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16 löste Stoffe aufnehmen können; es wird also durch Geschwindigkeit in der Aufnahme der Mangel an Dichtigkeit der Lösung wenigstens zum Theil ausgeglichen. Hiermit stehen die Beobachtungen, welche ich in meinem ersten Berichte mitgetheilt habe, vollkommen im Einklang. Die außerordentliche Lange, welche die Wurzeln im feuchten Sand boden so oft erreichen, ließe sich recht wohl durch diese Beobachtungen erklären, denn hier finden die Wurzeln gewöhnlich eine minder concen- trirte Flüssigkeit zwischen den Sandkörnern, als in einem reichen Boden. So wie nun die Wurzeln verschiedener Individuen die Fähigkeit haben, sich der Umgebung zu accommodiren, so können wir auch an nehmen, daß die einzelnen Wurzelfäden einer und derselben Pflanze sich der Localität, in welche sie eindriugen, anpassen. So kann es kommen, daß die Wurzelfäden auf der einen Seite viel länger oder dicker, oder beides zugleich werden, als auf der andern Seite, wenn die Pflanze an der Grenze zweier Bodenarten steht; dies kann unter Umständen wohl so weit gehen, daß die Wurzeln an der einen Seite so dünn, kurz und zart bleiben, daß sie bei oberflächlicher Betrachtung übersehen werden. Aus derartigen Vorkommnissen scheint sich der vielverbreitete Glaube hcrzuleiten, daß die Wurzeln ihre Nahrung aufsuchen, sich vor züglich dem günstigen Terrain zuwenden. Oben suchte ich zu zeigen, daß durch die Bewegungen des hygro skopischen Wassers, welche durch die von den Wurzelhaaren ausgehenden Störungen des Gleichgewichts zwischen den Adhäsions- und CohäsionS- kräften entstehen, den Wurzeln immer wieder neues Wasser zugeführt wird, ohne daß dasselbe wie eine Flüssigkeit dem Gesetz der Schwere folgt, denn diese Bewegungen finden nach allen Richtungen statt. Es ist nun natürlich, daß die Stoffe, welche in den Wafferhnllen der Boden- theilchen aufgelöst enthalten sind und ihrerseits eigenen Adhäsionskräften unterliegen, welche den Concentrationsgrad und das Coucentrations- verhältniß dieser Lösungen bestimmen, daß diese Stoffe an den Bewe gungen, welche in dem hygroskopischen Wasser vor sich gehen, Theil nehmen. Dadurch muß auch ohne die Gegenwart fließenden Wassers eine Circulation der Nährstoffe im Boden unterhalten werden, wodurch den Wurzeln die entfernteren Theile derselben zugänglich gemacht werden. Mau hat zwar bisher eine solche Zuführung der Nahrnngsstoffe gegen die Wurzeln hin allgemein angenommen, jedoch unter der unrichtigen Voraussetzung, daß dies durch fließendes Wasser geschehe; man hatte