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42 Tölich verunglückt. In der Arnoldschen Holzwaren fabrik zu Olbernhau geriet vor kurzem der Maschinist Knauthe in den Motor. Dem Aermsten wurde ein Bein abgerissen; ferner erlitt er schwere innere Verletzungen, an denen er nach kurzer Zeit unter großen Schmerzen verschied. Gewerblich-Soziales. Die Tätigkeit der Gcwerbegerichte im Jahre 1909 war laut „Reichsarbeitsblatt" eine sehr umfangreiche. 462 Gewerbe gerichte halten infolge Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitern und Unternehmern in 109130 Klagen Recht zu sprechen. Seitens der Arbeiter waren 102881 und seitens der Unternehmer 6249 Klagen anhängig gemacht. Uebernommen vom Vorjahre wurden 3137 Fälle. Zum Abschluß gebracht wurden davon durch Ver gleich 45658, durch Verzichtleistung 2 546, durch Anerkenntnis 1383, durch Versäumnisurteil 10 984 und durch andere End urteile 17 050 Streitfälle. Der verbleibende Rest wurde aufs Jahr 1910 übernommen. Der Wert des Klageobjekts betrug in 48901 Fällen bis zu 20 Mark, in 33 667 Fällen mehr als 20—60 Mark, in 17 054 Fällen mehr als 50—100 Mark und über 100 Mark in 9 025 Klagen. Berufung erfolgte in 530 Fällen. Als Einigungsamt wurden Gewerbegerichte seitens der Arbeiter wie auch Unternehmer in 154 Fällen angerufen. Nur seitens der Unternehmer in 9 Fällen und seitens der Arbeiter in 130 Fällen. Zu einer Vereinbarung kam es 21 mal, ein Schiedsspruch wurde 2 9 mal gefällt, ohne Erfolg war das Ein greifen der Schiedsgerichte in 52 Fällen. Deutlicher als durch diese Zahlen kann nicht bewiesen werden, um wieviel besser und schneller die Rechtsprechung bei den Gewerbegerichten als bei den ordentlichen Gerichten stattfand. Den Wahlen zum Gewerbe gericht ist stets die nötige Aufmerksamkeit auch seitens unserer Kollegen zu schenken. Ueber Krankheitshäufigkcit nach Berufsgruppen hat die Leipziger Octskrankenkaffe Ermittlungen angestellt nach denen auf das Gewerbe der Heizer und Maschinisten auf je 1000 be obachtete Personen 312 Krankheitsfälle kommen. Arbeiter der Gasanstalten stehen in dieser Statistik mit 762 Krankheitsfällen obenan. Ihnen folgen in der Steinbearbeitung 495 Fälle, im Baugewerbe 463 Fälle, in der Metallverarbeitung 446 Krank heitsfälle. Büro-, Laden- und Kontorangestellte stehen mit 191 Fällen von 1000 Beobachten zu Buche. Der Durchschnitt be trägt 368 Krankheitsfälle. Die Heizer und Maschinisten sind hiernach nur wenig unter den Durchschnitt gestellt. Vornahme einer Volkszählung am 1. Dezember d. I. im Deutschen Reiche. Diese bezweckt die Ermittelung der Zahl und einiger persönlicher Eigenschaften der ortsanwesenden Bevölkerung, wie auch die Zahl der Wohnungen. Die Opferwilligkeit der deutschen Arbeiter. Für die ver flossene Aussperrung der Bauarbeiter quittierte das „Korrespondenz blatt" 1206 483,62 Mark, die seitens der nicht betroffenen ge werkschaftlich Organisierten aufgebracht wurden. Dabei sind noch nicht die Summen inbegriffen, durch die Mitglieder anderer Organisationen — als Bauhandwerker — von ihren Verbänden unterstützt wurden, weil sie durch die Aussperrung ebenfalls aus Lohn und Brot kamen. Hatte doch auch unser Bund eine ganze Anzahl Mitglieder deshalb zu unterstützen. Diese Opfer- Willigkeit sticht vorteilhaft ab auch von der internationalen Solidarität, wie sie aus Anlaß des schwedischen Massenstreiks seitens der betroffenen schwedischen Arbeiter zu beobachten war. Anläßlich des Kopenhagener internationalen Kongresses kam es zur Sprache, daß Deutschland und nach ihm Norwegen, Däne mark, Finnland, Oesterreich und Schweiz in vollstem Maße ihre Solidarität gezeigt hätten, während England, Frankreich und Belgien dagegen nur allzukläglich abgeschnitten hätten. Das Recht auf das Arbeitszeugnis. Nach Z 113 der Reichsgewerbeordnung hat jeder Arbeiter das Recht, bei Lösung des Arbeitsverhältnisies ein Zeugnis über die Art und Dauer seiner Beschäftigung zu fordern. Er kann auch verlangen, daß das Arbeitszeugnis auf seine Führung und Leistungen im Dienste ausgedehnt wird. Ohne seine Zustimmung oder ohne Verlangen des