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Tätigkeit bei der hiesigen Freiw. Feuerwehr das von Sr. Maj. dem König gestiftete Ehrenzeichen nebst Decret im Allerhöchsten Auftrage verliehen und durch Herrn Gemeindevorstand Haupt im Beisein der Freiw. Feuerwehr in feierlicher Weise überreicht. — In Chemnitz ist der Preis für das SechS- pfund Roggenbrot seit Freitag von einzelnen größeren Bäckereien um 4 Pfg. herabgesetzt worden. — Zwickau. Ein neues großartiges Bauprojekt beschäftigt jetzt lebhaft die Stadt Zwickan. Es hat sich ein Konsortium gebildet, welches mit dem Plane umgeht, das große, erst im Jahre 1871/72 gebaute Hotel zum deutschen Kaiser für etwa 300,000 M. käuflich zu erwerben, abzubrechcn und eine Passage herzustellen, wobei auch der im Jahre 1890 verwelt lichte alte Friedhof mit verwendet, nach Befinden die Häuser der Südseite der äußeren Plauenschen Straße erworben und in dieses Bauprojekt gezogen werden sollen. Verhandlungen haben bereits begonnen. — Der „Kreisverband evangelischer Arbeiterver eine" von Zwickau und Umgegend hat beschlossen, die Reichsregierung zu ersuchen, angesichts der ven Arbeiterstand besonders schwer drückenden Bertheuerung der Lebensmittel thunlichst Maßregeln zu treffen, die geeignet sind, der bestehenden Theuerung abzuhelfen. — Jedenfalls meint der Kreisverband Maßregeln gegen das Schachern mit Getreide, gegen die Speku lation mit den Erzeugnissen des Bodens und der Arbeit. In dem Wunsche gegen diese Giftbaumaus wüchse Maßregeln getroffen zu sehen, stimmen wir mit ihm durchaus überein. — Reichenbach, 27 Juli. Ein überaus trauriger Fall ereignete sich gestern gegen Abend auf dem hiesigen Bahnhöfe und zwar in der Nähe des GükerbodenS. Drei Knaben im schulpflichtigen Alter machten sich in dastehenden leeren Güterwagen zu schassen. Auf das Zurufen eines Bahnbediensieten, die Wagen sofort zu verlassen, indein diese rangirt werden müßten, sprangen zwei der Knaben glücklich heraus, während der Dritte, ein 12 Jahre alter Sohn des Werkmeister Berndt, dabei schwer verunglückte. In dem Momente, wo dieser den Wagen verlassen wollte, erhielt der Wagen durch die inzwischen herangekommene Rangir- maschine einen Stoß, der Knabe fällt zwischen den Wagen und die Brustmaucr der Ausladerampe und erlitt dabei einen mehrmaligen Bruch des rechten Armes. Die Verletzung war leider so schwerer Art, daß noch am gestrigen Abend der Arm abgelöst werden mußte. — Von den beiden 1890 allein an der Lieferung von Stickmaschinen beiheiligten Maschinenfabriken in Plauen und Kappel sind alles in allem nur 3 Handmaschinen und 130 Schiffchenmaschinen in den Bezirk der Handelskammer Plauen geliefert worden, während außerdem die Fabrik in Kappel nur noch je 1 Handmaschine mit Bog- und Bohrapparat nach Berlin und Gößnitz und 2 Handmaschinen nist Bog- und Bohrapparat ins Ausland, zusammen 6 Hand maschinen und 2 Schiffchenmaschinen nach Orten außerhalb des Bezirks lieferte. Der sehr erhebliche Zuwachs beschränkt sich so gut wie ausschließlich auf Schiffchenmaschinen, während der fast verschwindenden Vermehrung der Handmaschinen wiederum eine nicht unbeträchtliche Verminderung cntgegensteht, welche Ihcils durch einfache Zusammenschlagung und Außer betriebsetzung, theils und hauptsächlich durch Verkauf nach Orken außerhalb des Kammerbezirks erfolgt ist, wenn letzterer auch nicht in demselben Maße wie im Vorjahre stattgefunden hat. Auch zwischen den ein zelnen Orten des Kammerbezirks hat eine Verschiebung im Maschinenbestande stattgcfunden, wie dies insbe sondere aus Schneeberg-Neustädtel berichtet wird, wo verschiedene auswärts abgebrochene Maschinen wieder aufgestellt und außerdem vcrhältnißmäßig viel und "/i Maschinen in Maschinen ummontirt wurden, nachdem jene Rapporte seit längerer Zeit von den