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No. 10. 1S93 94. XI. Jahrgang. Telegramm-Adresse: Elektrotechnische Rundschau Frankfurtmain. Commissionair f. d. Buchhandel: Rein’sche Buchhandlung, LEIPZIG. Zeitschrift für die Leistungen und Fortschritte auf dem Gebiete der angewandten Elektricitätslehre. Abonnements werden von allen Buchhandlungen und Postanstalten zum Preise von Mark 4.— halbjährlich angenommen. Von der Expedition in Frankfurt a. 31. direkt per Kreuzband bezogen: Mark 4.75 halbjährlich. Redaktion : Prof. Dr. G. Krebs in Frankfurt a. M. Expedition: Frankfurt a. NI., Kaiserstrasse 10. Fernsprechstelle No. 586. Erscheint regelmässig 2 Mal monatlich im Umfange von 2‘/ 2 Bogen. Post-Preisverzeichniss pro 1894 No. 2015. Inserate nehmen ausser der Expedition in Frank furt a. 31. sämmtliche Annoncen-Expe- ditionen und Buchhandlungen entgegen. Insertions-Preis: pro 4-gespaltene Petitzeile 30 Berechnung für 1 / 2 , 1 / i und 1 l t Seite nach Spezialtarif. Inhalt: Die elektrische Zentrale in Suhl. Von H. W. Hellmann. S. 85. — Ozeanische Telephonie. Von Silv. P. Thompson. S. 8G. — Ueber ein Photometer. Von E. W. Lehmann. S. 88. — Ueber Elektrizität u. Elektrotechnik in der Medizin. Von Dr. med. Bloebaum. (Schluss.) S. 89. — Statistik üb. elektr. Beleuchtung. VonPaisler. S. 90. — K 1 e i n e Mitteilungen: Vom Frankfurter Elektrizitätswerk. S. 91. — Elektrizitätswerk in Gotha. S. 91. — Lötlampen und Lötkolben von G. Barthel in Dresden-A. S. 92. — Elektrizitätswerk in Kairo. S. 93. Turbinen von A. Kuhnert u. Co. in Dresden. S. 93. — Treibriemenfabrik von Gebrüder Klinge, Dresden-Löbtau. S. 93. — Illustrirte Preisliste von J. C. Hauptmann u. Co., Leipzig. S. 93. — Oberpostdirektor Heldbergt S. 93. — P a t e nt 1 i s t e No. 10. — Börsenbericht.— Anzeigen Die elektrische Zentrale in Suhl. Heute sind wir in der Lage, nachstehend über die Ausführung j und Einrichtung genannten Elektrizitätswerkes in gedrängter Fassung berichten zu können. Das Ganze ist eine sogenannte Blockzentrale, deren Ausführung seiner Zeit durch die Herren August Hopfer und Eisenstuck in Leipzig erfolgte. Das Werk ist nicht städtisch, sondern Eigentum der Herren Gebrüder Luck in Suhl. In einer geräumigen, eigens erbauten Maschinenhalle befindet sich zunächst als Antriebsmaschine eine elegant gebaute Kompound-Lokomobile, bestimmt für eine Leistung von 80 Pferdestärken. Diese Lokomobile ist aus der Fabrik von Wolff in Magdeburg-Buckau hervorgegangen und zeichnet sich so wohl durch ihr elegantes Aeußere, wie durch ihren vorzüglichen, exakten und geräuschlosen Gang aus. Vom Schwungrad dieser Be triebsmaschine wird direkt eine Kompound-Dynamomaschine, System Lahmeyer (Modell G Via), angetrieben, welch letztere bei einer Tourenzahl von 900 pro Minute einen Strom von normal 242 Am pere bei einer Spannung von 120 Volt liefert. Die Stromverteilung geschieht in folgender Weise. Das Leitungsnetz ist in 2 Stromkreise geteilt: der eine, in der Figur mit (I) bezeichnete, mit einem Radius von ca. 150 Meter, er hält den Strom direkt von der oben erwähnten Dynamo (Modell G Via), während der zweite, in der Figur mit (II) angedeutete Strom