Volltext Seite (XML)
Band XXI, No. 2 Chemnitz, den 10. Oktober 1910. Der JiisertionzpreiS beträgt pro viergeipaltene Pelilzeile ober deren Raum 30 Ps. Bei Wiederholungen Rabatt. Deutsche ^ Beitagen. von denen der Geschäftsstelle > ein Probeexemplar -inzuienden ist. werden ! unter genauer Angabe der Auslage ^ billigst berechnet. Maschinisten- und Heizer-Zeitschrift Fachblatt des Freien Maschinisten- und Heizer-Bundes Deutschlands, Sitz Chemnitz (vormals Sächsischer verband). Die Zeitschrift erscheint am 10. und 25. jeden Monats und kostet jährlich 6.— Mk. Alle Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 1.50 Mk. vierteljährlich entgegen (Deutsche Post-Zeitungs-Preisliste Seite 101.) _ Nlle Zahlungen und Sendungen, welche sich auf den Anzeigenteil beziehen, sind an die Geschäftsstelle: Ernst Pilz, Lhemnitz, Fritz Reuterstr. 27, redakt. Berichte an die Redaktion: Bruno Goldammer, Bad-Elster, zu richten. Schluß der Redaktion am 3. bezw. 18. jeden Monats. Alle Mitteilungen für den Bund sind an den Vorsitzenden Max Kramer, Lhemnitz, Kurzestraße (2 zu adressieren. Inhalts-Verzeichnis: 1. Eine Mahnung an unsere Bundeskollegen. 2. Die mechanische Rostbeschickung. 3. Zündungsvorgänge an Verbrennungsmotoren. 4. Starkstromsicherungen. 5. Verschiedene Mitteilungen. 6. Gewerblich-Soziales. 7. Rechts- und Gesetzeskunde. 8. Technischer Fragekasten. 9. Patenlschau. 10. Unterricht. 11. Geschäftliches. 12. Bundes- und Vereinsnachrichten. 13. VereinSberichte. 14. Eingelandt. 15. Adressenänderung. Eine Mahnung an unsere Bundeskollegen. Wenn wir auch mit Stolz zurückblicken können auf die Zeit, wo vor vielen Jahren weitblickende Kollegen erkannten, daß nur ein fester Zusammenschluß aller Maschinisten und Heizer sowie Berufskollegen zu einem großen Ganzen von weittragenster Bedeutung für unfern Beruf sei, wenn wir ferner weiter bedenken, unter welch erschwerten Umständen die Gründung unseres Bundes vor sich ging, und sich, trotz aller Gegenagitation, derselbe nur zu seinem Vorteil entwickelt hat, so müßte es für einem Jeden unter uns ein Ansporn sein, dieses Werk, welches jene geschaffen, nicht nur zu erhalten, sondern alle Kraft dafür einzusetzen, dasselbe immer mehr auszubauen. Wenn auch unsere Bestrebungen, bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen zu erringen, nur teilweise von Erfolg waren, so dürfen wir uns aber durch etwaige Miß erfolge keineswegs beirren lassen, sondern müssen eifrigst bestrebt sein, unser größtes Gut, unsere Arbeitskraft, so teuer wie möglich zu verkaufen. Betrachten wir einmal die immer höheren Aus gaben für den Lebensunterhalt, und dann die so spärliche Auf besserung der Löhne, so finden wir, daß diese beiden wichtigen Faktoren nicht gleichen Schritt gehalten haben. Hier liegt für uns ein weites Arbeitsfeld offen, diese beiden Faktoren auf eine gleiche Stufe zu bringen, und dazu ist es nötig, in den Vereins versammlungen immer und immer wieder die Frage anzuschneiden: Wie erringen wir zeitgemäße Lohn- und Arbeitsbe dingungen. Es muß von den einsichtsvollen und intelligenten Kollegen mit aller Schärfe auf die mitunter traurigen Löhne in unserem Berufe hingewiesen werden. Es muß klar und deutlich nachgewiesen werden, daß es noch Betriebe gibt, wo Maschinisten und Heizer für ihren vielseitigen und verantwortungsvollen Dienst oft schlechter bezahlt werden, als manche Straßenarbeiter. Es wäre verfehlt, zu glauben, wir mißgönnten der letztgenannten Kategorie von Arbeitern ihren sauer verdienten Lohn, nicht im geringsten, wir wollen nur durch Gegenüberstellung beider Arten von Arbeitsleistungen darzulegen versuchen, daß dem Maschinisten und Heizer, von welchem doch in bezug auf Intelligenz und Sach kenntnis, mehr verlangt wird, als von einem Straßenarbeiter, auch für diese seine Fähigkeiten ein entsprechender Lohn gezahlt wird. Aber hier liegt ja eben das Nebel. In Bezug auf Kenntnisse möchte