Auftraggebern ganz vernachlässigt worden waren. — In dem neuesten Handelskammerbericht mißt ein Be richterstatter einen großen Theil der Schuld, daß der schöne Artikel Luftstickerei so schnell abgewirthschaftet worden ist, den Arbeitern bei, indem er bemerkt, daß eS ja einen Theil guter und zuverlässiger Arbeiter gebe, der größte Theil aber, sobald das Geschäft Halb wegs gehe, lllderliche und mangelhafte Arbeiten liefere und wir deshalb von der Schweiz immer überholt seien, obgleich wir bessere Maschinen hätten. — Aus dem Erzgebirge, 27 Juli. Gestern und heute fand in dem festlich geschmückten Crotten- dorf unter Betheiligung von 38 auswärtigen Vereinen das Obererzgebirgische Gausängcrscst statt. Im FestgotteSvicnste nahm der Geistliche Bezug auf das Fest; eine Motette trug zur Erhöhung der Feier bei. Rach der Hauptprobe versammelten sich gegen 1 Uhr die Sänger auf dem Festplatze; hier sangen die vereinigten Gesangvereine Crottendorfs den Sängergruß von Br. Dost, worauf Herr Fabrikant Franke den Gästen den Dank der Einwohner für die zahlreiche Betheiligung aussprach. Nach ter Begrüß ung fand die Weihe der Fahne des Gesangvereins „ Sängerbund "-Crottendorf statt, wobei Herr Pastor Jahn die Weihrede hielt. Dem Banner wurden von fast sämmtlichen Vereinen Ehrengeschenke gewidmet. Der veranstaltete Festzug war ein höchst stattlicher. DaS hierauf veranstaltete weltliche Concert, das Massen gesänge und Vorträge der einzelnen Vereine bot, be kundete, daß der Bund eine wahre Pflegstätte der edlen GesangcSkunst ist. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 30. Juli. (Nachdruck verboten.) Am 30. Juli 1489 starb Johann Wessel, der Borläufer der Resormalion, zu Gröningen, seiner Vaterstadt. Er ward von seinen Freunden lux munäi, von seinen Feinden mu^ikter contrueliotionis genannt. Er lehrte Philosophie in Köln, Löwen, Heidelberg und Baris und überragte die meisten seiner deutschen Zeitgenossen an Scharssinn, Freimuth und Gründ lichkeit. Johann Reuchlin und Rudolf Agrikola waren seine Schüler. 31. Juli. Al» 31. Juli 1356 starb der Stifter des Jesuitenordens Ignaz Loyola. Er war anfangs spanischer Offizier, wurde 1521 bei Pampclona schwer verwundet und beschäftigte sich aus dem langen Krankenlager viel mit religiösen Dingen. In der Kapelle der heiligen Jungfrau von Montserrat, deren reinem Dienst er als geistlicher Ritter sich widmete, hängte er Schwert und Dolch aus, umgürtete seine Lenden mit einem Strick und trat eine Pilgerfahrt nach dem heiligen Lande an. Nachdem er auf dem heiligen Grabe durch inbrünstiges Gebet seine Sehnsucht gestillt, faßte er den Gedanken, der Stifter eines neuen Ordens zu werden. Mit unglaublicher Beharrlich keit erwarb er sich in Salamanca und in Paris die mangelnde Bildung. Mit dem größten Eifer trieb er theologische und philosophische Studien, nach deren Beendigung er mit sechs Genossen auf eine geweihte Hostie schwur, nicht nur den Mönchs- gelübden (Armuth, Keuschheit, Gehorsam) treu zu sein, sondern sich auch von dem Papste das Ziel ihrer Wirksamkeit bestimmen zu lassen und demselben in unbedingter gläubiger Folgsamkeit nachzukommen. Nach einigem Bedenken ertheilte Papst Paul III. der Gründung der Gesellschaft Jesu mit der von dieser auf gestellten Grundlage seine Genehmigung. Ignatius Loyal« wurde der erste Ordensgeneral, aber nicht ihm, sondern seinem Nachfolger Lainez verdankt der Jesuitenorden seine Organisation. Ignatius Lohla war viel zu schwärmerisch angelegt, als daß er zu organistren verstanden hätte; Krankenpflege, Kinderlehre und Seclforge waren der Mittelpunkt seines Strebens. Jnvaliditäts- und Alters-Versicherung betr. Durch vaS Reichsgesetz vom 8. Juni 1891 f Reichs gesetzblatt Seite 337) ist der § 157 des Jnvaliditäts- und Altersversicherungs-Gesetzes