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50 — schablonenhaft wird mit ihm verfahren, und nicht der geringste Wert wird darauf gelegt, daß der Maschinist und Heizer neben einem ziemlich großen technischen Können, eine ganz besondere Gewissenhaftigkeit, Pflichterfüllung und Unerschrockenheit besitzen muß, welche Eigenschaften ihn über den Arbeiter, der z. B. an einer Maschine Massenartikel fertigt oder sonstwie mit unter geordneten Arbeiten beschäftigt ist, ganz wesentlich stellen. Dies ist ein großer Krebsschaden für unfern wichtigen Beruf. Wenn wir also, wie schon gesagt, eine bessere soziale Stellung einnehmen wollen, so ist es unbedingt nötig, daß unser Beruf gehoben wird, was am besten durch den Befähigungs nachweis geschehen kann. Das ist unser Ziel. Neben und mit diesem Ziele verfolgen wir aber auch bessere Lohn- und Arbeits bedingungen, und werden wir beides, neben unseren mannig faltigen und humanen Unterstützungseinrichtungen, nie aus dem Auge lassen. Hierzu ist es aber notwendig, daß sich alle Berufsange hörigen einigen, um mitzuarbeiten an der sozialen Hebung des Standes, die nur im Sinne der Tendenzen des Freien Maschi nisten- und Heizerbundes Deutschlands, Sitz Chemnitz, erreichbar sind, da sich nur in unserem Bunde alle Kollegen zusammen schließen können, und weil eine starke Organisation die erste Vorbedingung des Erfolges ist. Deswegen, werte Mitglieder und Kollegen, tretet allerorten für euere Fachorganisation ein, macht überall Propaganda für unsere Bundesziele, werbt tüchtige Bundesmitglieder an, denn durch diese Betätigung sorgt ihr nicht nur für euch, sondern auch für euere Familien und deren sorgenfreie Zukunft. Die Dampfkessel-Erplosionen im Deutschen Reiche während des Jahres 1909. Das nachstehende, nach der Zeit des Unfalls geordnete Verzeichnis der Dampfkessel-Explosionen, welche im Jahre 1909 im Deutschen Reiche stattfanden, wird auf Grund der Anordnung des Bundesrats vom 14. Dezember 1876 veröffentlicht. Nicht berücksichtigt werden hierbei die Explosionen der Dampfkessel, welche sich in der Benutzung der Militärverwaltung oder der Verwaltung der Kriegsmarine befinden sowie der Lokomotiven der Eisenbahnen. Für das Jahr 1909 handelt es sich um neun Explosionen. In den folgenden Erläuterungen bedeutet: U —die Länge des Kessels (bezw. des Hauptkessels), I —die Länge des Sieders, v —den Durchmesser des Kessels (bezw. des Hauptkessels), ä — den Durchmesser des Flammrohrs, Sieders oder der Siede röhren, 8 — die Materialstärke des Kessels (bezw. des Hauptkesselkörpers), 8 —die Materialstärke im Flammrohr bezw. in den Siede oder Heizröhren, 8s —die Materialstärke der Stirnseiten, 4—den Gesamtinhalt des Kessels in Kubikmetern, ^m —den amtlich zugelassenen höchsten Atmosphärendruck. Sämtliche Längenmaße sind in Millimetern angegeben. — Das Kesselmaterial bestand in den neun hier behandelten Fällen aus Eisenblech. — Soweit über den Zweck der Kessel nichts besonderes bemerkt ist, dienten sie der Krafterzeugung. Zuerst folgt die Beschreibung der einzelnen vorgekommenen Dampfkessel- Explosionen, zweitens werden die Kessel nach ihrer Konstruktion aufgeführt, während zum Schluß eine Zusammenstellung nach der Ursache der Explosionen gegeben ist. Die Explosionen werden in chronologischer Reihenfolge beschrieben. Am 1. Januar 1899 waren im Deutschen Reiche 139278 Dampfkessel vorhanden und zwar 103210 feststehende Dampf kessel, 29 964 bewegliche Dampfkessel und 6104 Schiffsdampf- keffel. Am 1. Januar 1879 besaß Deutschland nur 60058 Dampfkessel. In Zwönitz, Amtshauptmannschaft Chemnitz, explodierte in der Blechwarenfabrik und Emaillierwerl von C. A. Schwotzer am 15. Februar, nachmittags gegen 3 Uhr, ein feststehender, liegender Walzenkessel mit einem Siederohre zur Krafterzeugung und zu Heizzwecken, 1888 von Seiffert L Melzer, Halle a. S. erbaut und an dieser Stelle in Betrieb gesetzt. Die Abmessungen des Oberkessels waren: I- — 6260, v - 1030, 8-10, 8s-13,5; des Sieders: 1- 5160. ä- 7854, s-8. 