jeder Maschinist und Heizer äußerst groß sein, er möchte die Fertigkeiten besitzen, bei allen Vorkommnissen im Kessel und Maschinenbetriebe theoretisch und praktisch arbeiten zu können, aber auf Bezahlung dieser von ihm geforderten Fähigkeiten fällt niemand ein zu reagieren. Wenn nun auf bessere Bezahlung für diese geschilderten Leistungen hingewiesen wird, gefällt man sich in der lakonisch hingeworfenen Antwort: „Wem es nicht ansteht, kann gehen, ich bekomme zehn andere usw." Dieses trifft wohl zu, aber die Kesselrevisionsberichte reden eine gar zu deutliche Sprache dagegen. Hier ist der un widerrufliche Beweis erbracht, daß der Beruf eines Maschinisten und Heizers ein vielseitiger ist, daß durch seine Unachtsamkeit nicht nur Tausende von Mark des Unternehmers auf dem Spiele stehen, sondern daß zugleich durch unsere Unachtsamkeit Hunderte von Menschenleben zu Grunde gerichtet werden können. Ferner erfordert unser Beruf einen widerstandsfähigen, allen An strengungen gewachsenen Körper. Um nun diesen Körper auf lange Zeit hinaus widerstandsfähig zu erhalten, bedarf es auch der genügenden Nahrungszufuhr, und um diese beschaffen zu können, müssen wir auch einen entsprechen Lohn erhalten. Doch in den meisten Fällen befinden sich Leistung und Gegenleistung im krassen Widerspruch. Hier kann und muß unwiderruflich festgestellt werden, daß man unsere Arbeitskraft in den meisten Fällen aus Eigennutz, Habgier und Hartherzigkeit so ausbeutet, als wenn wir als Eigentümer der Ware Arbeitskraft nicht Mensch, sondern eine Sache, ja noch weit geringer als eine solche, wären. Ja, man behandelt unser höchstes Gut, unsere Arbeitskraft, nicht anders als wie jede andere Ware, nur mit dem Unterschiede, daß der Verkäufer der Ware Arbeitskraft gegen jeden anderen Warenverkäufe! im Nachteil ist. Beim Verkauf der notwendigsten Lebensmittel hat der Verkäufer den Vorteil, die Preise zu bestimmen. Hingegen beim Verkauf der Arbeitskraft befindet sich der Käufer in einem erheblichen Vorteil, weil hier der Verkäufer durch seine soziale Lage gezwungen ist, seine einzige Ware, eben diese Arbeitskraft, um das Dasein fristen zu können, zu verkaufen nach dem Preise, wie ihn der Käufer bestimmt. Und hierin müssen wir uns immer und immer mehr be fleißigen, unser Mitbestimmungsrecht zu erweitern. Wir dürfen auf keinen Fall dulden, daß man unser höchstes und einziges Gut, unsere Arbeitskraft, tiefer stellt als wie jede andere Ware. Es muß uns stets die Frage vorschweben: „Wie erlangen wir bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen." Diese Frage sollte in jeder Vereinsversammlung als erster Punkt auf der Tages ordnung stehen, und muß hierbei den noch wankelmütigen, und vor allen Dingen den allzu ängstlichen Kollegen, welche von einer Lohnforderung und den damit verbundenen Schwierigkeiten absolut nichts wissen wollen, klar und deutlich vor Augen geführt werden, daß es nicht nur Recht, sondern eines jeden einzelnen unbedingte Pflicht ist, sich an der Erringung besserer sozialer Zustände zu beteiligen. Es muß immer wieder darauf hingewiesen werden, daß der Einzelne der wirtschaftlichen Macht des Unternehmers nicht gewachsen ist. Es muß den uns noch fernstehenden Kollegen in eindringlicher Weise klargelegt und durch Beispiele bewiesen werden, daß nur ein fester Zusammenschluß unseres Berufes bessere Arbeitsbedingungen erringen kann. Ein jeder muß er kennen lernen, daß nur in der Vereinigung aller Berufskollegen die Kraft liegt, die Löhne in ein richtiges Verhältnis zu denen der Lebensmittelpreise zu bringen. Dagegen wird der Einzelne immer verurteilt sein, unter den Lohn- und Arbeitsbedingungen zu arbeiten, welche allein der Arbeitgeber bestimmt. Doch, Kollegen, die letzte Bedingung wäre gleich: Unsere Freiheit aufs Spiel setzen, unsere Freiheit opfern. Nein, Kollegen, rechtlich frei wollen wir sein und bleiben. Wir wollen das Recht haben,