dahin abgeändert worden, daß für Versicherte, welche zur Zeit Les In krafttretens dieses Gesetzes (1. Januar 1891) das 40. Lebensjahr vollendet haben und den im Gesetze näher bezeichneten Nachweis liefern, die Wartezeit für die Altersrente um so viele Beitragsjahre und über schießende Beitragswochen sich vermindert, als ihr Lebensalter am I. Januar 1891 an Jahren und vollen Wochen das vollendete 40. Lebensjahr über stiegen hat. Darnach sind die Bedenken beseitigt, welche nach der ursprünglichen Fassung des § 157 die Bewilligung von Altersrente an Versicherte des Geburtsjahrganges 1821 vor Zurücklegung eines vollen Beitragsjahres (vgl. Rundschreiben des Reichs- versicherungsamies vom 3. April 1891 Seite 125 der amtlichen Nachrichten desselben, Seite 208 der Zeitschrift „ Arbeiterversorgung") entgegenstanden. Viel mehr ist von solchen Versicherten für die Zeit nach Inkrafttreten des Gesetzes nur nachzuweisen, daß und wann die zur Erfüllung der Warte zeit erforderlichen Beitragswochen zurück gelegt sind. Wenn z. B. ein Versicherter am I. Juni 1891 sein 70. Lebensalter vollendet und am 1. Januar 1891 also ein Lebensalter von 69 Jahren und 30 vollen Wochen hatte, so braucht er zur Erfüllung der Wartezeit nicht mehr ein volles Beitragsjahr (47 Beitragswochen), sondern nur noch 47 weniger 30 gleich 17 Beitragswochen. Weist er diese für die Zeit vom 1. Januar bis 1. Juni — seinem 70. Ge burtstage — nach, so Hal er Anspruch auf Alters rente vom folgenden Tage ab. Vermag er z. B. wegen zeitweiliger Arbeitslosigkeit dis 1. Juni nur 7 Beitragswochen nachzuwcisen, so kann er erst nach Ablanf von weiteren 10 Beitragswochen nach seinem 70. Geburtstage Altersrente beanspruchen und er halten. Andererseits kommen dem Versicherten, welcher bis zu seinem 70. Geburtstage — I. Juni — un unterbrochen versichert war, sämmtliche bis dahin verwendete und nachgewiesene Beitragsmarken zu Gute, was für die Rentenhöhe schon in diesem Jahre, in erhöhtem Maaße aber in späteren Jahren von Einfluß sein kann und wird. Es liegt daher im eigensten Interesse der im Jahre 1821 und später geborenen Versicherten, daß sie die Quittungskarte nach Verwendung aller bis zum vollendeten 70. Lebens jahre fälligen Beitragsmarken thunlichst noch in der jenigen Woche, in welche ihr 70. Geburtstag fällt aufrechnen und, namentlich aber bei Verzögerung der Aufrechnung, von der dazu zuständigen Stelle (Kranken kasse, Gemeindebehörde) eine Bescheinigung darüber sich ausstellen lassen, für welche Kalenderwoche die letzte Beitragsmarke der Quittungskarte zu gelten hat. Erna. Novelle von L. Haidheim. (7. Fortsetzung.) „Eine Position für ein paar Tausend Mark, die der Papa zeichnete. Ach, das Gelb, Tante! es kann so viel. — Aber ich glaube, diesen vornehmen Damen imponirt es doch nicht." „Dein Gelb? Dein Vermögen? Pah! Liebste Erna, in diesen Kreisen imponirt eS ebenso, wie über all in der Welt. — Wärst Du ein Fräulein Habe nichts — na, natürlich, so sähe man Dich nicht an, aber — nun, Schatz, traue unfern Erfahrungen in dieser Hinsicht! Ich bin fest überzeugt, Herr von Modlaczek macht heute oder morgen auch seinen An trag." „Tante, ich sprach nicht drei Worte mit ihm. Aber freilich, mich wundert nichts mehr," sagte leise das junge Mädchen und auf dem Gesicht lag eine tiefe Traurigkeit. „Nun, so nimm doch nicht jeden Antrag tragisch! Lache darüber. Auf die eine oder andere Weise lernt man die Welt immer kennen. Ich habe Dir oft ge sagt, daß ich nicht einen einzigen Antrag erhielt, als ich jung und arm war; jetzt, wo ich ein nettes Kapi tälchen gesammelt, jetzt findet man mich begehrenS- werth genug. Peter Smidt und Komp, hat auch mal wieder einen rührenden Brief geschrieben." Beide Damen lachten, die ältere in völlig ruhiger Heiterkeit, die jüngere traurig