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— 197 — welche jemals in die Lage kommen, Güldnersche Anlagen zu be dienen. Von einer Vorschrift im eigentlichen Sinne kann man wohl nicht reden, denn jede Anlage will individuell behandelt werden und diese Anlage wird wie nachfolgend beschrieben, am richtigsten behandelt. Nach der von der Fabrik ausgegebenen Vorschrift hat sich der Monteur eine volle Woche geplagt, ohne ein einwandfreies Betriebsverhältnis herzustellen. Der Betrieb geht hier vollbelastet täglich im Sommer von 6-7 Uhr, im Winter von 6—8 Uhr, es wird Anthrazit Marke „Langenbrahm" in ungesiebtem Zustande verheizt. Montag früh wird frisches Feuer gemacht, an anderen Tagen wird beim Anheizen wie folgt Verfahren: die Kohlenglut wird aus der einen Feuertür heraus gezogen, möglichst ohne dieselbe mit Asche und Schlacke zu ver mischen, hierauf wird die andere Feuertür geöffnet und aus dieser Asche und Schlacke geräumt, etwa im Schachte überhängende Schlacke wird vorsichtig von oben abgestoßen. Dann schließt man die zweite Tür wieder und wirft mit einer geeigneten Schaufel die Glut auf den Rost und zwar möglichst reichlich, hierauf schließt man auch die erste Tür wieder und bläst mit dem Ventilator, bis die Kohle auf der ganzen Fläche brennt. Vor einem zu schnellen Aufgeben frischer Kohle ist bei diesen Ofen ganz besonders zu warnen, noch mehr vor einer Verwendung trockner Kohle beim Anheizen, da man nicht in der Lage ist, beim Gasblasen Dampf unter den Rost treten zu lassen. Die Spezialkonstruktion des Ofens gestattet es nämlich nicht, daß man die Verdampferleitung vor dem Stillsetzen des Ventilators öffnen kann. Es gilt hier also besonders kräftig durchblasen bis die gesamte Oberfläche der Kohle in Heller Glut ist. Die nun aufzugebende Kohle habe ich schon am Tage vorher sieben und anfeuchten lassen, denn mit trockener Kohle habe ich schon 3 Stunden Gas blasen müssen, ehe ich den Motor ansctzen konnte. Auch jetzt muß ich, sobald sich gutes Gas zeigt, ohne Säumen den Motor anstellen, da sonst das Gas wieder schlecht wird. Wäre es möglich, das Gas schon von Anfang an mit Wasser stoff zu sättigen, würde das Gas an Qualität stets besser werden, je länger man bläst. Eine fernere Fehlkonstruktion ist das Fehlen eines Gassammlers. Wäre ein solcher vorhanden und zwar in genügender Größe, könnte der Ventilator abgestellt werden, bevor man den Motor anläßt. Man könnte dann den Lufthahn auf denselben Teilstrich einstellen wie im Betriebe und den Gashahn ganz öffnen, dadurch würde die Sicherheit beim Anlassen noch bedeutend gesteigert, da man ja vom Anfang mit Sauggas, anstatt wie jetzt, beim Anlassen mit Ventilatordruckgas anfahren könnte. Als ganz vorzüglich kann ich bei diesem Motor die Boschzündung bezeichnen, da der Jnduktoranker feststeht und die Magnetschenkel sich um den Anker drehen, ein Lockern des Ankers auf seinen Zapfen daher ausgeschloffen ist. Die Ventile sind übermäßig schwer, es sind daher zum Herausheben zwei Mann nötig, die Hälfte Gußeisen hätte daran gespart werden können. Arbeitet der Motor auch sehr zufriedenstellend, so könnte doch das Arbeiten bedeutend mehr Vergnügen machen, wenn eine vernünftige Reinigungsvorrichtung eingebaut wäre. Der Skrubber ist zu niedrig, im oberen Teile birgt er einen Trocken reiniger, der keinen anderen Zweck erfüllt, als dem Personal alle 4 Wochen eine recht unangenehme Arbeit zu machen, nämlich das Auspacken der alten und das Einlegen der neuen Holzwolle, diese Arbeit wird mit dem zwar recht derben, aber richtigen Ausdruck „Ausmisten" bezeichnet. Einlaß- und Auslaßventile werden alle 4 Wochen ausgewechselt, bei vernünftiger Bauart könnte dies in einer Stunde geschehen, jetzt dauert es 4 Stunden. Würde das Reinigungsaggregat feinen Zweck erfüllen, würde man die Ventile nur einzuschleifen brauchen, jetzt heißt es aber eine Menge Schmutz aus dem Innern herauskrotzen, ich habe früher mit Braunkohlen, die bekanntlich in der Regel dreimal foviel Teer enthalten, wie Anthrazit, bedeutend reinlicher gearbeitet, wie ich hier mit einer der besten Anthrazitmarken arbeiten kann. Mit der Schmierung verfahre ich derart, daß ich dem abgestauten und gereinigten Oele täglich 2 Kilo frisches Oel zusetze, da ein gleiches Quantum täglich durch Aufwischen mit Putzwolle sowie als Bodensatz usw. verloren geht, ich gebrauche für den 100 Motor täglich 2 Kilo Oel, obwohl ich 18 Kilo