175 die Temperatur tief unter Null, ohne daß der Boden die geringste Schnee decke hatte; die von dem Frost in ihrer Vegetation überraschten Pflanzen (Urtica, I-amium, Verbascum, llieraeium u, a.) waren so hart gefroren, daß die Blatter wie Glas brachen. Später erhielt der Boden eine dünne Schneedecke, während der Frost anhielt. Nach ungefähr zwei Wochen trat plötzlich ein warmer Tag mit Sonnenschein ein; ich ging am Morgen hinaus, um zu sehen, wie daS auf die gefrorenen Pflanzen wirken würde. Die dünne Schneelage thaute nach 2—3 Stunden an einzelnen Stellen der Abhänge völlig auf, ich überzeugte mich zugleich davon, daß der Boden noch gefroren war und wartete das Aufthauen der untersten Stellen ab; als dies nach I—2 Stunden geschehen war, grub ich die daselbst stehenden Pflanzen aus und fanh die jungen Wurzeln so frisch, als ob sie im besten Wachsthmn begriffen wären; sie waren offenbar unmittelbar vor dem Eintritt des Frostes entstanden und durch das lange Gefrorensein nicht im geringsten beschädigt. Die von der Sonne ge troffenen Blätter waren sämmtlich erfroren, die an schattigen Stellen dagegen behielten ihre Frische. Es steht also fest, daß das Gefrieren nicht jederzeit ein Erfrieren bewirkt; das Erfrieren muß also durch besondere Umstande bedingt wer den, welche von dem Gefrieren mehr oder weniger unabhängig sind. Wir kommen daher zu der Untersuchung der Frage: 4. Unter welchen Bedingungen kann das Gefrieren der Pflanzen ein Erfrieren nach sich ziehen? Eine dieser Bedingungen ist vollständig bekannt; die gefrorenen Pflanzeutheile erfrieren jederzeit, wenn sie rasch aufthauen; es mag noch andere Umstände geben, unter denen das Gefrieren oder Gefrorensein tödtlich wird, jedoch ist darüber noch mancher Zweifel zu hegen, ich werde am Schluß dieses Capitels davon sprechen. Wie in so vielen anderen Fragen der Pflanzen-Physiologie verdanken wir auch hier dem genialen Du Haniel die ersten richtigen Ansichten. „Es ist gewiß,*) sagt er, daß der Frost niemals so viel Schaden bringt, als wenn allzuschnell Thauwetter auf denselben folgt." Daraus schloß er zugleich, daß langsanres Aufthauen ein Schutzmittel gegen das Er- *) kd^slque ckes ardreo U. V. Odap. 3, 1758.