blickend, so komisch sie Peter SmidtS Erwähnung auch berührte. „Tante Luise! Ich glaube dennoch, der alte Herr meint es ehrlich! Er hat ein so gutes, treues Aus sehen." „Alte Herr? Er ist vierundfünfzig! Zu alt wäre er für meine fünfundvierzig noch nicht." „Run, so erhöre ihn doch! Ich würde Dich zwar entsetzlich vermissen, Papa auch." „Erhören? Mein Geld will er. Wenn ich ihm das schenkte, würde er nach mir weiter nicht fragen." „O Gott, Tante, sprich nicht so, Du zerstörst mir den Glauben an die Menschen." „Hab' ich denn unrecht? Weißt Du eS nicht, auch ohne mich, daß Geld alles ist?" Erna Kaland senkte den Kopf. Auf einmal, nach einer ggnzen Weile, fuhr sie aus ihrem Schweigen empor. „Nein! »ein! nein!" Tante Luise sah sie erstaunt an, sie hatte das Gespräch schon vergessen. „Nein, Tante, eS giebt doch gewiß irgendwo Liebe." „Freilich! Aber nur der Tausendste findet sie. Die andern nehmen, wissentlich oder betrogen, Talmi; es glänzt und ist billiger, und auf Haltbarkeit braucht man nicht zu sehen." Erna Kaland legte die Hand über die Augen. Sie war noch zu jung, um zu begreifen, daß diese Frau, welche ihr, so lange sie lebte, unzähliche Wohl- lhaten erwiesen, jetzt „aus Liebe" den Blüthenstaub rauh von ihrem sich eben erschließenden Herzen Hin wegstrich. Sie kehrten dann nach einer schönen, stillen Fahrt in die Stadt zurück. Die Visitenstunde war inzwischen gekommen. Tante Luise stieg vor dem Hause einer Verwandten aus. Erna fuhr zu der Generalin von Grumbach. Diese und Emmy empfingen das junge Mädchen, welches auf seine Karte geschrieben hatte, daß es von Frau Ministerialdirektor Werner in Sachen des Ba zar für die Ueberschwemmten komme. Wenn ein Mann wie Erich von der Erscheinung Ernas nur den Eindruck der Schlichtheit und An spruchslosigkeit hatte, so waren die beiden Damen so fort im Stande, zu sehen, daß dies überaus einfache aber reizende Hütchen, nur von Madame Mouillard sein könne, und daß dieses Mantelett trotz seiner Un- scheinbarkeit die allerneueste Schöpfung aus dem ersten Konfektionsgeschäft sei. Besonders Emmy, welche in der Modenfrage lebte und webte und stets aufs Genaueste unterrichtet war über dieselbe, hatte auf den ersten Blick die vornehme Einfachheit dieses erröthenden jungen Mädchens be merkt und dieselbe bewundert, trotz ihrer eigenen lei denschaftlichen Vorliebe für Spitzen, Bänder und Schleifen. „Erna Kaland — wer ist das?" hatten die Da men sich gefragt, bevor diese eintrat. Und nun stand sie vor ihnen mit einer anmuthS- vollen Bescheidenheit, mit aller Ruhe, welche die Sicher heit in der gesellschaftlichen Form zu geben vermag, und doch so schüchtern und mädchenhaft, daß die Ge neralin sofort dachte: Welch reizendes Mädchen! und in ihrer sanften Liebenswürdigkeit noch einen wärme ren Ton anschlug. Erna berichtete, gab Auskunft und entschuldigte ihr etwaiges Nichtwissen mit der Flüchtigkeit der Be gegnung im Laden. — Jetzt fiel der Generalin auch ein, daß und wie sie den Namen Kaland gehört. ES war der Herr, welcher gleich die große Summe gezeichnet hatte. Sie sprach weiter nicht darüber, denn Erna mit Emmy beredeten eben die Einrichtung und Ausstattung ihre« kleinen Ladens. Emmy war ganz Feuer, sie hatte schon vollständig vergessen, daß sie ihr Vermögen verloren, überhaupt den Eindruck des gestrigen Tages überwunden, um mit der Elastizität ihres Naturells zurückzuschncllen auf den fröhlichen unbekümmerten Lebensgenuß, dem sie sich bisher hingegeben. Die Generalin mußte leise seufzen. Bei ihr und Theo vertiefte sich stündlich mehr der Kummer über das Unglück. Inzwischen meldete der Diener eine arme Frau, welche die Generalin al« VorstandSdame irgend eine« andern Vereins zu sich beschieden. Sie verließ, sich entschuldigend, da« Zimmer. Emmy blieb mit ihrem Besuch allein.