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66 Unterkessel bis 200 rnm eingebeult und eins davon aufgerissen. Es wurden dadurch die Roststäbe, sowie die Feuerbrücke mit Tür herausgeschleudert und dadurch die Brauerei mobil gemacht. Der Dampfdruck soll nur 3 Atm. gewesen sein, sonst wäre die Sache gewiß nicht so glatt abgegangen. Am Morgen gegen 6 Uhr hat nun der Maschinenmeister, nachdem er alles vorher untersucht hatte, den Reservckessel in Betrieb gesetzt. Der Heizer der Tagschicht hat darauf den Betrieb des Kessels übernommen und am Nachmittag erfolgte dieselbe Affäre, und nur dadurch, daß der Heizer die Einbeulung der Flammrohre bemerkte, den Dampf überall entweichen ließ und das Feuer entfernte, verhinderte er weiteren Schaden. Es muß nun hier dasselbeSpiel erfolgt sein und zwar meiner Ansicht nach in einem Zeiträume von 20 Minuten bis zu einer halben Stunde. Das Wasser ist vom Unterkessel durch das Speiserohr nach dem Ober kessel gedrückt worden, infolge einer Druckerhöhung im Unterkessel und einer plötzlichen größeren Dampfentnahme vom Oberkessel. Ich schließe diesen Vorgang auf das zu kleine Dampfraum- Verbindungsrohr, welches nur 120 nun Durchmesser hat und außerhalb der Kessel geführt ist, denn anders ist es nicht denkbar. In einem zweiten Falle, der in einer Schokoladenfabrik passierte, hatte ich auch Gelegenheit, die Flammrohre zu sehen, welche auf dieselbe Weise eingebeult waren. Der Vorfall wurde hier direkt auf falsche Speiserohreinrichtung zurückgeführt. Das Speiserohr des Unterkcssels war hier genau so eingebaut, wie bei dem ersten Falle, denn die Kesselfabrik war bei beiden Vor kommnissen dieselbe. Man hatte nur den Unterkessel noch mit einer Extra-Speiseleitung versehen. Trotzdem fand auch hier ein Aus glühen der Flammrohre statt. Ein dritter Fall ist mir vor einiger Zeit durch eine Frage in unserer Zeitschrift bekannt geworden. Aus besonderem Interesse hatte ich mich mit dem Fragesteller direkt in Verbindung gesetzt. Der betreffende Kollege beobachtete, öfters und hauptsächlich Montags früh, sobald am Kessel ein Ventil zur Dampfentnahme geöffnet wurde, daß sofort das Wasser vom Unterkcssel nach dem Oberkessel stieg und sich erst nach einer gewissen Zeit wieder nach unten füllte. Der Manometer zeigte noch 1fl2 Atm. und war der Kollege der Ansicht, daß der Vorgang durch Luftleere entstehe. Ich erklärte mir den Vorgang folgendermaßen: Der Ueber- tritt des Wasfers vom Unter- zum Oberkessel kann nicht durch Saugen entstehen, weil noch Dampfdruck vorhanden und infolge dessen an Vakuum nicht zu denken ist. Nun machte ich dem Kollegen den Vorschlag, bevor Dampf entnommen wird, den oberen Wasserstandshahn vom Unterkessel zu öffnen, um Dampf abzublasen. Nach einer halben Stunde ungefähr am Dom des Oberkessels ein Ventil zu öffnen und dann zu beobachten, ob das Wasser wieder nach dem Oberkessel steigt. Die Kesselfabrik, wohin auch dieser Vorgang gemeldet worden ist, hat empfohlen: Vom Speiserohr des Unterkessels sei soviel abzuschneiden, daß dasselbe noch 150 mm unter den niedrigsten Wasserstand reiche. Hiervon habe ich abgeraten und zwar deshalb, weil dann, wenn der Vorgang sich verlängert, das Wasser im Unterkessel 50 mm unter dem feuerberührtcn Punkt sinkt und dann dadurch die Gefahr des Ausglühens auch gegeben ist. Hingegen habe ich empfohlen, das Speiserohr bis zu 50 mm unter den niedrigsten Wasserstand reichen zu lassen. Weiter hatte ich empfohlen, dem Dampfraum-Verbindungsrohr mindestens 400 mm Durchmesser zu geben, da 110 mm zu wenig sei und dasselbe, wenn möglich am Dom, entgegengesetzt des Hauptventils, einmünden zu lassen, um dadurch eine saugende Wirkung vom Unterkessel-Dampfraum herbeizuführen. Nach einer Zeit von vier Wochen erhielt ich die Mit teilung, daß der Kollege nach dreimaliger Beobachtung Montags früh gefunden habe, daß sich der Vorgang abgeschwächt hat. Der volle Erfolg werde aber noch an dem zu kleinen Querschnitt des Wasserstandshahnes gehindert, der zu wenig Dampf ent weichen ließe. Ob der Kollege etwas geändert hat, weiß