durch die Maschine gehen lasse, spare ich also an Schmiermaterial und sorge durch reichliche Schmierung für Betriebssicherheit. Im Betriebe laste ich die Kohlen stets durchbrennen, bevor ich frische aufschütte, das ist natürlich wieder gegen die Vorschrift, nach der ich den Ofen stets ganz voll schütten soll. Bei vollgeschüttetem Ofen kann sich aber im Verdampfer, der über dem Ofen liegt, kein Dampf bilden, folglich bildet sich schlechtes Gas und viele und harte Schlacken, es tritt übermäßige Erhitzung ein, das Gas verbrennt im Ofen und das Mauerwerk nützt sich schnell ab. Daher garantiert die Fabrik auch nur 1 Jahr für die Aus mauerung und ich kann bei meiner Behandlungsweise 8 Jahre garantieren, die noch den besonderen Vorteil der geringen Brenn- schichlhöhe hat, da letztere nur 40 Zentimeter beträgt, weshalb ich morgens den Rost ebenso behandeln kann, wie einen Dampf- kefselrost. Der Kohlenverbrauch beträgt inklusive aller durch den Transport, durch Zertreten und Verstreuen sowie durch Abbrand entstandenen Verluste 0,75 Kilogramm pro Kilowattstunde, ein Refultat, das in der Praxis Wohl von keiner Dampfmaschine erreicht wird. Aus vorstehenden Schilderungen möge der Leser ersehen, wie recht Meister Edison hat, wenn er sagt: „Was ich kann, das kann ein jeder, nur 97 Prozent Schweiß und 3 Prozent Inspiration gehören dazu." Müssen sich nicht die großen Motorenfabriken schämen, die heute ihrer Kundschaft Rohölmotore empfehlen, weil sie selbst keine Sauggasanlagen in einwands freier Weise Herstellen können? Eine große Anzahl Fabriken arbeitet mit Dampf, in anderen steht ein Kessel stets angeheizt in Reserve, und wo man sich wirklich auf das eigne Fabrikat verläßt, kracht es oft in allen Fugen, so daß der Betrieb ab gestellt werden muß. Es fehlt eben der Mann der Werkstatt, der Mann der Praris überall, im Reichstag als Arbeitervertreter, im Tribunal als Mitrichter und in der Technik als Ingenieur. Verschiedene Mitteilungen. Der funkelnde Kollektor. Daß man nach 14 jähriger Praxis als Maschinist, Heizer und Monteur noch immer etwas lernen kann, sollte ich kürzlich erfahren. Eine Dynamo, vor zirka 8 Jahren gebaut und seit 4 Jahren außer Betrieb, wurde wieder in Betrieb genommen. Sie ist mit Kohlenbürsten versehen und leistet bis 220 Ampere bei 230 Volt. Nachdem dieselbe belastet war, zeigte sich ein grelles Funkeln bei allen Bürsten; ich versuchte dasselbe durch die mir bekannten Maßnahmen zu beseitigen, es gelang mir jedoch kaum eine Besserung des Zustandes, geschweige denn eine Beseitigung. Auch die in der nächsten Pause vor genommenen Maßnahmen, Einstellen und Einschleifen der Kohlen, blieben ohne Erfolg. Der Zustand verschlimmerte sich derart, daß einzelne Bürsten sich bis zur Weißglut erhitzten. Ich wandte mich nun an einen älteren Kollegen, welcher die Dynamo schon früher bedient und nahm auf dessen Anraten eine mir bis dahin unbekannte Prozedur vor. Ein Stück feines Schmirgelleinen wurde um ein flaches Holzleistchen gewickelt, die Oberfläche mit Maschinenöl eingerieben und mit diesem Instrument der Kollektor bei voller Last fo lange ablaufen lassen, bis sich kein Fünkchen mehr zeigte, was schon nach einer halben Minute der Fall war. Eine Wiederholung des Verfahrens war erst nach 3 Wochen notwendig. Das richtige Mittel ist immer dasjenige, welches hilft, aber bei einem solchen völlig regelwidrigen Verfahren könnte man doch wohl fragen: Wie hilft es? Jedenfalls wird durch das Oel ein besonders guter Kontakt hergestellt. Da jevoch alle Schraubenverbindungen exakt sind, auch der Kollektor keine nennenswerten Unebenheiten besitzt, also die Bedingungen für günstigen Kontakt ohnehin gegeben sind, kann man auch wohl annehmen, daß die Kohle zu hart ist und das Oel glättend auf ihre Oberfläche gewirkt hat. Vielleicht würde sich das Mittel auch hier und da in anderen Betrieben bewähren, wenn alles andere fehlschlägt. U. R. Gewerblich-Soziales. Welches Material muß bei einer Prozeßführung am Reichs- verfichcrungsamt beigebracht werden? In seinem Bericht über das Geschäftsjahr l 909/10 klagt der Beamte des Zentralbureaus für Arbeitervertretung der christlichen Gewerkschaften vor dem Reichsversicherungsamte, daß ein oft empfundener und im vor jährigen Bericht schon sehr beklagter Mißstand noch immer nicht behoben sei. Es handelt sich nämlich um das notwendige Material zur zweckentsprechenden Prozeßführung am Reichsversicherungs-