8s-12; des Domes: 1^-600, O —580, 8 — 10; der Verbindungsstutzen: 1-500, <1 —380, s — 9; des Wasserstandsstutzens: 1-380, ä —460, 8 — 10, 4 —8,31, ^m —6. — Die Lang nähte des Oberkessels und des Siederohrs sind doppelreihig, alle übrigen Nähte einreihig überlappt genietet. Der Kessel ist durch besondere Anker nicht versteift. — Material: Schweißeisen, mit Ausnahme des Dombodens und der Stirnplatte des Wasserstandsstutzens, welche Teile aus Gußeisen bestehen. — Feuerung: Unterfeuerung für Steinkohle und Braun kohle. Rostfläche - 1,15 gm, benetzte Heizfläche - 23,7 gm. — Speisung: Durch eine Transmissionspumpe von 50 mm Kolbendurchmesser, 100 mm Hub bei 80 Spielen in der Minute und durch einen liegenden Injektor mit einer Leistungsfähigkeit von etwa 1000 1 in der Stunde. Das Speisewasser — seit 1904 der städtischen Wasserleitung entnommen — setzte wenig Schlamm und Kesselstein ab. Der Kessel wurde durchschnittlich zweimal jährlich gereinigt, das letzte Mal am 19. Oktober 1908, und zwar an den Innen- und Außenwandungen sowie in den Zügen. Im Jahre 1904 ist eine undichte Stelle der Längsnaht an der linken Seite des Oberkessels, im Jahre 1908 eine solche in der Rundnaht des Bodens vom Wasserstandsstutzen verstemmt worden; sonst hat der Kessel Ausbesserungen nicht erfahren. Der Kessel hatte 300 Arbeitstage zu 10 bis 11 Arbeitsstunden. Der Kesselwärter war seit dem 9. September 1908 angestellt, es lag ihm noch die Bedienung der Dampfmaschine und der Lichtmaschine ob. Die letzte äußere Revision erfolgte am 25. November, die letzte innere am 22. Oktober 1907. Den bei den Revisionen des Kessels gezogenen Erinnerungen ist stets entsprochen worden. — Angeblich am 9. Februar, kurz nach Schluß des Betriebes, ist das Dampfabschlußventil des Wasserstandsglases infolge schadhaften Gewindes herausgeschleudert und die entstandene Ocffnung vom Heizer durch eine Metallscheibe mit Gummidichtung verschlossen worden, so daß seitdem das Wasserstandsglas nicht ordnungsgemäß geprüft werden konnte. — Bei Antritt seines Dienstes am Nachmittage des Explosionstages — 15. Februar, einige Minuten vor 1/22 Uhr — hat sich der Heizer, seiner Aussage nach, durch Oeffnen des unteren Probierhahns davon überzeugt, daß sich eine genügende Menge Wasser im Kessel befand. Das Manometer habe ungefähr 44/2 Atm. Ueberdruck gezeigt. Er habe dann auf kurze Zeit den Injektor, der mehr Wasser als die Speisepumpe, wenn auch kein vorgewärmtes, lieferte, und bald nach Aufnahme des Betriebes die Pumpe in Tätigkeit gesetzt. Später sei an der kupfernen Speiserohrleitung wieder eine schon am Vormittage vorhanden gewesene Undichtheit eingetreten, wovon er, wegen ihrer Beseitigung, etwa um 3/43 Uhr den Fabrikklempner verständigt habe. Dieser sei sogleich erschienen, habe eine Erneuerung der schadhaften Stelle für notwendig er-, achtet und Maß zur Vorbereitung des neuen Nohrstücks genommen. Inzwischen habe er — der Heizer —, da der Wasserstand trotz des Betriebes der Pumpe gefallen, wohl aber im Glase noch sichtbar gewesen sei, an Stelle der Pumpe den Injektor in Betrieb gesetzt und nach wenigen Minuten — beide Personen befanden sich gerade im vorderen, freien Teile des Kesselhauses — sei die Explosion erfolgt, wobei zwei Personen verunglückten. Der Revisor traf am 16. Februar, nachmittags 21/2 Uhr ein. Die Feuerplatte des Oberkessels ist zerstört. Sie zeigt auf der rechten Seite, 31 bis 33 om unterhalb der Stemmkante, eine in der Längsrichtung verlaufende Orffnung im vollen Bleche, annähernd von der Form eines wenig geöffneten Mundes. Diese beginnt in 18 om Abstand von der Stemmkante der Hinteren Rundnaht und erstreckt sich auf eine Länge von 84 om Ihre größte Breite beträgt 85 mm. Längs dieser Oeffnung ist die Feuerplatte auf eine Breite von 8 bis 10 om blau angelaufen. Der Bruch ist sehr zackig, sonst normal. Der Kessel oder Teile desselben sind nicht fortgeschleudert worden. Die Ausrüstungsgegenstände zeigten keine Zerstörung, sie befanden sich, soweit ersichtlich, in Ordnung bis auf das Wasser-