ich nicht. Weiske, Dresden. Gewerblich-Soziales. Vom Stande der Reichsversicherungsordnung. Nachdem die erste Lesung des Entwurfs seitens der Kommission beendet wurde, ist es wieder an der Zeit auf das Ergebnis derselben hinzuweisen. Vom 3. Buche, Unfallversicherung behandelnd, ist zu melden, daß wesentliche Aenderungen des Entwurfs nicht erfolgten. Abgelehnt wurde, die Unfallversicherung auf alle Arbeiter und Arbeiterinnen auszudehnen, auch das Kleingewerbe wurde nicht berücksichtigt. Den Begriff des Betriebsunfalles auf jene Unfälle auszudehnen, die auf dem Wege nach und von der Arbeit eintreten, sowie auf die Gewerbckrankheiten wurde nicht stattgegeben. Der Gewerbeunfallversicherung wurde der Binnensischereibetrieb und die Betriebe, die gewerbsmäßig Spreng stoffe verarbeiten, angegliedert. Die Bestimmung, daß die Be rufsgenossenschaften berechtigt sein sollten, Renten bis 20 Proz. von vornherein auf eine bestimmte Zeit festzusetzen, ist glücklicher Weise nicht angenommen worden. Waren bisher nur die un ehelichen beim Tode der in einem unfallversicherungspflichtigen Betriebe verunglückten Mutter berechtigt Hinterbliebenenrente zu beziehen, so soll in Zukunft auch den unehelichen Kindern eines männlichen Verunglückten, der zu ihrer Unterhaltung verpflichtet war, die Rente zustehen. Die Hinterbliebenen der Ausländer sind schlechter gestellt worden, soweit sie nicht im Inland ihren Wohnsitz haben, doch kann durch bundesrätliche Bestimmungen für die Grenzgebiete, sowie für solche Staaten, die die Unter- stützung getöteter Deutscher gewährleisten, Ausnahmen eintreten. Üm sich auf den Verlust ver Rente einzurichten, soll bei Kürzung oder Entziehung der Rente, diese immer erst einen Monat später eintreten, nachdem der berufungsfähige Bescheid zugestellt wurde. Jnbezug auf die Unfallverhütung wurde den Berufs genoss en- schaften aufgegeben, diese sich immer mehr angelegen sein zu lassen. So soll alljährlich der Vorstand der Berufsgenossenschaft unter Hinzuziehung der Vertreter der Versicherten Stellung nehmen zu den Berichten der technischen Auffichtsbeamten und Maß nahmen anregen, die zur Verbesserung der Unfallverhütungs vorschriften geboten erscheinen. Dem Verlangen der Arbeiterschaft, wie es in der Tagung des außerordentlichen Kongresses in Berlin am 25.-26. April zu Tage trat, ist leider so gut wie gar nicht Rechnung getragen worden. Wurde doch dort die Ausdehnung der Versicherung verlangt: 1. auf alle gegen Lohn oder Gehalt Beschäftigten ohne Rücksicht auf die Höhe des Lohnes oder Gehaltes; 2. auf die selbständigen Unternehmer, soweit ihr Einkommen 3000 Mark nicht übersteigt, unter Gewährung der Versicherungs berechtigung bei einem Einkommen bis zu 5000 Mark; 3. auf die im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt Tätigen. Der Begriff des Betriebsunfalles ist auf jene Unfälle auszudehnen, die auf dem Wege nach und von der Arbeit ein treten. Gleich den Unfällen sind die Gewerbe- und klimatischen Krankheiten zu entschädigen. Die Träger der Unfallversicherung haben vom Tage des Unfalles an einzutreten. Die Rente hat in voller Höhe den dem Verletzten, seinen Angehörigen oder Hinterbliebenen erwachsenen Schaden zu er setzen. Sie ist unter voller Anrechnung des wirklichen Jahres arbeitsverdienstes unter Einhaltung einer Mindestgrenze zu berechnen. Dem Versicherten ist sowohl bei Erlaß und bei der Durch führung der zu erweiternden Unfallverhütung, bei der Renten festsetzung entscheidende Mitbestimmung durch gewählte Vertreter aus ihren Kreisen einzuräumen. Entschieden wendet sich der Kongreß gegen alle Vorschläge, die eine Verschlechterung der bisherigen Bestimmungen bedeuten. Was eingangs von der Unfallversicherung gesagt wurde, daß sie nämlich den berechtigten Forderungen der gesamten Arbeiter schaft nicht entspricht, ist auch auf die erste Lesung der Regierungs vorlage über die Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung an zuwenden. Eine Erweiterung des Kreises der Versicherungs pflichtigen Personen, insbesonders Ausdehnung der Versicherung