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— 209 — Dampfzylinder bilden. Jede Reihe enthält drei Stück, und durch diese führt inmitten eine gemeinsame vertikale Kolbenstange, auf der in den einzelnen Zylindern je ein Kolben befestigt ist. Der Dampf wirkt da wie bei anderen Maschinen wechselseitig auf beide Flächen der Kolben, er strömt jedoch nach dem oben er wähnten Dreifachverbund-Prinzip in jeder Reihe von einem Zylinder zum anderen. Deshalb ist beide Male der oberste Dampfzylinder schmal, der mittlere etwas weiter, der unterste am breitesten. Der Dampf mit dem intensiven Druck des Kessels, der Frischdampf, beginnt seinen Lauf im oberen Zylinder, tritt nach Verrichtung seiner Arbeit mit mäßiger Spannung in den mittleren, wird nochmals ausgenutzt und kommt zum untersten, wo er mit geringem Druck nochmals Arbeit leistet. Die Kolben hängen durch zwei kurze Pleuelstangen mit den Kurbeln zusammen, die im rechten Winkel gegeneinander gedreht sind, damit sie sich bei der Hubbcwegung über den toten Punkt hinweg unterstützen. Mit der Anwendung des Dreifachverbund-Systems erreicht man, daß trotz des raschen Laufs, der früher oft eine Maschine zu größerem Dampf- und Kohlenverbrauch geneigt machte, der Betrieb wirtschaftlich bleibt. Die Fernsprechseekabel und ihre Bedeutung. Zu den wichtigsten Verkehrsmitteln, denen wir nicht zuletzt den Stand unseres heutigen Welthandels zu verdanken haben, gehören unstreitig die unterseeischen Telegraphenkabel. Ihr hoher Nutzen für unser ganzes volkswirtschaftliches und kulturelles Leben steht außer allem Zweifel. Daneben ließ es aber auch die fortschreitende Entwickelung des Fernsprechverkehrs als dringend wünschenswert erscheinen, diesem Zweig auch die Unterseekabel nutzbar zu machen, damit wenigstens die den Küsten unseres deutschen Vaterlandes vorgelagerten Inseln dieser neuen Errungen schaft der Wissenschaft teilhaftig würden. Es war zunächst die Frage zu untersuchen, ob es gelingen würde, durch Unterseekabel elektrische Ströme zu senden, die im stande sein würden, auf die außerordentlich fein konstruierten Apparate, wie sie im Fernsprechbetriebe verwendet werden, ge nügende Wirkung auszuüben. Der Fortpflanzung der Sprech ströme wirken die Kapazität der Leitung und der Leitungswider stand entgegen. Die physikalischen Gesetze lehren nun, daß man den Leitungswiderstand durch Vergrößerung des Querschnitts vermindern kann. Erheblich schwieriger ist es aber, den schäd lichen Einfluß der Kapazität der Seekabel aufzuhcben. In der Anstellung von Versuchen, die auf die Herabsetzung der Kapazität abzielten, hat sich namentlich die Firma Felten L Guilleaume hervorgetan. Da man mit der Isolierung durch reine Guttapercha, wie sie bei den Land-Fernsprechkabeln zur Vermendung kamen, schlechte Erfahrungen gemacht hatte, die Herstellung von Kabeln mit einer durch einen Luftraum bewirkten Isolation sich aber auf größere Strecken als undurchführbar erwies, entschloß man sich, die Iso lierung durch Papier oder Faserstoff herbeizuführen, indem man die Adern in Form von Bändern fest mit diesem Material um wickelte. Dieser Stoff wurde noch durch Imprägnierung gegen Beschädigung durch Wasser und schließlich noch durch einen Blei mantel geschützt. Der Preis für einen derartigen Typ beträgt 1635 Mark pro Kilometer. Auf weitere Einzelheiten der Kon struktion der Fernsprechkabel einzugehen, würden den Rahmen dieses Aufsatzes überschreiten. Das erste Kabel, das nach den oben angeführten Grund sätzen hergestellt wurde, war das im Jahre 1897 zwischen der Westküste von Schleswig-Holstein von Westerklausbüll nach der Ostspitze von Sylt bei Nüsse verlegte Fernsprechkabel von 11,69 Kilometer Länge. Ihm folgten, da es sich bewährte, in den nächsten Jahren noch mehrere Kabel solcher Konstruktion. So wurden u. a. die Inseln Norderney - Imst, Jnist - Borkum, Föhr-Amrum durch Fernsprechseekabel unter einander verbunden. Später versuchte man auf größere Entfernungen, von Deutschland nach Dänemark und Schweden, mit der Verlegung von Fernsprechkabeln vorzugehen. So wurde im Jahre 1903 zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Syltholm auf Laaland das erste Fernsprechseekabel in einer Länge von 19,288 Kilo metern verlegt. Dasselbe erhielt noch im gleichen Jahre einen Anschluß durch ein Kabel durch den Fehmarsund an das Fest land und bewährte