kreis, derselbe liegt entfernter, seinen Strom von einem ca. 300 j Meter von der Zentrale wegliegenden Verteilungsturm erhält. Strom- ! kreis (I) arbeitet ebenso wie Stromkreis (II) mit einem Spannungs- i Verlust von maximal 3°/ 0 an der entferntesten Lampe. Die Speise leitung des Verteilungsturmes hat maximal 12 Volt Verlust. Letz terer wird durch eine sogenannte Fernspannungsdynamo (Haupt stromwicklung, Modell G II) vollständig selbstthätig, der jeweiligen Belastung entsprechend, derartig ausgeglichen, daß am Verteilungs turme stets 120 Volt Spannung vorhanden sind. Die Fernspannungsdynamo wird direkt von einer aut die Kol lektorseite der großen Dynamomaschine (G Via) gesetzten Riemen scheibe aus angetrieben und liefert normal bei 1400 Touren 12 Volt, 137,5 Ampere. Im Ganzen vermögen die Maschinen bei normaler Belastung ca. 550 bis 600 Glühlampen ä 16 NK oder deren Aequivalent zu speisen. Akkumulatoren hat man aus pekuniären Gründen bis jetzt noch nicht aufgestellt, jedoch will man später auch zur Anschaffung derselben schreiten. Der augenblickliche Betrieb dauert von Beginn der Dunkelheit bis Nachts 1 Uhr, manchmal auf Wunsch der Kon sumenten, auch länger. Auf mehrseitigen Wunsch hat man sich neuerdings auch entschlossen, auch am Tage Strom zu Kraftzwecken (Elektromotoren) abzugeben, und dürfte der Abschluß der Kontrakte mit den Abonnenten bereits im Gange bezw. erfolgt sein. Nun noch Einiges über die innere Einrichtung der Maschinen halle resp. die ganze Bauart. Die beiden Dynamomaschinen stehen auf gehobelten Gußeisen-Spannschlitten, welche ihrerseits durch kräftige Eichenbohlen von den darunter liegenden eisernen Trägern isoliert sind. Die ganze Aufstellung macht einen stabilen Eindruck, obgleich ein eigentliches Fundament fehlt. Die Leitungen gehen unter dem Fußboden hin zum Schaltbrett, an welches sie mit lösbaren Kabel verschraubungen angeschlossen sind. Das Schaltbrett enthält in übersichtlich angeordneter Weise: 1 Voltmeter, 1 Amperemeter, 2 Hebelausschalter für die beiden Stromkreise I und II, 1 Signal volt meter für maximale und minimale Spannung in Verbindung mit Klingel und farbiger Lampe, 1 zweipoliger Voltmeter-Umschalter und einen Erdschlußprüfer. Alle Drähte sind auf Porzellan montiert. Die Leitungen im Freien laufen oberirdisch und sind sämt lich über die Dächer auf Doppelglocken-Isolatoren geführt. Bei allen Hausanschlüssen ist die Anordnung getroffen, daß die Hausleitung a = Nebenschlusswicklung. b = (dicke) Hauptstrom-Magnetwicklung. C = Coliektor. L = Leitung, I und II bedeuten die beiden Stromkreise. R = Regulator für den Nebenschluss. durch eine gleich an der Drahteinführung in einem verschlossenen Kästchen befindliche zweipolige Bleisicherung geschützt wird. Die Anlage wurde am 24. Dezember 1892 Abends dem Be triebe übergeben und arbeitet seitdem tadellos, ohne die geringste Störung. Die Vorzüglichkeit des genannten Maschinenmaterials, so wie die Exaktheit der Ausführung der ganzen Anlage verdienen volle Anerkennung und möge derjenige, welcher Gelegenheit hat, nach Suhl zu kommen, nicht versäumen, diese interessante Zentrale in Augenschein zu nehmen. H. W. Hellmann.