Arbeiters hat der Arbeitgeber kein Recht, in das Zeugnis Einträge über Führung und Leistungen zu machen. Der Arbeit geber hat auch kein Recht, die Arbeitszeugnisie mit Merkmalen zu versehen, welche den Zweck haben, den Arbeiter in einer aus dem Wortlaut des Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu kenn zeichnen. Arbeitgeber, die gegen diese Bestimmungen verstoßen, können mit Geldstrafen bis zu 2000 Mark und mit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft werden. Durch eine solche Kenn zeichnung geschädigte Arbeiter können außerdem noch den vollen Ersatz des ihnen zugefügten Schadens beanspruchen. In früheren Jahren haben die Arbeitgeber von der „Zeich nung" der Zeugnisse vielfach Gebrauch gemacht, um mißliebig gewordene Arbeiter zu brandmarken, um ihnen das Aufsuchen weiterer Arbeitsstellen zu erschweren. Wenn früher auch ab und zu einmal eine Bestrafung eingetreten ist, eine wirkliche Bedeutung kann dieser Strafbestimmung nicht zukommen, weil sich diese „Zeichnungen" nur sehr schwer Nachweisen lassen. Seit einigen Jahren nimmt diese verwerfliche Praxis immer mehr ab, die Arbeitgeber verständigen sich durch „schwarze Listen", das Telephon usw. und erreichen dadurch den gewollten Zweck besser und sicherer, ohne daß man ihnen dabei etwas anhaben kann. Die Arbeitszeugnisse haben dadurch an Wert verloren, viele Arbeitgeber verlangen bei Arbeitereinstellungen die Arbeits zeugnisse gar nicht mehr und auch die Arbeiter legen wenig Wert auf die Arbeitszeugnisse, sie bemühen sich oft nicht weiter darum, wenn es ihnen vom Arbeitgeber beim Austritt nicht direkt mit der Jnvalidenkarte ausgehändigt wird. Die Arbeiter sollten dies nicht tun. Das Arbeitszeugnis ist gewissermaßen eine Legitimation, die im späteren Leben öfter benötigt wird. Es ist von großer Wichtigkeit, die Arbeitszeugnisse in jedem Falle zu verlangen und gut aufzubewahren, weil sie nachträglich nur sehr schwer zu bekommen sind. Ueberflüssige Fragen. Im „Breslauer General-Anzeiger" prangte kürzlich folgendes Inserat: Gesucht wird ein gut aus gebildeter, einfacher und solider Werkmeister aus der Fahrradbranche, in gesetztem Alter (nicht unter 35 Jahren), verheiratet, für die Reparatur-, Umtausch-, Spannerei- und Montage-Abteilung (zirka 30 Personen) eines Versand geschäftes in kleinem Orte bei Neusalz a. Oder. Derselbe muß in der Lage sein, Arbeitsshsteme nach kaufmännischer Art, genau nach den Angaben des Chefs, in Werkstatt, Lager und bei dem Personal rationell durchzuführen, zu überwachen und laufend auf der Höhe zu erhalten. Vorausgesetzt wird, daß er in Fahrradreparaturen erfahren sein muß, besonders im Anfertigen von Reparaturstücken auf der Drehbank. Gehalt 225 Mark pro Monat, Antritt bald oder später. Nur geeignete und arbeitsfreudige Herren mit allerbesten Empfehlungeu wollen sich melden unter B. N. 5102 an Rudolf Moffe, Breslau, Es meldete sich nun ein Breslauer Werkmeister für diesen Posten, der den zahlreichen, in dem Inserat schon gestellten An forderungen voll gewachsen zu sein glaubte. Die Folge war, daß ihm folgender Fragebogen unterbreitet wurde, dessen 23 Fragen nebst diversen Unterfragen erst voll zu beantworten ge wesen wären, ehe die Firma eine Entscheidung darüber hätte finden können, ob er oder irgend ein anderer die Stelle hätte erhalten können. 1. Vor- und Zuname. 2. Stand des Vaters? 3. Geburts ort und Geburtsland? 4. Staatsangehörigkeit? 5. Geburtsjahr und -Tag? 6. Ledig, verlobt oder verheiratet? Wieviel Kinder? 7. Religion? 8. Militärverhältnisse? a) Militärfrei? b) Wie viel noch außenstehende Dienstleistungen und wann? 9. All gemeine Schulbildung? a) Welche Schulen (Volksschule, Real schule, Gymnasium, Gewerbeschule usw.) besucht? b) Wie lange? e) Welche Zeugnisse? 10. Fachliche Schulbildung? a) Welche Fachschule besucht? b) Wie lange? o) Welche Prüfungen oder Zeugnisse? 11. Hochschulbildung? s.) Welche Hochschulen be sucht? b) Wie lange? o) Welche Prüfungen oder Zeugnisse? ck) Abgelegte staatliche Prüfung? o) Besondere Ausbildung in einem bestimmten Fache? 12. Sprachkenntnisse? a) Welcher