sich in jeder Beziehung. Bei der Herstellung aller dieser Kabel verbesserte man immer mehr die Jsolationsfähigkeit und verringerte die Kapazität außer dem noch durch Luftraumisolierung, was sich im Gegensatz zu den früheren Erfahrungen auch als zweckmäßig erwiesen hat. Großen Einfluß auf die weitere Entwickelung des Fern sprechkabelwesens wird vielleicht eine Erfindung des amerikanischen Professors Pupin gewinnen. Von der Talsache ausgehend, daß die Kapazität eines Kabels am wirksamsten beschränkt wird durch Erhöhung der Selbstinduktion, schaltet Pupin in bestimmten Ent fernungen in die Kabel Drahtspulen mit hoher Selbstinduktion — sog. Jnduktanzrollen — ein, die nach dem Erfinder auch kurzweg Pupinsche Spulen genannt werden. Ausgedehnte Ver suche bei Landkabeln hatten die Brauchbarkeit des Pupinschen Systems ergeben, ja, man hoffte, bei Bronzedrahtleitungen von 5 Millimeter Stärke bis auf 5000 Kilometer die Sprache über tragen und auf diese Weise lange Landkabelleitungen für den Sprechverkehr nutzbar machen zu können. Leider stellten sich aber später bei der Herstellung und Verlegung von derartig langen Kabeln mit Pupinspulen große technische Schwierigkeiten entgegen, die bei Tiefseekabeln noch in erhöhtem Maße auftreten dürften. Ganz abgesehen von den hohen Kosten, die ein wirt schaftliches Erträgnis der Tiefseekabel von vornherein ausschließen. Anders verhält es sich bei kürzeren Entfernungen und geringen Meerestiefen, wie wir sie in der Nord- und Ostsee, im Mittel meer usw. vorfinden. Hier wäre die Anwendung der Pupin spulen möglich. Der erste Versuch, ein mit diesen Spulen ver sehenes Unterwasier-Fernsprechkabel herzustellen, ist tatsächlich der Firma Siemens L Halske geglückt, die im Jahre 1906 durch den Bodensee zwischen Friedrichshafen und Romanshorn ein derartiges Kabel von 12,55 Kilometer Länge verlegte. Das Kabel hat sich bis jetzt vollständig bewährt, seine Sprechleistungen sind gute, und es ist ein wertvolles Verbindungsmittel für den Verkehr nicht nur zwischen der Schweiz, Württemberg und Bayern, sondern auch für weitere Teile des deutschen Telegraphen gebiets geworden. Es darf daher angenommen werden, daß die Pupinspulen künftig auch in anderen ähnlichen Fällen Verwendung finden werden. Will man die hohe volkswirtschaftliche Bedeutung der Fernsprechseekabel gerecht beurteilen, dann braucht man nur den wirtschaftlichen Aufschwung jener Gegenden zu beobachten, die erst seit relativ kurzer Zeit die Segnungen des Fernsprechwesens genießen. Denn bekanntlich zieht die Geschäftswelt in den meisten Fällen die Verständigung durch den Fernsprecher vor, weil sie eine viel schnellere und umfangreichere Erledigung der Geschäfte ermöglicht. Außerdem ist es von besonderer Bedeutung, England wenigstens teilweise an das Fernsprechnetz anzuschließen. Das Bestreben der Telegraphenverwaltungen muß daher ebenso wie das der Vertreter der Technik darauf gerichtet sein, die Reich weiten der Fernsprechkabel möglichst zu vergrößern und ihre Ver legung sicherzustellen, damit schließlich auch die Ozeane überbrückt werden. Wie sehr der Wunsch nach Ausdehnung der Fernsprech leitungen gerade in Handelskreisen vorherrscht, geht aus dem Er suchen der vereinigten Handelskammern von Großbritannien her vor, die im Jahre 1906 den Generalpostmeister aufforderten, zwischen Liverpool und anderen großen Handelsplätzen Groß britanniens einerseits und den Handelsplätzen Europas ander seits so bald als möglich leistungsfähige Fernsprechverbindungen herzustellen, da die Bedürfnisse des Handels diese Verkehrs erleichterungen dringend erheischten. Der Generalpostmeister erkannte damals zwar die Wichtigkeit der gewünschten Linien an, bezweifelte aber, ob es in absehbarer Zeit der Technik ge lingen würde, diesen Wunsch zu verwirklichen. Trotz der Ver doppelung der Kupferdrähte seien die äußeren Einflüsse auf die elektrische Leitung so groß, daß besonders bei längeren Leitungen eine Verminderung oder Veränderung der Lautstärke sich sofort bemerkbar mache, wodurch eine ungenaue Uebertragung des ge sprochenen Wortes, die durch die ganz geringen Aenderungen in der Stärke eines schwachen elektrischen Stromes bewirkt würde, erfolge. Versuche, von Liverpool aus mit Antwerpen und mit holländischen Städten zu sprechen, haben bisher noch kein Ergebnis gehabt. Die Zukunft wird lehren, ob sich die