung des Sammel kastens abwärts bewegt und so die Leitfläche mit der nächsten Abteilung in Verbindung bringt. Kr. Der N eubau des physikalischen und elektrotechnischen Instituts der Grossherzoglichen Technischen Hochschule zu Darm stadtbefindet sich nunmehr zum größten Teil unter Dach. Am Mittwoch, den 29. November, Nachmittags 3 Uhr fand für die am Neubau beschäftigten Arbeiter eine einfache Richtfeier statt, über welche wir folgende Mitteilungen erhalten. Auf Einladung des Vorstandes der Baubehörde Abteilung II für den Neubau, Herrn Professors Marx, hatten sich die Vertreter des Direktoriums und der Baukom mission der Hochschule, der Ausschuß der Studentenschaft, sowie die Meister der betheiligten Baugewerke zur Feier eingefunden. Wenn der Ausbau und die innere Einrichtung der beiden ge nannten Institute in demselben Maße gefördert werden kann, wie dies bei dem Rohbau geschehen ist, so dürfte die Benutzung des Gebäudes voraussichtlich im Herbste dieses Jahres möglich sein. Kurze Lebensbeschreibung von Anton Reckenzaun. Im vorigen Heft haben wir bereits den Tod dieses hervorragenden Elektrotechnikers gemeldet; er starb an Schwindsucht. A. Reckenzaun wurde in Graz (Oesterreich) im Jahre 1850 geboren und studierte Ingenieurwissenschaft. Im Jahre 1872 ging er nach England, wo er zunächst in der Maschinenfabrik von Ravenhill und Miller arbeitete. Nachdem er im Jahre 1878 die Aus stellung in Paris besucht, entschied er sich, Elektrotechnik zu studieren und hörte zu dem Zweck die Vorlesungen von Ayrton in Flinsburg Technical College. Im Jahre 1881 trat er in die Faure-Company und» bald darauf in die Electrical Power Storage Company. Im Jahre 1882 construierte er sein erstes, mittels Akku mulatoren betriebenes Boot und bald darauf einen elektrischen Trambahnwageu. Von 1885 ab- eroffnete Reckenzaun ein eigenes Geschäft in elektrischen Booten, Trambahnwagen und Motoren. Das elektrische Boot „Volta“, welches überall bekannt wurde, machte 1886 eine Fahrt von Calais nach Dover und späterhin von Dover pach London. Zeitweilig in Deutschland mit der Ausbildung seiner, mit Akkumulatoren betriebenen Booten und Straßenwagen be schäftigt, kehrte er kurz vor seinem Tode nach England zurück. Er verfaßte verschiedene Schriften über Akkumulatoren, elek trische Bahnen u. s. w. Seine Schrift „Electrical Loeomotion“ ver schaffte ihm von der Society of Arts die silberne Medaille und auf der Pariser Ausstellung im Jabre 1892 erhielt er für seine Schrift „Load Diagramms and the Cost of Electric Traction“ eine Preis medaille. Nicht minder bekannt ist seine Schrift über „Electric Traction and Tramways“. Er war Mitglied verschiedener technischer Associationen, vornehmlich der Institution of Electrical Engineers, der Society of Arts, des American Institute of Electrical Engineers und der Elektrotechnischen Gesellschaft? John Tyndall f. Am 4. Dezember ist ein weit über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus gefeierter Physiker aus dem Leben geschieden. Nicht bloß durch eine Reihe hochwissen schaftlicher Arbeiten auf dem Gebiete der Physik, namentlich der Elektrizität, des Schalles und des Lichtes, sondern auch auf dem der Naturlehre, vornehmlich der Bakterienkunde, hat er Hervorragendes geleistet. Außerdem rühren von ihm eine Anzahl Bücher: der Schall, die Wärme eine Art der Bewegung, Magnetismus und Elektrizität her nicht zu reden, von dem weniger bedeutenden Buch über Optik, in Form von Vorlesungen, die er in Amerika gehalten. Sein erstes Werk widmete er dem Manne, der ihm den ersten Unterricht in der Naturlehre erteilt hat. J. Tyndall war am 21. August 1820 in Leighlin Bridge in Irland als Sohn eines Polizeidieners geboren. Nachdem er einige (mehr oder minder gute) Schulen seiner Heimat besucht, mußte er sich zunächst als Feldmesser, Eisenbahnbeamter und Lehrer der Naturlehre am Queenwood College in Hampshii'e die Mittel zum Be such einer Universität erwerben. In seinem 28. Jahre entschloß er sich deutsche Universitäten zu besuchen, zuerst Marburg, dann Berlin. Marburg war damals durch den ausgezeichneten Chemiker Bunsen eine von vielen Ausländern besuchte Hochschule. Zugleich mit dem